Hinweisgeberschutzgesetz passiert Rechtsausschuss
Berlin: (hib/SCR) Wer verfassungsfeindliche Äußerungen von Beamtinnen und Beamten meldet, soll künftig unter den Hinweisgeberschutz fallen und somit vor Repressalien geschützt sein. Das soll auch für Äußerungen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle gelten. Das sieht eine auf Antrag der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vom Rechtsausschuss am Mittwochmittag mehrheitlich angenommene Änderung am Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Hinweisgeberschutz (20/3442) vor.
Danach sollen die Schutzmechanismen des geplanten Hinweisgeberschutzgesetzes auch für Meldungen von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern gelten, die sich auf „Äußerungen von Beamtinnen und Beamten, die einen Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue darstellen“, beziehen. In der Begründung beziehen sich die Koalitionsfraktionen explizit auf die Diskussion um den Umgang mit sogenannten „Reichsbürgern“ im öffentlichen Dienst. „Die Verfassungstreue ist insbesondere verletzt, wenn ein Beamter beispielsweise die Existenz der Bundesrepublik Deutschland in Abrede stellt und die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnt. Er verletzt so seine gesetzlich normierte Verfassungstreuepflicht in schwerwiegender Weise“, heißt es dort. Der Begriff der Äußerung soll nach Darstellung der Fraktionen mündliche sowie schriftliche Äußerungen etwa in Chats umfassen und auf andere Weise etwa durch Gebärden getätigte Äußerungen.
Eine weitere wesentliche Änderung bezieht sich auf den Umgang mit anonymen Meldungen. Der Regierungsentwurf hatte vorgesehen, dass sich die in Unternehmen beziehungsweise öffentlichen Stellen einzurichtenden Meldestelle sowie die einzurichtenden externen Meldestellen mit anonymen Meldungen hätten beschäftigen sollen. Nun ist vorgesehen, dass sich die Meldestellen damit beschäftigen müssen. Dafür sollen die Meldestellen entsprechende Vorkehrungen treffen, um auch eine anonyme Kommunikation zwischen Hinweisgebenden und Meldestellen zu ermöglichen.
Eine weitere Änderung an dem Gesetzentwurf, der den Ausschuss schließlich mit Koalitionsmehrheit gegen die Stimmen von CDU/CSU und AfD bei Enthaltung von Die Linke passierte, sieht vor, dass auch der Digital Markets Act der Europäischen Union zum sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes gehören soll. Damit wird eine entsprechende EU-Vorgabe umgesetzte. Weitere Anpassungen beziehen sich etwa auf Anreize zur Nutzung interner Meldestellen, Konzernmeldewege, die Regelung zur Einrichtung von Meldestellen kommunaler Unternehmen, Löschfristen sowie Ausnahmen im Bereich von Nachrichtendiensten. Zudem sollen Hinweisgebende, die Repressalien erleiden, auch dann eine Entschädigung in Geld verlangen können, wenn es sich nicht um einen Vermögensschaden handelt.
Angenommen wurde zudem ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen. Keine Mehrheit fand ein Änderungsantrag der AfD-Fraktion . Für erledigt erklärt wurde ein Antrag der AfD-Fraktion unter dem Titel „Hinweisgeberschutz auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung“ (20/3317).
Die hib-Meldung zu dem von der Bundesregierung vorgelegten „Entwurf eines Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-912166
Die hib-Meldung zur Sachverständigenanhörung zu dem Gesetzentwurf: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-917250
Die hib-Meldung zum für erledigt erklärten AfD-Antrag: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-909042