Ausschuss berät aktuelle Situation der Energieversorgung
Berlin: (hib/NKI) Der Ausschuss für Klimaschutz und Energie hat sich am Mittwoch von der Regierung über die aktuelle Situation der Energieversorgung in Deutschland informieren lassen, insbesondere im Hinblick auf einen Fahrplan für den Ausstieg aus der russischen Gasversorgung und die von der Regierung beschlossene neue Gasumlage, die ab Oktober Energie noch einmal deutlich verteuern wird.
Stefan Wenzel (Grüne), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), betonte erneut, dass derzeit die Energieversorgung in Deutschland sichergestellt sei. Die Bundesregierung arbeite intensiv daran, die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen weiter zu reduzieren. Ziel sei es, die Erdgasimporte aus Russland bis zum Jahr 2024 auf zehn Prozent zu senken. Für Erdöl gelte weiter das Ziel bis Ende 2022. Derzeit führe die Bundesregierung keine Gespräche mit Russland zur Energieversorgung, hieß es. Am Mittwochmorgen hatten Medienberichte, wonach der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in den vergangenen Tagen zu Gesprächen mit Präsident Wladimir Putin in Moskau gewesen sei, für Diskussionen gesorgt. Die Füllstände der Gasspeicher lägen aktuell im Durchschnitt bei 70 Prozent, die größte Anlage im niedersächsischen Rehden ist laut Auskunft des Parlamentarischen Staatssekretärs zu 40 Prozent gefüllt.
Die Bundestagsabgeordneten wollten Details zu den einzelnen Fragen erfahren. So erkundigte sich die SPD-Fraktion nach dem Stand der sogenannten Stress-Tests für eine weitere Nutzung von Atomkraftwerken. Mit dem Ergebnis sei im Laufe der nächsten Wochen zu rechnen, hieß es.
Vonseiten der FDP-Fraktion wurde unter anderem die Frage gestellt, was eine mögliche Gasmangellage für den Strommarkt konkret bedeuten würde. Zudem gingen die Abgeordneten auf die Auseinandersetzungen wegen der Gas-Turbine ein, die bei der Gasleitung Nord Stream 1 im Einsatz ist. Die Wartung und Verschiffung der Turbine hatte in den vergangenen Wochen für viel Wirbel gesorgt. Die russische Regierung und der Energiekonzern Gazprom auf der einen Seite und Siemens Energy auf der anderen Seite beschuldigten sich zuletzt gegenseitig, die reibungslose Auslieferung und den Einbau zu verhindern. Die FDP-Fraktion forderte ein Ende dieser Debatte. Bei Nord Stream 1 seien insgesamt acht solcher Turbinen im Einsatz - wenn sechs davon liefen, sei ein Betrieb der Anlage unter Volllast möglich, die anderen zwei seien Ersatz-Turbinen. Man solle die politischen Spiele um die Turbine beenden.
Unterstützung bekamen die Liberalen in diesem Punkt von der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Zusammen mit der Bundesregierung solle der Bundestag Putin geschlossen entgegentreten, so die Forderung. Der EU-Plan, verbindliche Reduktionsziele zum Energieverbrauch durchzubringen, sei der richtige Weg. Spanien mache es derzeit vor, dort sollen Verbraucher 15 Prozent Strom einsparen. Eine weitere Notwendigkeit sei, dass die EU für sämtliche Mitgliedstaaten weltweit Energie beschaffe.
Die CDU/CSU-Fraktion forderte klare Antworten von der Bundesregierung. Dem Vertreter der Unionsfraktion ging es darum, zu erfahren, wann dem Bundestag der genaue Ausstiegsplan für russische Energielieferungen vorgelegt werde. Das sei bereits in den vergangenen Sitzungen versprochen worden. Zudem wolle man wissen, wann die geplanten schwimmenden LNG-Terminals in Wilhelmshaven, Brunsbüttel, Stade und Lubmin in Betrieb gingen. Eine genaue Antwort erhielt der Unionsvertreter nicht, es hieß, die Bundesregierung rechne mit der Aufnahme der Arbeit im Laufe des Herbstes 2022 beziehungsweise des Winters 2023.
Ein Parlamentarier der AfD-Fraktion wollte wissen, ob die Bundesregierung Gespräche mit Herstellern von Brennstäben, die für einen möglichen Weiterbetrieb von Atomkraftwerken nötig seien, führe. Es drohe im Winter eine Energiekrise, auch deshalb, weil in den vergangenen Wochen angeblich bereits 500.000 Heizluftgeräte verkauft worden seien.
Die Fraktion Die Linke erkundigte sich nach dem Stand der Verhandlungen um den Weiterbetrieb der Raffinerie PCK in Schwedt. Sollte bis Ende dieses Jahres kein Erdöl mehr aus Russland fließen, sollten andere Lieferländer einspringen, so die Forderung. Außerdem wollte Die Linke wissen, wie weit die Gespräche mit Vertretern aus Polen und über mögliche Öllieferungen aus Kasachstan seien.
Was alle Fraktionen umtrieb, war die Frage nach der neuen Gasumlage. Insgesamt sei die Zeitspanne zu knapp. Mitte August würden die Verbraucher von ihren Anbietern erfahren, wie viel sie pro Jahr mehr zahlen sollen. Für eine vierköpfige Familie seien Beträge von 1000 bis zu 3500 Euro im Gespräch. Staatssekretär Wenzel gab bekannt, dass die entsprechende Verordnung nach § 26 des Energiesicherungsgesetzes über einen finanziellen Ausgleich durch eine saldierte Preisanpassung (Gaspreisanpassungsverordnung - GaspreisanpassV) dem Bundestag Anfang August zugeleitet werde.