„Alle Argumente für die Versorgungssicherheit ausgetauscht“
Berlin: (hib/LL) Der 2. Untersuchungsausschuss, der die staatlichen Entscheidungsprozesse zur nationalen Energieversorgung vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine untersuchen soll, hat am Mittwoch drei Zeugen angehört: den Präsidenten der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, sowie zwei Abteilungsleiter aus dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
Als dritter Zeuge erläuterte Volker Oschmann, Abteilungsleiter III „Strom“ im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Aufgaben und Arbeitsteilung im Ministerium. Fragen der unmittelbaren Versorgungssicherheit mit Gas und Strom vor dem Hintergrund von Krieg und Knappheit hätten dabei im Zentrum gestanden. Im Auftrag seines Hauses habe die Bundesnetzagentur dazu im Juli einen ersten und unter dem Eindruck neuer krisenhafter Entwicklungen im September einen zweiten Stresstest zur Stromversorgungslage unter Zugrundelegung verschärfter Annahmen vorgelegt. Man sei dabei von der Gesetzeslage ausgegangen, dass auch die verbleibenden drei Atomkraftwerke in Deutschland Ende des Jahres 2022 außer Betrieb gehen würden. Als eine besondere, aber nicht neue, Herausforderung habe sich dabei die zu geringe Kapazität der Netze herausgestellt, um etwa mit Windkraft erzeugten Strom vom Norden des Landes nach Süddeutschland zu transportieren. „Die Stromnetze in Deutschland sind nicht ausreichend ausgebaut. Darüber reden wir mindestens seit 2010“, sagte Oschmann. Bei einem Engpass hätten etwa in Bayern Gaskraftwerke zur Stromerzeugung angefahren werden müssen.
„Strom ist das neue Öl“, sagte Oschmann. „Wir mussten sicherstellen, dass alle in Deutschland genug Strom haben“, beschrieb der Zeuge den Auftrag seiner Abteilung im Wirtschaftsministerium. Der zweite Stresstest habe durchgeführt werden müssen, da im Laufe des Jahres 2022 weitere nicht vorhersehbare Risikofaktoren hinzugekommen seien, Annahmen, die der erste Stresstest außer Acht gelassen habe. So habe sich die Krise der französischen Nuklearenergie verschärft und mehr als die Hälfte der dortigen AKW habe im Sommer nicht zur Verfügung gestanden. Geringe Niederschläge hätten zudem der Energiegewinnung mittels Wasserkraft zugesetzt und durch niedrige Pegelstände etwa auf dem Rhein die Schifffahrt und den Transport von Kohle erschwert.
Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses interessierten zudem die Abläufe und Zuständigkeiten im Wirtschaftsministerium, zwischen den Fachabteilungen, Referaten und der Hausleitung sowie insbesondere die Rolle des Staatssekretärs und Vertrauten von Bundesminister . Robert Habeck, Patrick Graichen. Selbstverständlich habe man, wie nach außen kommuniziert, ergebnisoffen geprüft, ob unter der geltenden Rechtslage des Atomausstiegs die Versorgungssicherheit darstellbar sei und was es sonst für Optionen gebe, unterstrich Oschmann. Alle Argumente seien ausgetauscht worden mit dem Ziel, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.