Entschädigung für vom „Radikalenerlass“ Betroffene gefordert
Berlin: (hib/STO) Um den „Extremistenbeschluss“ vom Januar 1972 geht es in einem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „50 Jahre sogenannter Radikalenerlass und Berufsverbote“ (20/2032). Wie die Fraktion darin schreibt, wurde mit dem von Bund und Ländern verabschiedeten Erlass eine Überprüfung der Bewerber für den Öffentlichen Dienst eingeführt, die mittels Regelabfrage beim Verfassungsschutz das jederzeitige Eintreten für die freiheitlich demokratische Grundordnung überprüfen sollte. Diese Anfrage habe auch auf bereits bestehende Dienstverhältnisse ausgeweitet werden können.
Nach Angaben von Betroffenenverbänden sei es den Folgejahren zu zirka 3,5 Millionen Überprüfungen gekommen, „die zu etwa 11.000 Berufsverbotsverfahren, 2.200 Disziplinarverfahren, 1.256 Ablehnungen von Bewerbungen und 265 Entlassungen führten“, heißt es in der Vorlage weiter. In seiner Wirkung habe der Erlass fast ausschließlich auf die gesellschaftliche Linke gezielt.
Ab 1976 schwächte die Bundesregierung die Anwendung des Erlasses ab, der jedoch generell bestehen blieb, wie die Fraktion ferner ausführt. 1985 habe das Saarland als erstes Bundesland die Regelanfrage abgeschafft, die in Bayern bis 1991 bestehen geblieben sei. In abgeschwächter Form werde „bis heute in einzelnen Bundesländern mittels ,Bedarfsabfragen' beim Verfassungsschutz eine Gesinnungsüberprüfung“ von Bewerbern für den Öffentlichen Dienst vorgenommen.
Die Bundesregierung wird in dem Antrag aufgefordert, „öffentlich ihr Bedauern über das durch den sogenannten Radikalenerlass erlittene Unrecht und die damit verbundenen negativen persönlichen Auswirkungen zum Ausdruck zu bringen und gegenüber den Betroffenen eine offizielle Entschuldigung zu äußern“. Auch soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion alle Betroffenen entschädigen und rehabilitieren und sich dazu mit den Bundesländern ins Benehmen setzen. Bei der Höhe der Entschädigung sollen dem Antrag zufolge insbesondere die finanziellen Nachteile berücksichtigt werden, „die infolge des Berufsverbotes bei der Altersversorgung entstanden sind“. Zudem fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, „die Folgen der Berufsverbote für die Betroffenen und ihre Auswirkungen auf die demokratische Kultur der Bundesrepublik wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen und die Ergebnisse angemessen öffentlich zu präsentieren“.