Sorge über Menschenrechtslage im COP29-Gastgeberland
Berlin: (hib/SAS) Die Bundesregierung zeigt sich besorgt angesichts der zunehmenden Repressionen gegen die Zivilgesellschaft in Aserbaidschan. Seit gut einem Jahr greife Präsident Ilham Alijew immer härter gegen Kritiker, Oppositionelle und Medienschaffende durch, sagte ein Vertreter des Auswärtigen Amtes (AA) am Mittwochnachmittag im Menschenrechtsausschuss. Vor der Klimakonferenz in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku, die am Montag begann, hatten Menschenrechtsorganisationen auf die steigende Anzahl politischer Gefangener im Land hingewiesen. Der Vertreter des AA sprach von rund 300 Inhaftierten. Das seien dreimal so viele wie noch Anfang 2023. Berichte über die Lage der Verhafteten und ihrer Gesundheit nannte er beunruhigend.
Bundesaußenminister Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) plane deshalb während ihres Besuchs der Weltklimakonferenz in der kommenden Woche Treffen mit zivilgesellschaftlichen Akteuren, kündigte der Außenamts-Vertreter gegenüber den Abgeordneten an, die sich anlässlich der COP29 über die Lage der Menschenrechte und die Aktivitäten der Bundesregierung informieren ließen.
In ihren Gesprächen mit Regierungsmitgliedern setze sich Baerbock, ebenso wie zuvor auch schon Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gegenüber Staatspräsident Alijew für die Inhaftierten ein. Auch mit den Familienmitgliedern der Inhaftierten stehe das Auswärtige Amt in enger Verbindung; Mitarbeiter der deutschen Botschaft seien zudem bei Gerichtsverhandlungen anwesend, um zu zeigen, dass man verfolge, was im Land geschehe, so der Außenamts-Vertreter.
Er wiederholte zudem die Kritik des Auswärtigen Amtes an den für die Klimakonferenz nicht aufgehobenen Einreiseverboten gegen 76 Abgeordnete des Europarates, unter denen sich auch vier Bundestagsabgeordnete, beziehungsweise zwei Mitglieder des Menschenrechtsausschusses befinden. Die im August von aserbaidschanischen Behörden ausgesprochenen Einreiseverbote nehme man sehr ernst, versicherte der AA-Vertreter. Sie seien mit den Verpflichtungen des Landes im Europarat unvereinbar. Sollte das Einreiseverbot nicht aufgehoben und weitere Verpflichtungen des Europarats nicht erfüllt werden, könne Aserbaidschans Delegation, die am 24. Januar aus der Parlamentarischen Versammlung für mindestens ein Jahr ausgeschlossen worden war, nicht wieder zugelassen werden.
Abgeordnete mahnten deutlichere Reaktionen der Bundesregierung gegenüber Präsident Alijew an: Wünschenswert sei etwa, wenn das Ministerkomitee des Europarats stärker aktiv werde und mit der Parlamentarischen Versammlung an einem Strang ziehe, so ein Mitglied der SPD-Fraktion. Mit Blick auf den Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan drängte auch die Unionsfraktion dazu, Grenzen zu setzen. Ähnlich äußerte sich die AfD, die territorialen Ansprüche Bakus auf den Sangesur-Korridor thematisierte.
Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisierten, dass die Klimakonferenz ausgerechnet in einem Land stattfinde, dessen Führung vor einem Jahr 100.000 ethnische Armenier aus dem zuvor eroberten Berg-Karabach vertrieben habe. Die Cop29 nutze der Machthaber nun zur Reinwaschung. Die FDP fragte nach dem Einsatz Deutschlands für die Freilassung von noch immer inhaftierten armenischen Kombattanten. Aserbaidschan halte Anführer der Karabach-Armenier gefangen sowie auch armenische Kriegsgefangene.