Auswirkungen der US-Wahl auf Deutschland und die EU
Berlin: (hib/GHA) Im Wirtschaftsausschuss des Bundestages sind am Mittwoch die möglichen Auswirkungen der US-Wahl auf Deutschland und die Europäische Union erörtert worden. Dazu nahm der Ausschuss einen Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (Ausschussdrucksache 20(9)417) entgegen und debattierte mit dem Parlamentarischen Staatssekretär Michael Kellner (Bündnis90/Die Grünen) sowie der kurzfristig eingeladenen Professorin Ulrike Malmendier von der University of California, Berkeley.
In dem Schriftbericht zu den wirtschaftspolitischen Auswirkungen der US-Wahlen und der Wahl von Donald Trump zum künftigen US-Präsidenten heißt es, es müsse nun vermutlich „mit einer Verschärfung der restriktiven US-Handelspolitik“ gerechnet werden. Die zu erwartenden Zollanhebungen auf US-Einfuhren würden „die wirtschaftliche Entwicklung in der Welt insgesamt und in den betrachteten Ländern (USA, China und Deutschland) bremsen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß“. Die Bundesregierung verweist auf „Modellsimulationen“, nach denen die genannten Zollerhöhungen für das globale Bruttoinlandsprodukt in der mittleren Frist einen Rückgang um 0,5 bis 2,3 Prozent bedeuten könnten. Für Deutschland wiesen diese Simulationen mittelfristige Rückgänge des realen BIP zwischen 0,01 und 1,4 Prozent aus.
Staatssekretär Kellner erklärte, die Europäische Union habe schon in der Vergangenheit bewiesen, dass sie auf Handelszölle der USA „sehr gezielt und sehr bewusst“ reagiere. Allerdings sei es für konkrete Einschätzungen noch viel zu früh, da sich die künftige US-Administration gerade erst entwickle. Zu den Auswirkungen der Trump-Wahl auf den internationalen Klimaschutz sagte Kellner, auch in der ersten Amtszeit Trumps hätten viele US-Bundesstaaten ihre eigene Klimaschutzpolitik weiter betrieben, unabhängig von Washington. Außerdem werde es auch für die neue Administration unter Donald Trump nicht leicht, Klimaschutzmaßnahmen ohne schwerwiegende ökonomische Folgen zurückzunehmen oder aufzukündigen. Viele Technologiefirmen auch in den USA profitierten schließlich von der gegenwärtigen Transformation.
Die in den USA lehrende Ökonomin Ulrike Malmendier, auch Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, sagte vor dem Wirtschaftsausschuss, Trumps Wahlsieg sei „mehr als erwartet von Wirtschaftsthemen beeinflusst“ worden, vor allem von Inflation und Einkommenssituation der Mittelschicht. Dies sei deshalb erstaunlich, da die Inflation in den USA inzwischen zurückgegangen und die Wirtschaft in den Jahren der Biden-Administration um zwölf Prozent gewachsen sei. Auch die Löhne hätten sich positiv entwickelt. Daraus könne man den Schluss ziehen, dass die Inflation „langfristige Narben hinterlässt“, erklärte die Professorin.
Auf Fragen der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses sagte Ulrike Malmendier, es sei davon auszugehen, dass Trump seine Ankündigung, die Zölle auf US-Importe teilweise drastisch zu erhöhen, wahr macht. Zölle seien ein „typisches Instrument des Protektionismus und des Populismus“. Allerdings habe sich Trump schon in seiner ersten Amtszeit als sehr wankelmütig erwiesen. Daher könne es sein, dass er die hohe Inflationsgefahr durch Zölle erkenne und die Tarife nicht flächendeckend für ganze Industriezweige anhebe:„Höhere Zölle für begrenzte Sektoren - das könnte ich mir vorstellen“, erklärte Malmendier. Sorgen bereiten der Forscherin die Aussichten, dass Trump sich aktiv in die Geldpolitik der amerikanischen Notenbank einmischen könne. Das wäre „hoch gefährlich“. Sie wies auf die bereits bekannten Risiken in den amerikanischen Sozialsicherungssystemen hin.
Den Europäern empfahl die Ökonomin, die Vorteile des Binnenmarktes zu nutzen und keine protektionistischen Gegenmaßnahmen zu treffen. Nationale Befindlichkeiten sollten hinter die europäischen Interessen zurücktreten. Auf den Abschluss offener Handelsabkommen hoffe sie unter den gegebenen Umständen nicht. Deutschland müsse mehr in Infrastruktur, Sicherheit und Bildung investieren. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, müssten die Energie- und Arbeitskosten in Deutschland unbedingt abgesenkt werden, forderte Malmendier. Sie riet, die Maßnahmen des Wachstumspakets der Bundesregierung trotz der bevorstehenden Auflösung des Bundestages noch umzusetzen.