Schwierigkeiten von Kulturschaffenden mit Familie
Berlin: (hib/PST) Ob Musik oder Malerei, Künstlerleben und Familienleben sind oft nur schwer unter einen Hut zu bekommen. Das berichteten vier Expertinnen in einem Fachgespräch des Ausschusses für Kultur und Medien zum Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Kultur- und Kreativbereich“ am Mittwoch. Bei Frauen bedeuteten Kinder oft einen Karriereknick.
Gabriele Schulz vom Deutschen Kulturrat berichtete, dass abhängig Beschäftigte im Kultur- und Kreativsektor überdurchschnittlich oft nur befristet angestellt seien und zudem häufig die Verfügbarkeit in Abendstunden erwartet werde, was ein Familienleben erschwere. Deutlich schwieriger noch gestalte sich die Vereinbarung von Familie und Beruf bei Solo-Selbständigen. Frauen mit Familie könnten weniger Präsenz dort zeigen, wo sich die Szene trifft und Kontakte knüpft. Das mache sich dann beim Einkommen bemerkbar. Werke von Frauen würden „weniger gezeigt, weniger aufgeführt, weniger besprochen“, stellte Schulz fest. Besonders schwierig sei es für Frauen, die sich vorübergehend auf die Familienarbeit konzentrierten, danach wieder auf dem Markt Fuß zu fassen.
Die Bildende Künstlerin, freischaffende Museumspädagogin und Kuratorin Ines Doleschal ist Mutter von drei Kindern und hat das Aktionsbündnis „fair share! Sichtbarkeit für Künstlerinnen“ mitgegründet. Sie berichtete von prekären Einkommensverhältnissen insbesondere von Frauen im Kunstbetrieb und den besonderen Schwierigkeiten, trotz Kindern Erfolg zu haben. Viele Künstlerinnen, die eine Karriere anstrebten, verzichteten deshalb auf Kinder. In der Weltrangliste der Bildenden Kunstschaffenden dominierten Männer, und die wenigen dort verzeichneten Frauen seien, im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen, meist kinderlos. Nach Doleschals Einschätzung ist der Kunstbetrieb „sexistisch und misogyn, elitär und exklusiv“.
Die Leiterin der Equal Pay Day Kampagne, Uta Zech vom Verband „Business and Professional Women (BPW) Germany“, führte aus, dass der Gender Pay Gap in Kunst und Kultur laut Statistischem Bundesamt über dem Durchschnitt aller Berufe liege. Sie benannte eine Reihe von Gründen, warum Frauen in diesem Bereich weniger verdienen als Männer. Dazu gehörten Geschlechterstereotypen, das Fehlen von Frauen in Entscheidungspositionen, aber eben auch die häufige Unvereinbarkeit von Familie und Beruf. Zech berichtete von einer Studie, in der kunstverständige Menschen den Wert von computergenerierten Bildern schätzen sollten. Dabei seien dieselben Bilder höher bewertet worden, wenn als vermeintlicher Urheber ein Männername statt ein Frauenname angegeben wurde.
Über ihre eigenen Gewissensbisse, wenn sie für ihre Kunst unterwegs statt bei ihrem Kind ist, berichtete die Komponistin Vanessa Donelly. Gesellschaftliche Normen und familiäre Erwartungen prägten ihrer Schilderung zufolge auch die Künstlerinnen selbst, nicht nur ihre Umwelt. Donelly konnte aus ihrem Schaffensbereich aber auch von positiven Entwicklungen berichten. Gerade in der Filmbranche würden Komponistinnen vermehrt nachgefragt. Dabei kämen die Anfragen vor allem von Frauen in verantwortlichen Positionen, etwa von Redakteurinnen oder Produzentinnen. Als Wunsch an die Kulturpolitik nannten die befragten Expertinnen besonders oft Förderprogramme für nicht mehr ganz junge Künstlerinnen, die nach einer Familienphase wieder am Markt Fuß fassen wollen.