Parlament

Der Weg zum Bundes­haushalt 2024 vom Entwurf zum Beschluss

Symbolbild mit Euro-Geldscheinen, die im Kreis um das Emblem des Bundesadlers auf den Farben Schwarz, Rot und Gold geordnet sind.

Nach Artikel 110 Grundgesetz hat der Deutsche Bundestag das Budgetrecht und legt den Haushaltsplan fest, in dem sämtliche Ausgaben des Bundes offengelegt werden müssen. (© picture alliance/Zoonar|Oliver Boehmer)

Für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages ist am Sonntag, 3. September 2023, die parlamentarische Sommerpause zu Ende gegangen. In der Woche danach, der ersten Sitzungswoche des Bundestages nach der Sommerpause, berät das Parlament traditionell in erster Lesung den Haushaltsplan des Bundes für das kommende Jahr.

Christian Lindner bringt das Haushaltsgesetz ein

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) legte dem Bundestag seinen Entwurf für das Haushaltsgesetz 2024 und den Finanzplan des Bundes für die Jahre 2023 bis 2027 in der Sommerpause vor, nachdem das Bundeskabinett beide Vorlagen am 5. Juli 2023 beschlossen hatte. Zum Auftakt der Etatberatungen stellte Lindner das Zahlenwerk am Dienstag, 5. September, in einer sogenannten „Einbringungsrede“ im Plenum des Bundestages vor.

Bis Freitag, 8. September, wird der Entwurf des Haushaltsgesetzes mit seinem Anhang, den insgesamt 25 Einzelplänen, erstmals beraten. Die 25 Einzelpläne setzen sich zusammen aus den Etats des Bundeskanzleramtes und der 15 Bundesministerien sowie den Etats des Bundespräsidenten, des Bundestages, des Bundesrates, des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesrechnungshofes, des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, des Unabhängigen Kontrollrats (zur Rechtskontrolle der technischen Aufklärung des Bundesnachrichtendienstes), der Bundesschuld und der Allgemeinen Finanzverwaltung.

Generalaussprache zur Regierungspolitik

Für die Debatten über die Etats der einzelnen Bundesministerien sind jeweils eineinhalb Stunden eingeplant. Die Etats des Finanzministeriums, des Bundesrechnungshofes, der Bundesschuld und der Allgemeinen Finanzverwaltung werden im Anschluss an die Einbringungsrede Lindners in einer zweistündigen Allgemeinen Finanzdebatte erörtert.

Länger dauert die Generalaussprache zum Etat des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes am Mittwoch, 6. September. In der vierstündigen Aussprache kommen neben dem Kanzler auch die Fraktionsspitzen zu Wort. Der vom Ausgabenansatz her relativ bescheidene Kanzleretat, der Einzelplan 04 des Haushalts, bietet dabei Gelegenheit, sich intensiv mit der Politik der Bundesregierung auseinanderzusetzen.

Die Generalaussprache dient der Standortbestimmung der Bundespolitik und der Kritik am Kurs der Bundesregierung. Sie hebt sich daher von Debatten des politischen Tagesgeschäfts ab und zählt zu den parlamentarischen Höhepunkten im Jahresverlauf.

Haushaltsberatungen in den Ausschüssen

Im Anschluss an die viertägige erste Lesung des Haushalts im September wird das Haushaltsgesetz zur federführenden Beratung an den Haushaltsausschuss überwiesen. Die jeweiligen Fachausschüsse beraten die Etatansätze „ihrer“ Ministerien. Nach Paragraf 95 der Geschäftsordnung des Bundestages können sie dem Haushaltsausschuss gutachtliche Stellungnahmen zuleiten.

Erfahrungsgemäß nimmt der Haushaltsausschuss in den Herbstwochen Änderungen an einzelnen Etatansätzen des Finanzministers vor. An der einen Stelle wird der Rotstift angesetzt, an der anderen werden Mittel aufgestockt. Bedeutsam sind auch seine Haushaltsvermerke zu bestimmten Ausgaben. Diese Vermerke enthalten verbindliche Vorgaben für die Bewirtschaftung der betreffenden Haushaltstitel. Dabei kann es sich um einfache und qualifizierte Sperren oder um Vermerke handeln, die die Übertragung der Mittel in das nachfolgende Haushaltsjahr ermöglichen. Auch können die Erläuterungen zu einem Haushaltstitel für verbindlich erklärt werden.

Verteilungskampf um knappe Mittel

Die Fachausschüsse neigen dazu, „ihre“ Ministerien im Verteilungskampf um die knappen Mittel zu unterstützen. In der grundsätzlichen Annahme, dass „mehr“ besser ist als „weniger“, unterscheiden sich Koalition und Opposition dabei kaum. Der Haushaltsausschuss hingegen muss den Gesamtetat im Auge behalten und die Ausgabenwünsche der Ressorts austarieren. Die Schuldenregel in Artikel 115 des Grundgesetzes, aber auch die Vorgaben des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie des sogenannten Fiskalvertrags (Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion) sind dabei die Leitplanken.

Die 45 Mitglieder des Haushaltsausschusses unter ihrem Vorsitzenden, dem hessischen CDU-Abgeordneten Prof. Dr. Helge Braun, entscheiden letztlich darüber, welche Etatwünsche sich durchsetzen und welche nicht berücksichtigt werden können. Empfiehlt der Haushaltsausschuss Änderungen am Haushaltsgesetz oder an einem der 25 Einzelpläne, legt er dem Bundestag dazu jeweils eine Beschlussempfehlung vor.

Bereinigungssitzung im Haushaltsausschuss

Schlusspunkt der Beratungen im Haushaltsausschuss ist die sogenannte Bereinigungssitzung am Donnerstag, 16. November, in der voraussichtlich bis weit nach Mitternacht die letzten und strittigsten Fragen geklärt werden, die zuvor zurückgestellt worden waren. Ebenfalls erörtert werden die Stellungnahme des Bundesrates mitsamt Gegenäußerung der Bundesregierung sowie die gutachtlichen Stellungnahmen der Fachausschüsse. Am Ende der Sitzung wird die vom Haushaltsausschuss empfohlene Endfassung des Haushalts 2024 festgezurrt.

Allein zu den Ergebnissen dieser einen Sitzung gibt es eine weitere „ergänzende“ Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses. Sie kann durchaus Änderungen an Einzelplänen beinhalten, zu denen der Ausschuss bereits zuvor eine Beschlussempfehlung vorgelegt hatte. Um alle parlamentarischen Änderungen an einem Einzeletat zu überblicken, müssen neben dem Regierungsentwurf also unter Umständen zwei Beschlussempfehlungen beachtet werden.

Zweite Lesung in der zweiten Haushaltswoche

Zu Beginn der zweiten Beratung im Plenum liegen dem Parlament neben dem Ursprungsentwurf der Regierung mehrere Beschlussempfehlungen des Haushaltsausschusses vor, darüber hinaus Änderungs- und Entschließungsanträge der Fraktionen. Die viertägigen Beratungen beginnen am Dienstag, 28. November. Auch in dieser zweiten Haushaltswoche gibt es mittwochs eine vierstündige Generalaussprache zum Kanzleretat.

Im Übrigen werden jeweils eineinhalb Stunden lang die Einzelpläne in gegebenenfalls geänderter Fassung erneut debattiert und im Anschluss abgestimmt. Der traditionell größte Einzeletat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wird dabei genauso lange erörtert wie der Etat des Justizministeriums mit den traditionell niedrigsten Ausgaben.

Etatberatung mit und ohne Aussprache

In zweiter Lesung ohne Aussprache abgestimmt werden üblicherweise die Etats des Bundespräsidenten (Einzelplan 01), des Deutschen Bundestages (Einzelplan 02) und des Bundesrates (Einzelplan 03), aber auch die milliardenschweren Etats der Bundesschuld (Einzelplan 32) und der Allgemeinen Finanzverwaltung (Einzelplan 60). In dem letztgenannten Einzelplan sind unter anderem die Steuereinnahmen des Bundes verortet.

Während die kleinsten Etats des Bundespräsidenten, des Bundesrates, des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesrechnungshofs, des Datenschutzbeauftragten und des Unabhängigen Kontrollrats meist unstrittig sind und einstimmig gebilligt werden, lautet das Abstimmungsverhalten bei den übrigen Einzelplänen und auch bei der Schlussabstimmung in der Regel Koalition gegen Opposition.

Dritte Beratung und namentliche Schlussabstimmung

Am letzten Tag des Haushaltsmarathons, das ist in diesem Jahr Freitag, 1. Dezember 2023, stimmt der Bundestag nach einer sogenannten Schlussrunden-Debatte in dritter Lesung namentlich über das Haushaltsgesetz in der Fassung aller vorliegenden Beschlussempfehlungen ab. Über Entschließungsanträge der Fraktionen wird grundsätzlich in dritter Beratung abgestimmt, selbst wenn sich diese nicht auf das Haushaltsgesetz insgesamt, sondern nur auf bestimmte Einzelpläne beziehen. Im Gegensatz dazu wird über Änderungsanträge der Fraktionen stets am Ende der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs und der Einzelpläne entschieden.

Damit ist der Haushalt beschlossen und kann im kommenden Jahr umgesetzt werden. Zugleich gilt: Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt, und in Ministerien und Behörden beginnt nach Maßgabe der mittelfristigen Finanzplanung die Arbeit am nächsten Etat, der bis zur Jahresmitte aufgestellt  und abgestimmt sein muss, um im Bundeskabinett beschlossen und wiederum dem Bundestag zugeleitet werden zu können. (vom/05.09.2023)