Schäuble: Deutsch-Französische Parlamentsversammlung einzigartig
Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble und sein französischer Amtskollege Richard Ferrand haben am Montag, 23. September 2019, die zweite öffentliche Sitzung der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung (DFPV) eröffnet, die erstmals in Berlin tagt. „Mit dem in diesem Jahr verabschiedeten Vertrag von Aachen und dem Deutsch-Französischen Parlamentsabkommen haben beide Länder sowohl auf Regierungs- als auch auf parlamentarischer Ebene eine ganz neue Stufe der Zusammenarbeit erreicht“, erklärte Schäuble bei der Begrüßung der hundert Parlamentarier beider Länder. Nach der feierlichen Konstituierung am 25. März 2019 in Paris beginne man jetzt mit der konkreten parlamentarischen Arbeit.
„Unterschiedliche Parlamentskulturen treffen aufeinander“
Schäuble lobte, seinem Amtskollegen Ferrand sei es im Vorfeld „immer wieder gelungen, Schwung in die Verhandlungen zu bringen, wenn beide Positionen unvereinbar schienen“. Denn „in der Versammlung treffen auch zwei ganz unterschiedliche Parlamentskulturen aufeinander. Und das ist weltweit einzigartig.“
Die Zusammenarbeit sei angesichts der aktuellen Probleme und politischen Herausforderungen drängender denn je. Es gehe darum, Übereinstimmung in zentralen politischen Standpunkten anzubahnen und die parallele Umsetzung in politisches Handeln zu ermöglichen.
Der Präsident der Assemblée nationale unterstrich: „Deutschland und Frankreich haben sich ein gemeinsames Haus gegeben – im Dienste Europas.“ Zu den wichtigen Aufgaben gehöre die Kontrolltätigkeit der Versammlung, um die Umsetzung des Vertrags von Aachen zu überwachen, außerdem grenznahe Schwierigkeiten zu lösen und spürbare Ergebnisse für die Bürger zu erreichen. Insofern sei die gemeinsame Länderkammer „ein Geschenk der Geschichte“, das die Freundschaft beider Länder vertiefe und weitere Annäherung bringe.
Beide Parlamentspräsidenten, die sich im Vorfeld bereits zu einem bilateralen Gespräch getroffen hatten, dankten den Vorsitzenden der Versammlung, Andreas Jung (CDU/CSU) und Sabine Thillaye (La République en Marche), für ihre bisherige Arbeit, die nun in konkrete politische Projekte übergehe, um grenzüberschreitende Hindernisse zu beseitigen und einen kohärenteren deutsch-französischen Wirtschaftsraum zu schaffen.
Bürgerfonds und gemeinsame Kulturinstitute geplant
Die Versammlung verabschiedete zunächst einstimmig die gemeinsame Geschäftsordnung. Danach standen der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) und die französische Staatssekretärin für Europäische Angelegenheiten, Amélie de Montchalin (La République en Marche), den Abgeordneten Rede und Antwort. Maas bezeichnete die Zusammenarbeit beider Staaten als „Basis für die europäische Integration“ und betonte, der deutsch-französische Ministerrat werde bei seiner nächsten Sitzung am 16. Oktober Beschlüsse zur konkreten Umsetzung des Aachener Vertrages fassen.
Unter anderem sei geplant, ab 2020 einen Bürgerfonds ins Leben zu rufen, um das zivilgesellschaftliche Engagement in beiden Ländern zu fördern. Ebenfalls 2020 sollen laut Maas fünf weitere deutsch-französische Kulturinstitute eröffnet werden, um weltweit gemeinsam Kulturpolitik zu machen. Bereits Anfang des Jahres hatte der Vertrag von Aachen den Startschuss für vier Kulturinstitute in Bischkek (Kirgisistan), Erbil (Region Kurdistan im Irak), Rio de Janeiro und Palermo gegeben.
Der Außenminister kündigte außerdem an, dass das bereits 1963 gegründete Deutsch-Französische Jugendwerk seine erfolgreiche Arbeit fortsetzen und ausweiten werde. Bereits am 30. September werde der Ausschuss für grenzüberschreitende Zusammenarbeit seine Arbeit aufnehmen.
Regierungen wollen Abgeordnete umfassend informieren
Staatssekretärin de Montchalin betonte, die Umsetzung des Aachener Vertrages müsse koordiniert ablaufen. Prioritäre Themen der Kooperation seien Wirtschaftspolitik, grüne Klimapolitik und die Stärkung europäischer Werte. Die Parlamente würden regelmäßig und transparent über den Stand informiert.
Im zweiten Teil der Sitzung, der nach einem Mittagessen um 14 Uhr beginnt, stimmen die Abgeordneten über zwei Vorlagen zur Umsetzung des Aachener Vertrages ab. Abgeordnete der Linksfraktion haben außerdem eine Vorlage „Für Frieden, Abrüstung und Verständigung in Europa“ vorgelegt, in der sie sich gegen gemeinsame Rüstungsprojekte, eine Vertiefung der militärischen Zusammenarbeit in Europa und eine Erleichterung von deutsch-französischen Rüstungsexporten aussprechen. Im Anschluss soll die Arbeitsgruppe „Ruptive Innovationen und Künstliche Intelligenz“ eingerichtet werden.
Aachener Vertrag steht vor Ratifizierung durch Parlamente
Der Vertrag von Aachen soll am 26. September im Bundestag und am 3. Oktober in der französischen Nationalversammlung ratifiziert werden. Die Sitzungen der DFPV – mit jeweils 50 Abgeordneten aus beiden Ländern – finden laut Geschäftsordnung mindestens zweimal im Jahr abwechselnd in Deutschland und Frankreich statt.
Die Versammlung soll Beschlüsse fassen und diese dem Bundestag und der Assemblée nationale als gemeinsame Entschließungen vorlegen. (haa/joh, 23.09.2019)