Die Koalitionsfraktionen sowie die FDP und Bündnis 90/Die Grünen sprechen sich für eine „zügige und ambitionierte Umsetzung“ des Vertrags von Aachen über die deutsch-französische Zusammenarbeit aus. Der Bundestag nahm den gemeinsamen Antrag der vier Fraktionen mit dem Titel „Eine dynamische und zukunftsorientierte deutsch-französische Freundschaft im Dienste Europas“ (19/13533) am Donnerstag, 26. September 2019, gegen die Stimmen der AfD und der Linken an. In namentlicher Abstimmung votierte das Parlament anschließend für den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zu dem Vertrag vom 22. Januar 2019 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zusammenarbeit und Integration“ (19/10051, 19/10519, 19/11247 Nr. 1). 479 Abgeordnete stimmten dem Gesetzentwurf zu, 122 lehnten ihn ab, es gab zwei Enthaltungen. Grundlage der namentlichen Abstimmung war eine Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses (19/13579).
„Grundlagen der bilateralen Beziehungen erneuern“
„Deutschland und Frankreich wollen die vertraglichen Grundlagen ihrer bilateralen Beziehungen erneuern und den Vertrag vom 22. Januar 1963 (Élysée-Vertrag) ergänzen“, schreibt die Bundesregierung im Gesetzentwurf. „Im Zentrum des ersten deutsch-französischen Vertrags von 1963 standen Aussöhnung und Begegnung. Dieser Auftrag bleibt weiter wichtig, der Élysée-Vertrag behält daher seine volle Geltung.“
Der neue Vertrag, der am 22. Januar 2019 in Aachen von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) und dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron unterzeichnet wurde, treffe darüber hinaus Vereinbarungen, „die der gemeinsamen Zukunftssicherung und der weiteren Verschränkung der Lebenswelten der deutschen und französischen Bürgerinnen und Bürger dienen“. Deutschland und Frankreich vereinbaren demnach, sich in allen Bereichen den Herausforderungen der Zukunft gemeinsam zu stellen.
Antrag von vier Fraktionen angenommen
Durch die Annahme des Antrags von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen (19/13533) fordert der Bundestag, zügig den Bürgerfonds einzurichten, um den Zugang zu ersten konkreten Fördermaßnahmen umgehend zu ermöglichen. Der Bürgerfonds soll mit einer öffentlich zugänglichen Plattform ausgestattet werden, um größtmögliche Öffentlichkeit der Förderprojekte sowie einen Austausch möglichst vieler Interessengruppen zu erzielen. Der Ausschuss für grenzüberschreitende Zusammenarbeit soll baldmöglichst eingesetzt werden. An diesem sollen sich Vertreter der beiden nationalen Parlamente, von Gebietskörperschaften, grenzüberschreitenden Einheiten und der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung beteiligen.
Zur Umsetzung des Pariser Klimaschutzübereinkommens will der Bundestag, dass Initiativen zur Kohlendioxidbepreisung für die bislang noch nicht unter das europäische Emissionshandelssystem fallenden Sektoren auf den Weg gebracht werden. Zur Integration beider Volkswirtschaften in einen deutsch-französischen Wirtschaftsraum soll ein deutsch-französisches Wirtschaftsgesetzbuch erarbeitet werden. Auch einen Rat der Wirtschaftsexperten soll es geben. Das Deutsch-Französische Zukunftswerk soll als Plattform für die strukturelle Zusammenarbeit errichtet werden, über die sich die zivilgesellschaftlichen Akteure aus beiden Ländern mit der Bewältigung der Transformationsprozesse der Gesellschaften auseinandersetzen können.
Entschließungsantrag der AfD abgelehnt
In namentlicher Abstimmung lehnte das Parlament einen Entschließungsantrag der AfD-Fraktion (19/13587) zum Regierungsentwurf der Bundesregierung ab. 522 Abgeordnete stimmten gegen den Entschließungsantrag, 75 votierten dafür, es gab eine Enthaltung. Die AfD wollte die Bundesregierung unter anderem auffordern, in einem Zusatzabkommen mit Frankreich den Umfang der gegenseitigen Bündnisverpflichtung zu definieren und zu klären, in welchen Fällen zivile oder militärische Hilfeleistung zu gewähren ist und ob französische Nuklearwaffen auch zur Verteidigung Deutschlands eingesetzt würden.
Einen neuen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Keine Transformation der Gesellschaft in einen deutsch-französischen Wohlstandsabbau“ (19/13530) überwies der Bundestag zur federführenden Beratung an den Auswärtigen Ausschuss. Die AfD hatte die Federführung beim Europaausschuss beantragt, wurde von allen übrigen Fraktionen aber überstimmt.
Entschließungsantrag von drei Fraktionen abgelehnt
Mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und AfD lehnte der Bundestag einen gemeinsamen Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen, der FDP und der Linken (19/13636) zum Vertragsgesetz ab. Die Fraktionen wollten die Bundesregierung auffordern, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Bundestag mit sieben Mitgliedern in dem geplanten Ausschuss für grenzüberschreitende Zusammenarbeit vertreten sein kann.
In Artikel 14 des Vertrags von Aachen sei vorgesehen, dass Deutschland und Frankreich einen Ausschuss für grenzüberschreitende Zusammenarbeit einrichten, der Interessenträger wie nationale, regionale und lokale Gebietskörperschaften, Parlamente und grenzüberschreitende Einheiten wie Eurodistrikte und gegebenenfalls Euroregionen umfasst. Die Bundesregierung habe die deutschen Vorstandsmitglieder der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung ersucht, drei der Grenzregion mit Frankreich besonders verbundene deutsche Mitglieder für diesen Ausschuss zu benennen. Die drei Oppositionsfraktionen kritisieren dieses Verfahren. Eine Berufung von nur drei Abgeordneten würde dazu führen, dass die kleineren Oppositionsfraktionen nicht in dem Gremium vertreten sein können.
Entschließungsantrag der Linken abgelehnt
Zum Vertragsgesetz lag auch ein Entschließungsantrag der Linken (19/13590) vor, der mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen abgelehnt wurde. Darin sollte die Bundesregierung unter anderem aufgefordert werden, sich gegenüber dem französischen Präsidenten für einen Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrag einzusetzen, der die deutsch-französische Zusammenarbeit auf Abrüstung und eine friedliche, zivile Außenpolitik, auf soziale Harmonisierung, öffentliche Investitionen, die Bekämpfung des Klimawandels und auf Steuergerechtigkeit orientiert.
Zugleich sollte der sicherheitspolitische Dialog mit Russland gestärkt werden, heißt es in der Vorlage.
Antrag der AfD überwiesen
In dem Antrag (19/13530) fordert die AfD die Bundesregierung auf, mit Frankreich die europäische Wirtschaft dadurch zu fördern, dass die Währungsunion aufgelöst wird und nationale Währungen wieder eingeführt werden. Der Einrichtung einer EU-Armee sei „auf das Schärfste“ entgegenzutreten. Die Einrichtung einer Einheit zur Stabilisierung von Nicht-EU-Staaten will die Fraktion nicht umzusetzen, ohne klar das Mandat einer solchen Einheit vorher zu klären und dem Deutschen Bundestag zum Beschluss vorzulegen.
Die im Vertrag vorgesehene Afrikapolitik müsse im Interesse Deutschlands, nicht im „nachkolonial geprägten Interesse“ Frankreichs betrieben werden, heißt es im Antrag. Weitere gebührenfinanzierte Rundfunkprogramme wie im Vertrag beschrieben sollten nicht eingerichtet werden. Bei der Vernetzung von Bildungs- und Forschungssystemen will die Fraktion der Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Lehre und der Hochschulen Priorität einräumen. Den vorgesehenen Bürgerfonds will die AfD erst einrichten, nachdem klar bestimmt ist, welchen Förderzielen er genüge und welche Projekte er nicht fördern könne. (vom/sas/ahe/hau/26.09.2019)