Installation reaktiviert: Ruderboote schweben wieder auf und ab
Noch hängen die vier Ruderboote reglos von der Decke. Eines neben dem anderen, jedes rund 17 Meter lang. Seit mehr als zwei Jahrzehnten thront das Kunstwerk von Bildhauerin Prof. Christiane Möbus über der Halle des Jakob-Kaiser-Hauses. Anfangs schwebten die Rennachter auf und ab, später blieben sie stehen, mussten aus Sicherheitsgründen zwischenzeitlich sogar abgehängt werden.
In ihren zwölf Jahren im Deutschen Bundestag habe sie noch nie gesehen, dass sich die Boote bewegten, sagt Parlamentspräsidentin Bärbel Bas. Das soll sich ändern: Im Beisein der Künstlerin wird die Installation „Auf und Ab und Unterwegs“ an diesem Montag, 20. Juni 2022, zu neuem Leben erweckt.
Bas: Gemeinsam in die Riemen legen
In einem Kooperationsprojekt haben die Stiftung für Kunst und Kultur Bonn e.V. und der Bundestag das Werk wieder fit gemacht. Die Aufhängungen sind erneuert und verstärkt, sodass die Boote getreu ihrem Titel in Zukunft wieder hoch und runter steigen können. Jedes in seinem eigenen Rhythmus, wodurch sich stets neue Konstellationen bilden – aus Gelb, Rot, Blau und Schwarz. Die deutsche Fahne mit Schwarzrotgold, dazu Blau für Europa, erklärt die 1947 in Celle geborene Künstlerin. Obendrein ließen sich aus den vier Farben viele weitere mischen. Es gebe eben mehr Möglichkeiten, als man denke. „Ich wünsche allen“, fügt Möbus hinzu, „dass sie sich aus diesen Farben das mischen, was sie möchten.“
Dabei sei es keinesfalls nur die Farbauswahl, die seit jeher für rege Diskussionen bei Abgeordneten wie Gästen sorge, sagt Bundestagspräsidentin Bas. Eine Lesart des Kunstwerks lautet, die Boote symbolisieren die Lebendigkeit und Fairness des politischen Wettstreits. „Fortschritt ist möglich, wenn Zusammenarbeit gelingt“, so Bas. „Legen wir uns kraftvoll ins Zeug, dann werden wir im Wettbewerb bestehen – sportlich und politisch.“ Diese Botschaft nähmen die Abgeordneten immer wieder aufs Neue mit, auf ihrem Weg in die Büros, zu Fraktionssitzungen oder in den Plenarsaal. Ein Ansporn, sich für das Gemeinwohl „in die Riemen zu legen“.
Boote schweben wieder auf und ab
Dass die Rennachter künftig wieder auf- und abschweben, sei Förderern wie dem US-Amerikaner Jim Swartz zu verdanken, der die Reparatur mit seiner Spende überhaupt erst möglich gemacht habe, so Bas. Und vor allem dem 2020 im Alter von 66 Jahren überraschend verstorbenen Vizepräsidenten Thomas Oppermann (SPD). Auf seine Initiative hin hatte das Bundestagspräsidium beschlossen, die Installation mit der Unterstützung der Stiftung zu reaktivieren. Deren Vorstandsmitglied Dr. Jürgen Grossmann ist überzeugt, ohne Oppermanns Einsatz würde das Kunstwerk an diesem Tag nicht zum Laufen gebracht.
Eine entscheidende Rolle für das Auf- und Abschweben der vier Boote spielt der Buzzer am Rande der Halle. Bas legt ihre Hand auf den roten Knopf. Christiane Möbus und Jürgen Grossmann, Jim Swartz und seine Frau Susan kommen dazu. Fünf Hände, eine über der anderen, drücken gemeinsam den Auslöser. Ein dumpfer Ton erdröhnt, dann setzten sich die Boote in Bewegung. (irs/21.06.2022).