Diskussion über richtige Rezepte zur Verbesserung der Wirtschaftslage
Der Bundestag hat sich am Donnerstag, 7. September 2023, in erster Lesung mit dem Etatentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz befasst. Der Einzelplan 09 des Bundeshaushalts 2024 (20/7800) umfasst Ausgaben von elf Milliarden Euro gegenüber 14,57 Milliarden Euro in diesem Jahr, es werden Einnahmen in Höhe von 745,73 Millionen Euro (2023: 685,53 Millionen Euro) erwartet.
Minister: Raus aus der Komfortzone der Selbstzufriedenheit
Bundesminister Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) verteidige sich in der Debatte gegen die Kritik der Opposition, die derzeitige Rezession der deutschen Wirtschaft sei auf seine verfehlte Wirtschaftspolitik zurückzuführen. Bei der Haushaltsdebatte vor einem Jahr seien noch die Rettung des Energieunternehmens Uniper und die Füllstände der Gasspeicher in Deutschland die Hauptthemen gewesen. „Das spielt heute kaum noch eine Rolle“, sagte Habeck. Er erwähne das nur, um zu zeigen, wie weit Deutschland in der Energiekrise nach dem Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine gekommen sei.
Dieser habe dennoch weiterhin Auswirkungen. „Wir leiden unter der Inflation, die nicht überraschend kommt aufgrund der Energiekrise.“ Viele der Probleme, vor denen man gerade stehe, hingen noch immer mit den Turbulenzen aufgrund des Krieges zusammen, so der Minister. Um diese zu überwinden müsse man „raus aus der Komfortzone der Selbstzufriedenheit“. Zudem müsse man sich mehr auf die „Kraft der Zusammenarbeit“ konzentrieren, als sich gegenseitig zu behindern, sagte der Vizekanzler.
CDU/CSU: Die Regierung funktioniert in der Krise nicht
Jens Spahn (CDU/CSU) sagte, man könne den Eindruck gewinnen, der Minister lebe in einer anderen Welt: „Wir sind in einer Rezession, wir sind das einzige Industrieland, das schrumpft.“ Der Dauerstreit des Wirtschaftsministers mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) sei der Grund, warum das Land im Chaos versinke. Den von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) tags zuvor präsentierten Deutschlandpakt nannte Spahn in der Debatte einen „PR-Gag“.
Das eigentliche Problem sei derzeit, dass man eine Regierung habe, die in der Krise nicht funktioniere. Der Deutschlandpakt zeige dies, es sei ein „Misstrauensvotum des Kanzlers gegen seine eigene Regierung“. „Wir müssen ernsthaft über Ihre Regierungsfähigkeit nachdenken“, sagte Spahn in Richtung der Kabinettsbank im Plenum. Es sei Zeit mit dem „Popanz“ aufzuhören, es sei Zeit für Taten und weniger Gerede, schloss der Christdemokrat seine Rede.
SPD: Es wird bewusst Angstmacherei betrieben
Frank Junge (SPD) unterstrich wie Habeck die Ausgangslage: „Sie haben völlig ignoriert, von wo wir gekommen sind“, sagte er in Richtung der Unionsfraktion. Es werde ganz bewusst Angstmacherei betrieben, die der Wirtschaft schade und den Rechtspopulisten nach dem Mund rede. „Dennoch können wir mit der wirtschaftlichen Lage nicht zufrieden sein“, befand auch Junge.
Doch die Regierung reagiere und habe im Haushalt Mittel eingestellt, um Investitionen anzustoßen. So habe man mit 90 Milliarden Euro inklusive des Klima- und Transformationsfonds im nächsten Haushaltsjahr eine Investitionsquote, die es noch nie zuvor gegeben habe. „Mit diesem Geld können wir Anreize setzen, wir können Investitionen in nachhaltige Bereiche voranbringen, wir können der Wirtschaft Verlässlichkeit und Planungssicherheit geben und genau das sind die Instrumente, die unsere Wirtschaft gegenwärtig braucht“, so Junge.
AfD: Die Energiewende ist gescheitert
Wolfgang Wiehle (AfD) urteilte, die Politik der aktuellen Regierung führe Deutschland in die Verarmung. „Ihre Energiepolitik sorgt für die teuersten Energiepreise der Welt“, sagte Wiehle im Plenum. Es müsse Schluss sein mit der gescheiterten Energiewende: „Fahren wir schnellstmöglich die AKWs wieder hoch“, forderte er. Die Pläne der Ampel seien nicht zu Ende gedacht.
So solle Wasserstoff jetzt die Energiewende retten; mit immer neuen Subventionen würden Projekte bezahlt, „die sonst keiner macht, weil sie sich einfach nicht lohnen“. Das Geld dafür stamme aus dem Klima- und Transformationsfonds, dem „Milliardengrab für grüne Technologie“. „Bezahlen müssen es die Bürger mit immer höheren CO2-Abgaben auf Sprit, Heizstoffe und alles, was mit Gas und Öl produziert wird.“ Die Energiewende der Ampelregierung ruiniere die Staatsfinanzen, so der AfD-Abgeordnete.
FDP: Wachstumsimpulse setzen
Karsten Klein (FDP) sagte, der Wohlstand in Deutschland sei kein „Dauerauftrag, der uns jeden Monat überwiesen wird“. Diesen habe man vielmehr der Tatkraft der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verdanken. Doch die Inflation sorge für Unsicherheit in der Wirtschaft. „Dass wir die Schuldenbremse wieder einhalten ist ein wichtiger Beitrag, um die Inflation zu senken“, so Klein.
Es gelte zudem, Wachstumsimpulse zu setzen, wie es nun mit dem Wachstumschancengesetz vorgesehen sei. Dort seien sieben Milliarden Euro Entlastungsvolumen vorgesehen. Die enorm hohen Energiepreise seien jedoch weiterhin eine Herausforderung. In Richtung der Unionsfraktion sagte der Liberale, dass diese in ihrer Regierungsverantwortung viel zu langsam in den Ausbau der erneuerbaren Energien eingestiegen sei. „Die CSU in Bayern hat dafür gesorgt, dass kein Netzausbau betrieben wurde“, bemerkte Klein.
Linke kritisiert Umverteilung von unten nach oben
Victor Perli (Die Linke) verwies ebenfalls darauf, dass Deutschland die einzige große Volkswirtschaft sei, die schrumpft. In dieser Situation lege die Ampel einen Kürzungshaushalt vor: „Was für eine Realitätsverweigerung.“ Die Regierung gefährde damit Wohlstand und Arbeitsplätze, zitiert der Linke das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. „Anstatt verstärkt in die Zukunft zu investieren und den Laden wieder aus der Krise rauszuziehen, fahren Sie ihn noch dicker rein und Sie machen damit das Land und die Leute zu Absteigern.“
Die Politik der Bundesregierung führe zu einer gigantischen Umverteilung von unten nach oben. Die von Kanzler und Vizekanzler versprochene Abschöpfung der Übergewinne per Gesetz sei so spät gekommen, dass nicht mal eine halbe Milliarde Euro zusammenkamen. „Das lässt sich mit Unfähigkeit nicht mehr erklären, das war Vorsatz“, so Perli.
Grüne: Wirtschaftsstandort Deutschland ist stark
Felix Banaszak (Bündnis 90/Die Grünen) sagte in Richtung des Vorsitzenden der Unionsfraktion: „Herr Merz, ich verstehe ja, dass Sie nervös sind, das läuft ja alles auch nicht ganz gut.“ Aber ob er wirklich glaube, das beste Konzept dagegen sei, die eigene Schwäche dadurch ausgleichen zu wollen, dass man das Land, den Industriestandort schlechter rede, als er sei: „Glauben Sie, dass das Ihrer Verantwortung als Opposition gerecht wird?“, fragte Banaszak.
Der Wirtschaftsstandort Deutschland sei und bleibe stark. Das sehe man daran, dass jetzt bis zu 80 Milliarden Euro an Auslandsinvestitionen nach Deutschland kämen. „Wenn es eine politische Kraft in diesem Land gibt, die ein echtes Deindustrialisierungsrisiko ist, dann ist es die CSU in Bayern, die den Netzausbau verschleppt hat, die die Erneuerbaren Energien blockiert hat“, so der Grüne.
Innovation, Technologie, neue Mobilität
Knapp die Hälfte der geplanten Ausgaben entfällt auf den Bereich „Innovation, Technologie und neue Mobilität“, für den 4,55 Milliarden Euro eingeplant sind (2023: 5,7 Milliarden Euro). Auf die „neue Mobilität“ entfallen davon 589,38 Millionen Euro (2023: 584,52 Millionen Euro). Darin enthalten ist ein Zukunftsinvestitionsprogramm für die Auto- und Autozulieferindustrie mit 305,633 Millionen Euro (2023: 315,87 Millionen Euro).
Für die Förderung von Luft- und Raumfahrt sind 2,38 Milliarden Euro (2023: 2,48 Milliarden Euro) in den Etat eingestellt, von denen 1,04 Milliarden Euro als Beitrag an die Europäische Weltraumorganisation ESA in Paris gehen (2023: 685 Millionen Euro).
Für „Energie und Nachhaltigkeit“ sind im Etatentwurf 3,28 Milliarden Euro vorgesehen (2023: 3,24 Milliarden Euro). Unter anderem entfallen davon auf die Energieforschung 567,03 Millionen Euro (2023: 589,03 Millionen Euro) und auf die Sanierung des früheren Uranbergbaus in der DDR sowie auf das Auslaufen der Steinkohlesubventionen 168,82 Millionen Euro (2023: 186,87 Millionen Euro).
Für den Klimaschutz sieht der Etatentwurf 758,59 Millionen Euro vor (2023: 766,4 Millionen Euro), davon 685,01 Millionen Euro für Investitionen zum Schutz des Klimas und der Biodiversität im Ausland (2023: 709,71 Millionen Euro).
Mittelstandsförderung und Digitalisierung
Die Mittelstandsförderung schlägt mit 1,15 Milliarden Euro zu Buche (2023: 1,12 Milliarden Euro). Die Zuweisungen für betriebliche Investitionen und wirtschaftsnahe Infrastruktur im Rahmen der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ steigen laut Entwurf von 647,07 Millionen Euro 2023 auf 679,43 Millionen Euro.
Die Digitalisierung soll mit insgesamt 623,4 Millionen gefördert werden (2023: 1,58 Milliarden Euro). Um „Chancen der Globalisierung“ zu nutzen, sind im Etat insgesamt 374,43 Millionen Euro vorgesehen (2023: 577,82 Millionen Euro). (emu/07.09.2023)