Wahlintegrität: Digitalausschuss debattiert ohne Plattformen
Berlin: (hib/LBR) Digitalpolitiker mehrerer Fraktionen kritisieren die Online-Plattformen Meta, X und TikTok dafür, dass sie dem Parlament nicht Rede und Antwort stehen. In seiner Sitzung am Mittwochabend debattierte der Digitalausschuss vor dem Hintergrund der Ende Februar anstehenden Bundestagswahl über die Durchsetzung des Digital Services Act (DSA) und Maßnahmen zum Schutz der Integrität von Wahlen - ohne die Plattformen. Die Vorsitzende Tabea Rößner (Grüne) betonte, der Ausschuss habe die Vertreter der Unternehmen rechtzeitig eingeladen. Diese hätten jedoch alle mit dem Hinweis darauf abgesagt, die Einladung käme zu kurzfristig. Das sei „gelinde gesagt nicht akzeptabel“, so Rößner. Am Donnerstagabend soll das Thema in einer Aktuellen Stunde auch das Bundestagsplenum beschäftigen.
Die Abgeordneten diskutierten sodann mit Renate Nikolay von der Generaldirektion der Europäischen Kommission und Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller. Nikolay berichtete über den Stand der Um- und Durchsetzung des DSA und die Bemühungen der Kommission zum Schutz der Integrität von Wahlen. Sie betonte, dass der DSA kein Inhaltegesetz sei: Es gehe nicht darum, bestimmte Inhalte zu genehmigen oder zu verbieten. Vielmehr gehe es darum, Verpflichtungen für Plattformen aufzubauen und systemische Risiken, die von Plattformen ausgehen, anzugehen. Dazu gehöre etwa, dass regelmäßig Bewertungen dazu durchgeführt werden müssen, wie Risiken, etwa beim Minderjährigenschutz oder der Wahlintegrität, so weit wie möglich reduziert werden können.
Inzwischen seien 25 Plattformen als große Plattformen benannt und zehn förmliche Untersuchungsverfahren eingeleitet worden - etwa gegen TikTok, X, Meta, aber auch Temu, berichtete Nikolay weiter. Viele Möglichkeiten aus dem Instrumentenkasten des DSA seien schon genutzt worden. So seien beispielsweise im Kontext der Wahlen in Rumänien Aufbewahrungsanordnungen gegen TikTok und X erlassen worden, um Zugang zu den Daten für Untersuchungen zu erhalten. Dabei gehe es um jüngste Änderungen an den Algorithmen und Empfehlungssystemen.
Seit der Europawahl 2024 seien zusätzliche Leitlinien für die Plattformen entwickelt worden, wie sie sich besser auf die Wahlen vorbereiten könnten, da sie ein stärkeres Monitoring benötigten, berichtete Nikolay. Mit Blick auf den AI Act und Deepfakes seien sie in den Leitlinien auch aufgefordert worden, KI-generierte Inhalte zu kennzeichnen. Außerdem habe man mit der Bundesnetzagentur einen Runden Tisch mit den Plattformen und der Zivilgesellschaft organisiert. Am Freitag soll es einen Stresstest geben, bei dem Szenarien getestet werden, was in den Wochen vor der Wahl, am Wahltag selbst oder wenn das Ergebnis bekannt werde, alles falsch laufen könne, berichteten die Kommissionsvertreterin und der Bundesnetzagentur-Präsident.
Die Abgeordneten erkundigten sich unter anderem nach den Auswirkungen der von Meta angekündigten Abkehr von Faktenchecks und Veränderungen im transatlantischen Verhältnis. Nikolay betonte, dass Meta deutlich gemacht habe, in Europa bei der Zusammenarbeit mit Faktencheckern zu bleiben. Eine Abkehr von der Zusammenarbeit sei aktuell nicht erkennbar. Aufgrund kurzfristig anberaumter Fraktionssitzungen musste die Diskussion nach der Hälfte der Fragen der Fraktionen abgebrochen werden.