Opposition kritisiert Ausgabenplanung im Umweltministerium
Weniger Geld – darauf wird sich im kommenden Jahr auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz einstellen müssen. Statt 2,45 Milliarden sollen laut dem Entwurf für den Einzelplan 16 des Bundeshaushalts (20/7800) in 2024 nur 2,4 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Das sei ein „leichter Rückgang“, mit dem ihr Haus „seinen Beitrag zu einem verfassungskonformen Haushalt leistet“, verteidigte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) am Dienstag, 5. September 2023, bei der Einbringung des Etats die Kürzungen. Weiterhin stünden aber bis 2026 vier Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds für den natürlichen Klimaschutz bereit. Das sei eine „so große Summe“ für den Umwelt- und Naturschutz, wie es ihn in keinem Haushalt zuvor für das Ressort gegeben habe.
Ministerin verspricht zusätzliche Gelder für Meeresschutz
Darüber hinaus stellte Lemke zusätzliche Mittel für den Meeresschutz in Aussicht: Über Versteigerungen von Offshorewindkraft-Lizenzen seien für „dieses und für das nächste Jahr noch einmal round about 700, 800 Euro“ zusammengekommen, die in den Meeresnaturschutz investiert werden sollten. Auch das sei so viel Geld, wie nie zuvor dafür. „Das ist ein sehr gutes Zeichen, gerade in diesen Zeiten“, so die Ministerin.
Mit dem Etat gehe sie drei Aufgaben an: Die Bekämpfung von Klima-, Biodiversitäts- und Vermüllungskrise, die Verbesserung des Schutzes von Verbraucherrechten und das Finden einer Lösung für die Hinterlassenschaften der Atomkraftnutzung.
CDU/CSU: Kein „klarer Kompass“
Seitens der Opposition hagelte es Kritik – für die Ausgabenplanung und die Politik der Grünenpolitikerin. Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU) hielt ihr vor, statt „Konkretem“ viele „Strategien und Aktionsprogramme“ vorzulegen. Die Umsetzung dauere zu lange, monierte die Unionsabgeordnete und verwies auf das geplante Klimaanpassungsgesetz. „Es ist nur eine leere Hülle, vor allen Dingen mit Zielvorgaben und Geboten.“ Diese müsse schnell mit Leben und konkreten Maßnahmen gefüllt werden, drängte Weisgerber.
Der Ministerin fehlte aber oft der „klare Kompass“ – wie etwa beim Umgang mit dem Wolf oder im Verbraucherschutz. Hier sei Lemke kaum sichtbar.
AfD kritisiert „falsche Prioritäten“ und Sonderhaushalte
Falsche Prioritäten im Etat und eine völlig verfehlte Naturschutzpolitik warf Wolfgang Wiehle (AfD) der Ministerin vor: Der Ausbau der Windkraft zerstöre Wälder und Landschaften. „Wo bleibt der Widerspruch ihres Ministeriums, Frau Lemke, wenn große Wälder für die Windindustrie abgeholzt werden?“
Für „Umwelt- und Heimatschutz“ gebe es keine Unterstützung bei den Grünen, konstatierte Wiehle. Chancen „neuer Generationen von Kernkraftwerken“ lasse die Ampel ungenutzt. Kritik äußerte er auch daran, dass ein Gros der Gelder für den Umwelt- und Naturschutz im Klimafonds, „einem der vielen Schattenhaushalte“, „regelrecht versteckt“ worden sei.
Linke fordert mehr Geld für Klimaanpassung und Katastrophenschutz
Nicht einverstanden war auch Ralph Lenkert (Die Linke) mit dem Etatentwurf: Es sei „völlig unverständlich“, dass die Ampel ausgerechnet bei der Klimaanpassung den „Rotstift ansetzt“, sagte der Abgeordnete. Angesichts von Hitzerekorden, Unwettern und Überflutungen, die man in Europa in diesem Sommer wieder gesehen habe, sei es nur eine Frage der Zeit, bis auch Deutschland erneut von solchen Wetterereignissen betroffen sein werde.
Es brauche dringend mehr Geld, um Städte und Kommunen für Hitzewellen und Flutkatastrophen zu wappnen, forderte er. Doch stattdessen halbiere die Ampel die Gelder für den natürlichen Hochwasserschutz und spare beim Katastrophenschutz.
SPD: Die Hälfte der Ausgaben sind Investitionen
Rednerinnen und Redner der Koalitionsfraktionen verteidigten den Etatentwurf, kündigten aber auch Anpassungen an: Michael Thews (SPD) betonte, dass zwar fast die Hälfte des Budgets von vorneherein für die Zwischen- und Endlagerung von Atommüll gebunden sei, dass aber die andere Hälfte für Investitionen in Umwelt- und Naturschutzprogramme genutzt werden könne.
Das sei eine „gute Nachricht“: Beispielsweise 100 Millionen Euro wolle der Bund 2024 für die Bergung von Munitionsaltlasten aus Nord- und Ostsee ausgeben. Der Bau einer Plattform zur Zerlegung und Beseitigung von Munition aus den Weltkriegen könne damit bald beginnen, so der SPD-Abgeordnete.
FDP priorisiert Meeresschutz, Klimaanpassung und Wolfsmanagement
Judith Skudelny (FDP) unterstrich angesichts sinkender Ausgaben die Notwendigkeit, effizienter finanzielle Mittel einzusetzen und Schwerpunkte zu setzen. In den anstehenden Haushaltsberatungen werde ihre Fraktion insbesondere die Themen Meeresschutz, Klimaanpassung und Wolfsmanagement in den Blick nehmen, kündigte die Abgeordnete an.
Das „schärfste Schwert der Umweltpolitik“ sei aber ohnehin nicht Geld, sondern das Ordnungsrecht: Obwohl der Umweltetat im kommenden Jahr nur 0,5 Prozent des Gesamthaushalts ausmache, werde man die Auswirkungen der Umwelt- und Verbraucherschutzpolitik deutlich spüren, so Skudelny, etwa durch Regelungen für eine Kreislaufwirtschaft, ein Recht auf Reparatur oder beim Umgang mit Wasser.
Grüne: Keine weiteren Kürzungen beim Artenschutz
Lob kam von Dr. Jan-Niclas Gesenhues (Bündnis 90/Die Grünen): Die Ministerin habe gut verhandelt und es durch eine „kluge Finanzplanung in einer äußerst angespannten Haushaltslage geschafft“, die Umweltpolitik handlungsfähig zu erhalten. Froh zeigte sich der Abgeordnete auch über die zusätzlichen Millionen für den Meeresschutz. Das zeige: „Wir können Energiewende und Naturschutz gemeinsam voranbringen.“
Allerdings sah auch er weiteren Anpassungsbedarf: Bei Zukunftsaufgaben wie Umwelt- und Naturschutz, Kreislaufwirtschaft und Verbraucherschutz habe der „Rotstift nichts zu suchen“, erklärte er. Insbesondere werde seine Fraktion sich dafür einsetzen, dass beim Artenschutz nicht weiter gekürzt werde.
Geringfügige Einbußen im Umweltetat
Der Einzelplan 16 des Bundeshaushalts 2024 enthält geplante Ausgaben von 2,4 Milliarden Euro im Vergleich zu 2,45 Milliarden Euro in diesem Jahr. Bundesministerin Lemke plant mit Einnahmen von 1,06 Milliarden Euro gegenüber 894,18 Millionen Euro in diesem Jahr. Für den Umweltschutz sollen 310,62 Millionen Euro ausgegeben werden können (2023: 361,85 Millionen Euro), für die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle 1,14 Milliarden Euro (2023: 1,16 Milliarden Euro). Davon entfallen 710 Millionen Euro auf Endlagerungen und Standortauswahlverfahren (2023: 729,45 Millionen Euro) und 430 Millionen Euro auf Zwischenlagerungen (2023: 430,58 Millionen Euro).
Der Naturschutz soll im nächsten Jahr 145,64 Millionen Euro kosten dürfen im Vergleich zu 153,88 Millionen Euro in diesem Jahr. Für nukleare Sicherheit und Strahlenschutz sind 137,65 Millionen Euro vorgesehen (2023: 135,94 Millionen Euro) und für Verbraucherpolitik 38,99 Millionen Euro (2023: 41,88 Millionen Euro). Das nachgeordnete Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau soll 181,14 Millionen Euro erhalten (2023: 177,63 Millionen Euro), das Bundesamt für Naturschutz auf der Insel Vilm und in Leipzig 56,36 Millionen Euro (2023: 58,24 Millionen Euro), das Bundesamt für nukleare Sicherheit der nuklearen Entsorgung in Berlin 72,74 Millionen Euro (2023: 63,49 Millionen Euro) und das Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter 83,09 Millionen Euro (2023: 76,14 Millionen Euro). (sas/vom/06.09.2023)