Heftige Kritik am Bau-Etat: Opposition fordert „Bau-Gipfel“
Hohe Zinsen, hohe Umweltstandards, hohe Preise für Baustoffe: Trotz diverser Widrigkeiten will Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) im kommenden Jahr mehr und schneller bauen. Insgesamt sieht der Etat 2024 des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen Ausgaben in Höhe von 6,96 Milliarden Euro vor, in diesem Jahr waren es noch 7,33 Milliarden Euro. In der Haushaltsdebatte um den Einzelplan 25 des Etats der Bundesregierung (20/7800) erntete Geywitz am Dienstag, 5. September 2023, heftige Kritik, auch von Seiten ihrer Koalitionspartner.
Ministerin: 2024 für die Baubranche ein sehr schwieriges Jahr
Die Bundesministerin sagte, zu den schwierigen Bedingungen für den Bau zählten die hohen Zinsen und Anforderungen des Umweltschutzes. Die Schuldenbremse mache es kompliziert, schnell wirksame Impulse zu setzen. 2024 werde für die Baubranche noch einmal ein sehr schwieriges Jahr. Im Jahr darauf gewöhnten sich die Marktakteure dann voraussichtlich an Bedingungen wie das Zinsniveau.
Geywitz zählte die geplanten Investitionsimpulse auf. Bereits für Projekte mit Baubeginn ab dem 1. Oktober solle eine sogenannte degressive AfA eingeführt werden, also eine Abschreibung mit jährlich sinkenden Abschreibungsbeträgen. Hierbei sei es „egal, wie alt der Bauantrag ist“, betonte Geywitz.
CDU/CSU forderte einen Baugipfel
Doch die Opposition ließ kein gutes Haar an den Vorhaben. Michael Breilmann (CDU/CSU) rechnete vor, dass in diesem Jahr 27 Prozent weniger Baugenehmigungen erteilt worden seien als 2022, bei den Einfamilienhäusern habe das Minus sogar 40 Prozent betragen. Es werde nicht nur zu wenig, sondern auch zu teuer gebaut. 37 Prozent der Baukosten fielen für Steuern an.
Breilmann forderte einen Baugipfel, an dem der Bundeskanzler, der Bundesfinanzminister, der Wirtschaftsminister und die Bauministerin teilnehmen sollen. „Wir brauchen beim Thema Bau Politik aus einem Guss“, sagte Breilmann.
Linke für „neue Wohnungsgemeinnützigkeit“
Caren Lay (Die Linke) wunderte sich, dass Klara Geywitz von „Fortschritten im sozialen Wohnungsbau“ spricht. In diesem Land fehlten mittlerweile elf Millionen Sozialbauwohnungen, eine Million gebe es noch, im Jahr 2022 seien jedoch nur 22.000 neu gebaut worden.
„Wir brauchen eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit“, forderte Lay. Doch im Etatentwurf finde sich dazu „kein einziger Euro“, beklagte die Linke. Auch für das Wohngeld seien 500 Millionen Euro weniger vorgesehen als 2023. Dabei gehe die „Mietenexplosion weiter“.
Grüne: Es fehlen bezahlbare Wohnungen
Auch Karoline Otte (Bündnis 90/Die Grünen) beklagte die geringe Zahl an Sozialwohnungen und plädierte ebenfalls für eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit. In den nun folgenden Haushaltsberatungen müsse das dringend diskutiert werden, sagte sie und wandte sich direkt an Ministerin Geywitz.
Zudem solle die Bundesregierung dafür sorgen, dass die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) aktiv in den Wohnungsbau eingebunden wird, es gebe in diesem Land schlicht zu wenig bezahlbare Wohnungen.
FDP fordert mehr Mut und mehr Innovation
Torsten Herbst (FDP) unterstrich die Notwendigkeit, schneller mehr Wohnraum zu schaffen. „Bauen und Wohnen ist ein gesellschaftliches Problem. Privates Wohneigentum und bezahlbarer Wohnraum wirken stabilisierend“, sagte Herbst. Er forderte mehr Mut und mehr Innovation.
Dabei gelte es, neben seriellem Bauen auch auf neues Material und mehr Kreislaufwirtschaft zu setzen. Die von Geywitz in Aussicht gestellten Abschreibungen nannte er „das richtige Signal“, doch es brauche mehr.
SPD: Umwandlung im Bestand forcieren
Unterstützung für die Pläne von Klara Geywitz kam von Uwe Schmidt (SPD). Er gab zu bedenken, dass durch das Wohngeld der Bundesregierung aktuell 4,5 Millionen Menschen in rund 2,5 Millionen Haushalten davon profitierten. Durchschnittlich erhielten die Bezieher 370 Euro pro Monat. Um schneller zu bauen, müsste die Umwandlung im Bestand stärker als bisher Anwendung finden.
In seinem Wahlkreis habe man auf diese Weise ein vormals von der Bundeswehr genutztes Hochhaus zu einem Wohnquartier für Studenten und Auszubildende umgebaut. „Da müssen wir ganz anders als bisher denken und überlegen, wie solche Immobilien genutzt werden können“, sagte Schmidt. Auch das serielle Bauen könne zu mehr Wohnraum führen.
AfD kritisieren Wirtschafts- und Migrationspolitik
Die Redner der AfD-Fraktion, Marc Bernhard und Marcus Bühl, kritisierten die Etatpläne der Bundesregierung. Ursache für fehlenden Wohnraum sei die derzeitige Wirtschafts- und Migrationspolitik der Ampel-Regierung. Derzeit fehlten zwei Millionen Wohnungen in Deutschland.
Nach Angaben der AfD-Fraktion habe das Leibnitz-Institut errechnet, dass der gesamte Bestand der jährlich neu errichteten Wohnungen komplett an die Unterbringung Zugewanderter gehe. Pro Jahr kämen rund 500.000 Menschen nach Deutschland, die mit Wohnraum zu versorgen seien.
Sozialer Wohnungsbau, Baukindergeld, Wohngeld
Der Einzelplan 25 des Bundeshaushalts 2024 sieht Ausgaben von 6,96 Milliarden Euro (2023: 7,33 Milliarden Euro) vor. Bundesministerin Klara Geywitz rechnet mit Einnahmen von 242,72 Millionen Euro (2023: 245,37 Millionen Euro). Für das Bau- und Wohnungswesen sind 5,22 Milliarden Euro eingestellt gegenüber 5,51 Milliarden Euro in diesem Jahr. Größter Einzelposten ist der soziale Wohnungsbau mit 1,58 Milliarden Euro, was nach 1,28 Milliarden Euro in diesem Jahr einen deutlichen Aufwuchs darstellt. Die Ausgaben für Wohngeld rangieren mit 2,42 Milliarden Euro (2023: 2,9 Milliarden Euro) vor dem Baukindergeld mit 749,47 Millionen Euro (2023: 841,04 Millionen Euro). Der Bund hat mit dem Baukindergeld den Bau beziehungsweise den Ersterwerb von Wohnungseigentum von Familien mit Kindern gefördert. Das Programm ist beendet; die Ausgaben dienen der Ausfinanzierung.
Für Stadtentwicklung und Raumordnung sieht der Etat 1,43 Milliarden Euro vor (2023: 1,51 Milliarden Euro). Dazu zählen 240 Millionen Euro zur Sanierung kommunaler Einrichtungen für Sport, Jugend und Kultur (2023: 228,36 Millionen Euro). Die Mittel für die Städtebauförderung summieren sich auf 1,43 Milliarden Euro (2023: 1,06 Milliarden Euro), von denen 762,35 Millionen Euro als Zuweisungen an die Länder gehen sollen (2023: 790 Millionen Euro). Für Hochbau- und Förderungsmaßnahmen in Berlin und Bonn sind 82,64 Millionen Euro in den Etat eingestellt (2023: 89,95 Millionen Euro). Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung soll mit 154,42 Millionen Euro bedacht werden (2023: 136,75 Millionen Euro). (nki/05.09.2023)