Opposition stellt Innenministerin schlechtes Zeugnis aus
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Oppositionskritik an ihrem Vorgehen im Zusammenhang mit der Versetzung des ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, entschieden zurückgewiesen. Anders als der Union sei ihr die Cybersicherheit im Lande wichtig, sagte Faeser am Donnerstag, 7. September 2023, im Bundestag bei der ersten Lesung über den Etatentwurf des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (Einzelplan 06 des Bundeshaushalts 2024, 20/7800). Sie habe das BSI gestärkt und werde dies auch weiterhin tun. Dafür sei eine Neuaufstellung an der Spitze notwendig gewesen. Jetzt stehe eine international hervorragend renommierte IT-Sicherheitsexpertin an der Spitze des BSI und Schönbohm sei seit Jahresbeginn Präsident der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung.
Er habe selbst ein Disziplinarverfahren gegen sich beantragt, fügte die Ressortchefin hinzu. Diese Prüfung ihres Ministeriums sei gründlich gewesen. Dabei seien jedoch keine nachrichtendienstlichen Maßnahmen gegen Schönbohm eingesetzt worden. Diese Behauptung sei „völliger Unsinn“, betonte Faeser: „Es gab von mir keinerlei nachrichtendienstliche Abfragen.“
Ministerin: Sicherheit und Zusammenhalt des Landes bleiben gesichert
Mit Blick auf den Regierungsentwurf ihres Haushalts im kommenden Jahr sagte sie, mit Ausgaben von 12,9 Milliarden Euro werde das Volumen im Vergleich zum Etat des laufenden Jahres mit 13,1 Milliarden Euro trotz der angespannten Haushaltslage „quasi vollständig“ gehalten.
Das bedeute, dass die Sicherheit und der Zusammenhalt des Landes auch in Zeiten knapper Mittel gesichert blieben. Mehr als die Hälfte des Innen-Etats entfalle mit rund 6,5 Milliarden Euro auf den Sicherheitsbereich. Dabei lägen die Mittel für die Bundespolizei in Höhe von rund 4,3 Milliarden Euro noch über dem Ansatz für das laufende Jahr.
Union nennt Ministerin Faeser „Sicherheitsrisiko“
Alexander Throm (CDU/CSU) entgegnete mit Blick auf die Causa Schönbohm, im Raum stehe der gegen die Ministerin gerichtete Verdacht der Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes, um im Nachhinein eine falsche Entscheidung Faesers zu rechtfertigen. Bei der Sondersitzung des Innenausschusses am Donnerstagmorgen, bei der man die Ministerin vermisst habe, hätte sie die Möglichkeit gehabt, Fragen zu beantworten und für Klarheit zu sorgen. Nun habe sie erklärt, dass es von ihr aus keinerlei nachrichtendienstliche Abfrage gegeben habe. Im Ausschuss habe man aber gehört, dass eine Erkenntnisabfrage stattgefunden habe. Es gehe bei der Causa auch um Schönbohm, vor allem aber um Faesers Umgang mit dem Verfassungsschutz.
Throm kritisierte zudem, dass im Etatentwurf 2024 zwar der von der Vorgängerregierung eingeleitete Personalaufwuchs bei der Bundespolizei und dem Bundeskriminalamt fortgesetzt werde, aber die Sachmittel nicht entsprechend angepasst würden. „Sie sind ein Sicherheitsrisiko, Frau Ministerin“, fügte Throm hinzu.
Grüne warnt vor „vollkommen überzogener Rhetorik“
Dr. Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte sich besorgt über das innenpolitische Klima im Land. Es sei gut, wenn die Union die Regierung kritisch hinterfrage und in die Oppositionsrolle finde, aber sie überziehe dabei im Ton und kultiviere ein „plattes Feindbild von drei anderen demokratischen Parteien in diesem Haus – der Ampel“. Diese „vollkommen überzogene Rhetorik“ gehe an der Sache vorbei.
Dabei helfe es auch der Union nicht, wenn sie demokratische Parteien schlechtrede. Während sie dies mache, treffe sich gleichzeitig der frühere Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen „und die Werteunion mit der AfD im stillen Kämmerlein“ und führe Sondierungsgespräche. Dies sei eine Schande, kritisierte Notz.
AfD kritisiert Vorgehen im Fall Schönbohm
Dr. Gottfried Curio (AfD) hielt Faeser mit Blick auf ihr Vorgehen im Fall Schönbohm eine Verletzung der Fürsorgepflicht und Amtsmissbrauch vor. Weil sich gegen Schönbohm nichts Belastendes gefunden habe, habe nochmals der Verfassungsschutz abgefragt werden sollen. „Die Sache war ausermittelt, aber Ihr Unwille, einen Sachstand zu akzeptieren, schlug sich nieder in einem sachfremd interessegetriebenen, vorgefertigten Ergebniserwartung“, sagte Curio.
Er äußerte zudem massive Kritik an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Jahr für Jahr würden hunderttausende Ausländer illegal ins Land gebracht. Die Aufnahmekapazitäten seien erschöpft, aber die Koalition mache immer weiter. Dies sei eine Politik gegen die eigenen Bürger, deren Sorgen ignoriert würden. Zugleich blockiere die Bundesinnenministerin „Grenzkontrollen an der Ostgrenze“.
FDP betont Bedeutung von Cybersicherheit
Manuel Höferlin (FDP) kritisierte, dass sich die Union in der Opposition stark darauf konzentriere, „dieses Land schlecht zu machen“, und sich nicht an den Fakten orientiere. Zugleich warb Höferlin für die Einhaltung der Schuldenbremse. Es sei aber richtig, dass einige Kernbereiche wie die Planstellen bei der Bundespolizei von Sparmaßnahmen ausgenommen worden seien.
Im parlamentarischen Verfahren könne der Haushalt aber noch besser gemacht werden. So könne er sich bei der Cybersicherheit vorstellen, dass noch Schwerpunkte geändert werden. Die Cybersicherheit sei die „Achillesferse der neuen, modernen Informationsgesellschaft“ und müsse mit einem starken BSI geschützt werden.
Linke kritisiert „Ideenlosigkeit“ der Ministerin
Dr. André Hahn (Linke) hielt Faeser eine „verheerende“ Bilanz zur Halbzeit der Legislaturperiode vor. Mit dem Haushaltsentwurf habe die Koalition einen „neuen Beweis ihrer Ideenlosigkeit vorgelegt“.
Bei Bundespolizei und Verfassungsschutz gehe es einfach weiter wie seit 20 Jahren, doch solle das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr unter anderem finanziert werden „durch Einsparungen bei der Demokratieförderung, auf Kosten von Minderheiten und Integration, durch Kürzungen bei der digitalen Sicherheit und dem zivilen Bevölkerungsschutz sowie nicht zuletzt im Sportbereich“. Während auch Faeser vor Bedrohungen aus dem digitalen Raum warne, würden die Sachausgaben und Investitionen beim BSI um 16 Millionen Euro gekürzt.
SPD sieht Erfolge bei Investitionen in Cybersicherheit
Sebastian Hartmann (SPD) sah demgegenüber „große Erfolge“ bei den Investitionen in die Cybersicherheit, die man nun hochfahre, und der Neuaufstellung des BSI.
Mit Blick auf die „Causa Schönbohm“ verwies Hartmann darauf, dass der Innenausschuss sich seitdem siebenmal mit der Frage des BSI befasst habe. Als die Ministerin im 21. Juni 2023 im Ausschuss gewesen sei, habe die Union nicht eine einzige Frage zur Causa Schönbohm oder der Zukunft des BSI gestellt. Nun habe Throm in seiner Rede „wieder Erkenntnisabfragen mit Ermittlungen“ vermischt, kritisierte er. Dabei seien die Vorwürfe der Union gegen Faeser „eindeutig widerlegt“.
Jeder dritte Euro im Innenetat für die Bundespolizei
Nach dem Entwurf der Bundesregierung sind im Haushalt des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) im kommenden Jahr Ausgaben in Höhe von 12,9 Milliarden Euro vorgesehen. Das Soll für 2023 liegt bei 13,09 Milliarden Euro. Faeser kann mit Einnahmen von 719,13 Millionen Euro rechnen (2023: 641,75 Millionen Euro). Verpflichtungsermächtigungen für die kommenden Jahre sollen in Höhe von 3,49 Milliarden Euro ausgebracht werden.
Der Großteil der Ausgaben des BMI fällt 2024 dem Regierungsentwurf zufolge bei der Bundespolizei (Kapitel 0624) an, die dem Geschäftsbereich des BMI zugeordnet ist. Dafür sollen im nächsten Jahr 4,28 Milliarden Euro ausgegeben werden können im Vergleich zu 4,14 Milliarden Euro in diesem Jahr. Für das Bundeskriminalamt (Kapitel 0624) sind Ausgaben in Höhe von 871,45 Millionen Euro vorgesehen, etwa 4,25 Millionen Euro weniger als in diesem Jahr. Für das Bundesamt für Verfassungsschutz (Kapitel 0626) sind Ausgabe in Höhe von 468,88 Millionen Euro etatisiert, 586.000 Euro weniger als in diesem Jahr. Für die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (Kapitel 0629) sind Ausgaben in Höhe von 386,57 Millionen Euro (2023: 428,63 Millionen Euro) und für das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Kapitel 0628) 162,13 Millionen Euro (2023: 211,2 Millionen Euro) veranschlagt.
Heimat, Gesellschaft, Verfassung
Das Programmkapitel „Heimat, Gesellschaft und Verfassung“ sieht im kommenden Jahr Ausgaben in Höhe von 759,83 Millionen Euro vor, in diesem Jahr sind es 667,39 Millionen Euro. Davon entfallen auf die Sportförderung 276,08 Millionen Euro (2023: 303,29 Millionen Euro, siehe separate Meldung). Deutlich höhere Ausgaben sind im Bereich „Verfassung“ (Titelgruppe 04) vorgesehen. Sie sollen 2024 254,6 Millionen Euro nach 122,57 Millionen Euro in diesem Jahr betragen. Grund hierfür sind die mit 131,2 Millionen Euro veranschlagten „Kosten der Bundestagswahlen sowie Kosten der Direktwahl zum Europäischen Parlament“. Im kommenden Jahr steht die EU-Wahl an. 2023 waren in diesen Titel 668.000 Euro veranschlagt.
Im Bereich „Heimat und gesellschaftlicher Zusammenhalt einschließlich interreligiöser Dialog“ (Titelgruppe 01) sind Ausgabe in Höhe von 229,16 Millionen Euro (2023: 241,53 Millionen Euro) vorgesehen. Geringer fallen unter anderem die Investitionszuschüsse an öffentliche Einrichtungen zur gesellschaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit aus, in diesen Titeln verzeichnet der Entwurf allerdings erhebliche Reste aus den Vorjahren.
Bundeszentrale für politische Bildung
Für die dem Geschäftsbereich zugeordnete Bundeszentrale für politische Bildung (Kapitel 0635) sind 2024 Ausgaben in Höhe von 75,98 Millionen Euro vorgesehen. Das sind rund 20,2 Millionen Euro weniger als in diesem Jahr. Rund 17 Millionen Euro der Kürzungen entfallen auf „Ausgaben der politischen Bildungsarbeit“.
Im Programmbereich „IT und Netzpolitik, Digitalfunk und Moderne Verwaltung“ (0602) sind im kommenden Jahr mit 1,09 Milliarden Euro deutliche Ausgabenkürzungen vorgesehen. In diesem Jahr liegt der Ansatz bei 1,53 Milliarden Euro. Zum Großteil geht der Ausgaberückgang auf Kürzungen im Bereich „Digitalisierung der Verwaltung und Verwaltungsdienstleistungen“ zurück. Hierfür sind für 2024 Ausgaben in Höhe von 3,3 Millionen Euro vorgesehen nach 377,23 in diesem Jahr. Die Kürzungen werden im Entwurf mit der „Anpassung an überjährige Planung“ begründet.
Integration und Migration, Minderheiten und Vertriebene
Für die dem Geschäftsbereich zugeordnete „Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich“ (Zitis, Kapitel 0622) sind im kommenden Jahr Ausgabe in Höhe von 80,68 Millionen Euro vorgesehen, 1,42 Millionen Euro weniger als im laufenden Jahr. Der Etat des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik soll um 16,18 Millionen Euro auf 237,85 Millionen Euro sinken.
Im Programmkapitel „Integration und Migration, Minderheiten und Vertriebene“ (Kapitel 0603) sind im kommenden Jahr Ausgaben in Höhe von 1,21 Milliarden Euro vorgesehen nach 1,15 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Das Gros davon entfällt auf den Bereich „Integration und Migration“ (Titelgruppe 01), für den 1,13 Milliarden Euro etatisiert sind (2023: 1,07 Milliarden Euro). Darunter sind beispielsweise 880 Millionen Euro für die Durchführung von Integrationskursen (2023: 757,8 Millionen Euro).
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Für das dem Geschäftsbereich zugeordnete Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sind im kommenden Jahr Ausgaben in Höhe von 818,7 Millionen Euro eingeplant. Das ist ein deutlicher Aufwuchs im Vergleich zum laufenden Jahr von 93,15 Millionen Euro. Rund 50 Millionen Euro mehr sollen etwa für „Dolmetscher, Übersetzer und sonstige Sachverständige“ ausgegeben werden.
Für das Bundesministerium selbst sind Ausgaben in Höhe von 218,1 Millionen Euro vorgesehen. Das sind rund 10,58 Millionen Euro weniger als im laufenden Jahr. Das Bundesverwaltungsamt soll mit Ausgaben von 474,38 Millionen Euro (2023: 495,31 Millionen Euro) und das Statistische Bundesamt mit Ausgaben von 249,19 Millionen Euro (2023: 223,8 Millionen Euro) zu Buche schlagen. (sto/scr/07.09.2023)