„Schmerzhafte“ Etat-Kürzungen für das Auswärtige Amt
Das Auswärtige Amt soll im kommenden Jahr mit Ausgaben in Höhe von 6,16 Milliarden Euro planen und damit mit rund 1,32 Milliarden Euro weniger als im laufenden Jahr (7,48 Milliarden Euro). Das geht aus dem Einzelplan 05 des Bundeshaushalts 2024 (20/7800) hervor, über den der Bundestag am Mittwoch, 6. September 2023, erstmals beraten hat.
Ministerin: Geplante Kürzungen sind schmerzhaft
Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) machte keinen Hehl daraus, dass die geplanten Kürzungen gerade mit Blick auf die „Lage, in der ein Krieg in Europa tobt“ auch aus ihrer Sicht „schmerzhaft“ seien. „Wir können uns die Schuldenbremse nicht wegwünschen. Trotz der Zeitenwende, so ehrlich müssen wir sein, gibt es schlichtweg hier im gesamten Deutschen Bundestag nicht die nötige parlamentarische Zwei-Drittel-Mehrheit, um das zu ändern.“
Es gelte nun „pragmatisch und zielgerichtet“ mit diesen Rahmenbedingungen zu arbeiten, sagte Baerbock und nannte als Schwerpunkte unter anderem die Fortsetzung der Unterstützung der Ukraine, Investitionen in globale Partnerschaften und eine weiterhin schlagkräftige humanitäre Hilfe.
CDU/CSU: Koalition arbeitet mit ungedeckten Schecks
Hart ins Gericht ging Johann David Wadephul (CDU/CSU) mit der Koalition in Sachen Bundeswehr: Es sei völlig unklar, woher die geplanten 30 Milliarden Euro mehr für die Truppe in wenigen Jahren herkommen sollen. „Sie arbeiten mit ungedeckten Schecks und das ist unverantwortlich.“
Wadephul kritisierte die Ampel zudem dafür, dass sie zu spät Waffen an die Ukraine geliefert habe: „Das hat es Russland ermöglicht, sich einzugraben und alles zu verminen, und darunter leidet in der Kriegsführung jetzt die Ukraine.“ Auch im Falle des Abzugs der Bundeswehr aus Mali habe die Bundesregierung Warnungen aus dem Wind geschlagen und stehe nun vor dem „Trümmerhaufen“ ihrer Sahel-Politik.
SPD verweist auf schnelle Nothilfe Deutschlands
Wiebke Papenbrock (SPD) erinnerte an die schnelle Nothilfe Deutschlands nach dem schweren Erdbeben in der Türkei und Syrien im Frühjahr: Das sei Teil deutscher Außenpolitik und zeige, „dass wir schnell reagieren und da sind, wenn es darauf ankommt“. Auch wenn der Etat des Auswärtigen Amtes in diesem Jahr kleiner ausfalle, gelte: „Deutschland war immer verlässlich und wird das auch bleiben.“
Als Schwerpunkte für die weiteren Haushaltsberatungen nannte Papenbrock unter anderem die Digitalisierung – etwa bei Krisenfrüherkennung und Visavergabe – sowie die Förderung der deutschen Sprache im Rahmen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik.
AfD: Sanktionen schaden Deutschland
Michael Espendiller (AfD) lenkte den Blick auf anhaltend hohe Energie- und Lebensmittelpreise hierzulande, was auch eine Folge der deutschen Außenpolitik sei. Die Sanktionen wegen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine schadeten nicht Russland, „sondern uns selbst, unserem Land, unserem Industriestandort und unserem Wohlstand“.
Selbst die EU-Partner würden nun „mehr und mehr ihr eigenes Ding machen“, sagte Espendiller. So seien Spanien und Belgien nach China die größten Importeure von russischem LNG - trotz Sanktionen. „Da geht sie hin, Ihre Solidarität in der EU.“ Ab jetzt heiße es offenbar: Rette sich wer kann.
FDP gegen „belehrende“ Außenpolitik
Michael Georg Link (FDP) forderte deutlichere Anstrengungen, „damit die Ukraine diesen Verteidigungskampf gewinnt“. Der Faktor Zeit spiele hier eine Rolle - ebenso wie weitere Waffenlieferungen und der Marschflugkörper Taurus.
Mit Sorge blickte Link zudem auf die Erweiterung der BRICS-Staatengruppe (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika), die zwar nicht homogen sei, sich aber in eine Gegenorganisation „gegen die G7, gegen den Westen“ entwickeln könnte. Es müsse um eine noch kooperativere Außenpolitik gehen, um weniger Staaten der Einflussnahme aus China und Russland zu überlassen, sagte Link. Das werde nicht funktionieren, „wenn wir nur belehrend auftreten“.
Linke: Zulauf zu BRICS ist kein Zufall
Gregor Gysi (Die Linke) unterstrich, dass es kein Zufall sei, dass BRICS Zulauf bekomme. Schon mit dieser ersten Erweiterung entstehe ein Bündnis mit mehr als der Hälfte der Weltbevölkerung. „Diese Länder wollen keine Vasallen der USA sein.“
Sie könnten auch dem Moralismus der Nato, der Bundesregierung und der USA in Bezug auf Russlands Krieg gegen die Ukraine nicht nachvollziehen, denn dieser galt auch nicht im Falle des Kriegs der Nato gegen Serbien und der Abtrennung des Kosovo und auch nicht im Fall des „völkerrechtswidrigen Kriegs der USA und anderer gegen den Irak“, so Gysi.
Friedenssicherung und Zusammenarbeit
Das umfangreichste Kapitel im Einzelplan 05 ist die „Sicherung von Frieden und Stabilität“, hierfür soll Baerbocks Ressort drei Milliarden Euro ausgeben können (2023: 4,39 Milliarden Euro). Davon entfallen 707,09 Millionen Euro auf Leistungen an die Vereinten Nationen und im internationalen Bereich (2023: 923,74 Millionen Euro). Größere Kürzungen sind auch bei der humanitären Hilfe und der Krisenprävention geplant, der Ansatz soll von 3,33 Milliarden Euro auf 2,2 Milliarden Euro schrumpfen, die Mittel für humanitäre Hilfe allein um rund 978 Millionen Euro.
Für die bilaterale Zusammenarbeit und die Pflege der Auslandsbeziehungen sieht der Etat 155,5 Millionen Euro vor (2023: 156,03 Millionen Euro). Eine Milliarde Euro sollen für die Pflege der kulturellen Beziehungen zum Ausland bereitgestellt werden (2023: 1,07 Milliarden Euro). Die Ausgaben für das Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten sollen bei 50,73 Millionen Euro liegen (2023: 53,73). Ein Plus von rund 112,8 Millionen Euro sieht der Etatentwurf im Kapitel „Bundesministerium“ vor: Es sind 1,73 Milliarden Euro (2023: 1,62 Milliarden Euro) vorgesehen, hier schlagen unter anderem vorgesehene Aufträge für IT-Dienstleistungen zu Buche. (ahe/06.09.2023)