Geplante Novelle des Tierschutzgesetzes in erster Lesung beraten
Die Bundesregierung plant eine Novellierung des Tierschutzgesetzes. Den entsprechende Gesetzentwurf „zur Änderung des Tierschutzgesetzes und des Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetzes“ (20/12719) hat der Bundestag am Donnerstag, 26. September 2024, in erster Lesung beraten und im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft überwiesen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit den Änderungen des Tierschutzgesetzes und des Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetzes will die Bundesregierung Rechts- und Vollzugslücken im Bereich des Tierschutzes schließen und die bestehenden tierschutzrechtlichen Regelungen an aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse anpassen. Mit ihrem Gesetzentwurf (20/12719) solle der Tierschutz umfassend gestärkt werden.
Verbot von sogenannten Qualzuchten
Zu den wesentlichen Änderungen zählt im Haustierbereich das Verbot von sogenannten Qualzuchten. Die seit Langem bestehenden Regeln zur Qualzucht, die bereits 1986 eingeführt und 2013 konkretisiert wurden, werden um eine nicht abschließende Liste mit möglichen Symptomen der Qualzucht ergänzt. Dazu gehören Symptome wie Blindheit, Taubheit oder Atemnot, wenn sie erblich bedingt sind und zu Schmerzen und Leiden bei den Tieren führen. Damit werde der Vollzug des Qualzuchtverbots durch die Bundesländer gestärkt. Das Züchten gesunder Tiere bleibe erlaubt, es gehe nicht um das pauschale Verbot von bestimmten Rassen wie dem Dackel oder der Perserkatze, heißt es.
Anbieter, die auf Online-Plattformen Tiere anbieten, sollen laut Bundesregieureng rückverfolgbar sein. Auf Online-Plattformen sollen Tiere, die Merkmale von Qualzucht aufweisen, nicht mehr zum Kauf angeboten werden dürfen. Zudem müssen Anbieterinnen und Anbieter von lebenden Tieren ihre Daten bei der Online-Plattform hinterlegen. Wirbeltiere mit Qualzuchtmerkmalen dürfen nicht mehr ausgestellt werden.
Änderungen in der Haltung von Nutztieren
In der Haltung von Nutztieren gibt es ebenfalls Änderungen. So soll es eine Verpflichtung zu Videoaufzeichnungen in Schlachthöfen geben. Behörden sollen sich dadurch einen detaillierten Überblick davon verschaffen, wie die Arbeit in Schlachthöfen abläuft. Künftig gibt es eine Pflicht für Videoaufzeichnungen in tierschutzrelevanten Bereichen von Schlachthöfen. Die Videos sollen die zuständigen Behörden bei der Kontrolle der Vorgänge vor Ort unterstützen.
Zudem erhalten Landwirte Vorgaben zu nicht-kurativen Eingriffen. Das Kupieren von Schwänzen von Lämmern ist künftig verboten. Bei Ferkeln werden die entsprechenden Vorgaben für das Kupieren der Schwänze konkretisiert. Außerdem soll das Ausbrennen von Hornanlagen bei Kälbern ohne Betäubung verboten werden. Das Prozedere verursache den Tieren erhebliche Schmerzen. Für diese Eingriffe ist daher künftig eine Betäubung notwendig.
Verbot der Anbindehaltung von Tieren
Darüber hinaus soll die Anbindehaltung von Tieren jeder Art „grundsätzliche untersagt“ werden. Mit der Gesetzänderung werde „der Verantwortung für die wertvollen und artenreichen Kulturlandschaften in Süddeutschland mit den Bergbauern und Almen, Wiesen und Weiden ebenso Rechnung getragen wie dem Schutz der Tiere, die für die Pflege dieser Landschaften gebraucht werden“, heißt es in dem Entwurf.
Für die Anbindehaltung von Rindern gelte daher: Die ganzjährige Anbindehaltung wird in zehn Jahren untersagt, die „Kombihaltung“, in der die Tiere viel Zeit auf der Weide verbringen, bleibt unter weiterentwickelten Voraussetzungen in landwirtschaftlichen Betrieben mit höchstens 50 über sechs Monate alten Rindern erlaubt.
Regelungen für Zirkusse
Zirkusse sollen in Zukunft keine Neuanschaffungen bei bestimmten Arten wie Elefanten, Affen, Giraffen, Großkatzen, Robben oder Flusspferde machen, da sie sich im Zirkusalltag nicht art- und verhaltensgerecht halten und versorgen ließen. Bereits im Bestand befindliche Tiere dürfen weiterhin gehalten werden.
Für schwerwiegende Verstöße gegen das Tierschutzrecht soll der Straf- und Bußgeldrahmen angepasst werden. Darunter fällt beispielsweise das Töten eines Tieres ohne „vernünftigen Grund“ in bestimmten Fällen – etwa beim Handeln aus Gewinnsucht, bei beharrlicher Wiederholung oder wenn eine große Zahl Tiere betroffen ist. Hier soll künftig eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren (bisher drei Jahre) möglich sein.
Auch der Versuch der Misshandlung oder Tötung eines Tieres steht künftig unter Strafe: Der Bußgeldrahmen verdoppelt sich – von derzeit bis zu 25.000 Euro auf bis zu 50.000 Euro. Mit dieser Änderung sollen Behörden und Gerichte die Möglichkeit erhalten, Verstöße gegen den Tierschutz angemessen zu ahnden.
Tierschutzbeauftragter im Gesetz verankert
Schließlich soll das Amt des Bundesbeauftragten für Tierschutz im Tierschutzgesetz verankert werden. Damit werde der Tierschutz in Deutschland institutionell und strukturell gestärkt, heißt es in dem Entwurf.
Aufgabe des Tierschutzbeauftragten ist es unter anderem, den Austausch zwischen Bund und Ländern zu stärken und als Kontaktperson für Bürgerinnen und Bürger sowie Behörden im Hinblick auf Belange des Tierschutzes zur Verfügung zu stehen. (hau/nki/16.09.2024)