Kein Lob der Opposition für den geplanten Familienetat
Die falschen Prioritäten gesetzt, kein roter Faden zu finden, Versprechen gebrochen: Die Opposition fand nichts Lobenswertes an dem Etatentwurf der Bundesfamilienministerin, der am Dienstag, 5. September 2023, in erster Lesung im Parlament beraten wurde. In der Debatte über den Haushalt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für 2024 (Einzelplan 17, 20/7800) übten die Oppositionsfraktionen deutliche Kritik an den Plänen der Regierungskoalition für das nächste Jahr.
So warf die Union der Regierung vor, falsche Schwerpunkte zu setzen, die AfD meldete „erheblichen Korrekturbedarf“ an und die Linke kritisierte die finanzielle Ausstattung als zu gering. Die Koalition verwies im Gegenzug darauf, dass man in bislang nicht gekannten Krisenzeiten den Schwächsten mit einem vereinheitlichten Instrument helfe, strukturelle Kinderarmut bekämpfe, Bildungschancen erhöhe und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärke. Die Kürzungen seien ein Beitrag zur Generationengerechtigkeit.
Bundesregierung: Mehr Geld für bedürftige Kinder
„Mehr Kinder werden mehr Geld erhalten“, verteidigte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) das neue Instrument der Kindergrundsicherung. Mit dem Vorhaben leiste man einen Beitrag gegen die strukturelle Kinderarmut. Das sozio-kulturelle Existenzminimum werde neu berechnet. Mindestes 530 Euro im Monat gebe es für die kleinsten Betroffenen.
Kinder bräuchten neben besseren Infrastrukturen auch mehr Geld, eine angemessene Existenzsicherung. Die Kinder zu vernachlässigen würde langfristig mehr kosten. Der vorgelegte Haushaltsentwurf mit der Kindergrundsicherung stärke den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Union: Strukturbrüche und falsche Schwerpunkte
Gemessen an den Ankündigungen und Versprechen der Ministerin und des Koalitionsvertrages habe die Regierung leider einen Haushalt voller Kürzungen vorgelegt, sagte Silvia Breher (CDU/CSU). Die Ministerin begehe einen Strukturbruch bei vielen über Generationen gewachsenen Instrumenten und setzte einen falschen Schwerpunkt bei der Förderung befristeter Projekte.
Verwaltungsstrukturen würden wachsen, die Antragstellung für Familien durch den Wegfall der zentralen Anlaufstelle des Jobcenters der Arbeitsagentur komplizierter. Kindergrundsicherung sei leider nur ein Oberbegriff statt den Kindern ganzheitlich zu helfen. „Ihnen fehlt eine Struktur, ein roter Faden, eine Vision.“
SPD: Erfolg in Krisenzeiten
Alt Bundestagsneuling habe er sich bei den alten Hasen des Hauses informiert, so Felix Döring (SPD): Diese Wahlperiode habe in einer Zeit mit so vielen Krisen wie nie begonnen. Die Koalition betreibe daher Krisenmanagement und setze trotzdem die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag um.
Dazu gehörten auch die Investitionen in die Zukunft der Kinder. Seit der Einführung von Kindergeld und Kinderzuschlag stemme man die größte Erhöhung. Zwischen Krisenbewältigung und Umsetzung der Vorhaben der Regierung sei die Familienpolitik der Koalition ein Erfolg. Um die Ungleichheit zu bekämpfen müsse man große Vermögen stärker als bisher steuerlich heranziehen.
AfD sieht „erheblichen Korrekturbedarf“
So wie der Einzelplan des Familienministeriums in den Haushaltsberatungen als erster debattiert werde wünsche sie sich, dass das auch die Prioritätensetzung der Regierung widerspiegele, sagte Ulrike Schielke-Ziesing (AfD). Stattdessen würden sich die unterschiedlichen Ministerien gegenseitig die Verantwortung zuschieben für einen Etatansatz, der nicht das Wohl der Familien im Auge habe.
Sie kritisierte die geplanten Kürzungen beim Elterngeld, bei der Kinder- und Jugendhilfe und den Freiwilligendiensten. Diese Mittel brauche man aber, um die Schäden zu reparieren, die Corona bei den Kindern angerichtet habe. „Das ist kein großer Wurf. Wir sehen erheblichen Korrekturbedarf.“
FDP: Solide Haushaltsführung ist Generationengerechtigkeit
„Das Familienministerium trägt damit seinen Teil zur Haushaltskonsolidierung bei“, rechtfertigte Claudia Raffelhüschen (FDP) die Kürzungen von 1,5 Prozentpunkten des Einzelplans und unterstrich die Notwendigkeit solider Haushaltsführung. Das sei ein Gebot der Generationengerechtigkeit. Dauerhaft hohe und steigende Schulden engten den künftigen Handlungsspielraum unserer Kinder ein.
Der finanzielle Spielraum für den Bund werde momentan enger. Auch beim Staatshaushalt „ist eine Zeitenwende nötig“. Mit dem jetzt vorgelegten Entwurf der Familienministerin habe die Regierung eine gute und haushälterisch vertretbare Lösung für die Kinder vorgelegt.
Linke: Regierung hat Kampf gegen Kinderarmut aufgegeben
„Die Kindergrundsicherung verdient ihren Namen nicht“, sagte Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke). Sie sei mit viel zu geringen finanziellen Mitteln ausgestattet. Vor allem wenn man den aktuellen Entwurf mit den Ankündigungen der Ministerin vergleiche.
Die Bundesregierung habe offensichtlich ihren Kampf gegen die Kinderarmut aufgegeben. Zumal das Instrument erst im Jahr 2025 kommen solle, wenn schon wieder eine neue Regierung ins Amt komme. Grüne und SPD hätten offensichtlich ihre Ministerin bei deren Bemühungen, umfassendere Leistungen für die Kinder einzuführen, im Stich gelassen.
Grüne: Etatansatz „doppelt richtig“
Mit dem Haushaltsansatz der Ministerin werde Kinderarmut effektiv bekämpft, hielt dem Bruno Hönel (Bündnis 90/Die Grünen) entgegen. „Mit der Kindergrundsicherung setzen wir auf das richtige Instrument.“ Es enthalte verschiedene Bausteine. Finanzielle Ungerechtigkeiten zwischen Kindern auszugleichen bedeute mehr Bildungschancen und diese wiederum seien auch ein Gebot ökonomischer Vernunft, gewinne man dadurch doch bessere Fachkräfte. Daher sei der Etatansatz „doppelt richtig“.
Man spare auch nicht bei denen, die es am dringendsten bräuchten. Lediglich drei bis vier Prozent der reichsten Eltern seien betroffen. Mit 13,35 Milliarden Euro liege der Etat deutlich über dem letzten Haushaltsplan der Großen Koalition.
Einzelplan 17 des Bundeshaushalts 2024
Der Einzelplan 17 des Bundeshaushalts 2024 (20/7800) sieht Ausgaben von 13,35 Milliarden Euro vor gegenüber 13,57 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Bundesministerin Paus kann mit Einnahmen von 259,04 Millionen Euro rechnen (2023: 220,05 Millionen Euro).
Für gesetzliche Leistungen für Familien sind 12,13 Milliarden Euro eingeplant (2023: 12 Milliarden Euro). Größter Einzelposten ist das Elterngeld, das mit 7,99 Milliarden Euro zu Buche schlägt (2023: 8,28 Milliarden Euro). Auf das Kindergeld und den Kinderzuschlag entfallen 2,53 Milliarden Euro (2023: 2,22 Milliarden Euro), davon 2,15 Milliarden Euro auf den Kinderzuschlag für geringverdienende Familien (2023: 1,87 Milliarden Euro) und 210 Millionen Euro (wie 2023) auf das Kindergeld. Für Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz sind 1,2 Milliarden Euro eingeplant nach 1,19 Milliarden Euro in diesem Jahr.
Einsparungen bei der Kinder- und Jugendpolitik
Eingespart werden soll bei der Kinder- und Jugendpolitik, für die noch 527,92 Millionen Euro bereitstehen (2023: 746,79 Millionen Euro). Die Ausgaben zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie sollen mit 200 Millionen Euro auf dem gleichen Niveau verharren wie 2023. Die Zuschüsse und Leistungen für laufende Zwecke an Länder, Träger und Aufgaben der freien Jugendhilfe summieren sich auf 194,55 Millionen Euro (2023: 239,13 Millionen Euro).
415,82 Millionen Euro soll die Ministerin für die Stärkung der Zivilgesellschaft, für Familien-, Gleichstellungs- und Seniorenpolitik ausgeben können (2023: 505,49 Millionen Euro). Davon entfallen 268,1 Millionen Euro auf die Stärkung der Zivilgesellschaft (2023: 346,62 Millionen Euro). Gekürzt werden soll dabei beim Bundesfreiwilligendienst, und zwar von 207,2 Millionen Euro 2023 auf 154,2 Millionen Euro im nächsten Jahr. (ll/vom 05.09.2023)