Fachgespräch über Drogen im Gesundheitsausschuss
Berlin: (hib/PK) Gesundheits- und Suchtexperten fordern bessere Hilfen für Konsumenten harter Drogen. Die Experten äußerten sich am Mittwoch in einem Fachgespräch des Gesundheitsausschusses zur akzeptierenden Drogenpolitik/Drogenarbeit in der Praxis. Konkret ging es um Strategien gegen Crack und Fentanyl.
Crack wird aus Kokain gewonnen. Fentanyl ist ein synthetisch hergestelltes Opioid. Die Experten warnten davor, dass Drogen wie Crack und Fentanyl zunehmend auf den deutschen Markt gelangen. Demzufolge müssten für Konsumenten mehr niedrigschwellige Hilfsangebote zur Verfügung gestellt werden.
Der Facharzt Thomas Peschel von Patrida, einer Einrichtung zur Behandlung von Drogenkonsumenten, sagte im Ausschuss, es drohe ein Versorgungsengpass in der Substitutionsmedizin. Schon jetzt würden nur 50 Prozent der Abhängigen erreicht. Hinzu kämen Probleme wie Wohnungslosigkeit und unversicherte Patienten. Das Hilfesystem sei überfordert. Die Lage sei vergleichbar mit der Heroin-Epidemie Ende der 1990er Jahre. Es sei an der Zeit, wieder ein Modellprojekt zu entwickeln mit Interventionsmethoden, sonst werde es große Probleme geben im öffentlichen Raum.
Nina Pritszens vom Verbund für integrative soziale und therapeutische Arbeit in Berlin sagte, es gebe Regionen und Städte in Deutschland, die sich schon seit über 20 Jahren mit dem Crack-Problem auseinandersetzten. Neu sei, dass dieses Problem zunehmend sichtbar werde und auch Regionen erreiche, die bisher nicht so stark betroffen waren, Berlin etwa. Es müssten dringend die Behandlungsmöglichkeiten verbessert werden. Suchthilfe und Psychiatrie sollten besser kooperieren. Angesichts der Dynamik des Konsums seien flexible Konzepte nötig mit geringen Zugangsbarrieren.
Ähnlich äußerte sich Raphael Schubert von der Fixpunkt gGmbH, die sich mit Drogenhilfe und Gesundheitsförderung befasst. Seiner Einschätzung nach sind Drogenkonsumräume und Substitution erfolgreiche Konzepte. Den Betroffenen müsse ein sicherer und sauberer Drogenkonsum ermöglicht werden. Gut erreichbare, gut finanzierte und gut ausgestattete Konsumräume könnten viele Leben retten, auch im Fall von Crack. Er warb dafür, das Konzept der Konsumräume flexibel weiterzuentwickeln. Er fügte hinzu, die Substitution sei wirksam, aber nicht für alle Betroffenen erreichbar.
Heino Stöver vom Institut für Suchtforschung (ISFF) der Frankfurt University of Applied Sciences sprach von einer Crack-Welle, die seit einigen Jahren zu beobachten sei. Vorher sei die Droge hauptsächlich auf Frankfurt, Hamburg und Hannover begrenzt gewesen. Mittlerweile sei Crack in den meisten deutschen Großstädten verbreitet. Das habe mit der wachsenden Menge an Kokain zu tun, die über die Seehäfen in Europa ankomme. Problematisch seien auch Fentanyl und andere synthetische Opioide. Es seien Schlüsselstrategien notwendig, um sich auf die Auswirkungen eines wachsenen Marktes vorzubereiten, darunter Frühwarnsysteme, E-Health-Angebote, Drug-Checking und Drogenkonsumräume.