Kritik an Doppelrolle der geplanten Digitalagentur
Berlin: (hib/PK) Gesundheits- und Technikexperten begrüßen die Initiative zur Stärkung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen, sehen den vorgelegten Gesetzentwurf zur Gründung einer Digitalagentur in Teilen aber als problematisch an. Kritisch gesehen werden die Fristsetzungen mit Sanktionen und die umfassenden Kompetenzen der Digitalagentur, wie eine Anhörung des Gesundheitsausschusses zu dem Gesetzentwurf (20/13249) ergab. Die Sachverständigen äußerten sich am Montag in der Anhörung sowie in schriftlichen Stellungnahmen.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) warnte vor unrealistischen Fristsetzungen und Sanktionen. Es bestünden erhebliche Zweifel, dass die Neuregelungen zu einer besseren Versorgung, mehr Patientensicherheit und zur Entlastung der Leistungserbringer von Bürokratie führen werden. Die Sanktionierung der Krankenhäuser und Industrie würden voraussichtlich nur zu einer Kostensteigerung führen.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) erklärte, es sei zu begrüßen, dass die Digitalagentur mit einem neuen Mandat sicherstellen solle, dass Standards eingehalten und Nutzungshürden zur Steigerung der Wirksamkeit digitaler Anwendungen beseitigt werden. Jedoch müssten Aufgaben, mit denen die Digitalagentur beauftragt wird, einschließlich der Fristsetzungen auch künftig vom Gesetzgeber festgelegt werden. Eine Selbststeuerung der Digitalagentur sei nicht akzeptabel.
Die Bundesärztekammer (BÄK) befürwortete gesetzliche Änderungen, um die offensichtlichen Defizite der Telematikinfrastruktur (TI) anzugehen. Die unveränderte Anteilsmehrheit von 51 Prozent bei der künftigen Digitalagentur durch den Bund sei aber kritisch zu sehen. Diese Entscheidungsstruktur bilde nur unzulänglich eine von allen Betroffenen breit getragene Entwicklungs- und Umsetzungsstrategie ab.
Kritisch äußerte sich auch der Branchenverband Bitkom. Vorgesehen sei, dass die Digitalagentur als Marktakteur und Regulierungsinstanz agieren könne. Diese Doppelfunktion führe zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen. Durch die staatliche Kontrolle zentraler IT-Komponenten entstünden Monopole, die das Risiko flächendeckender Ausfälle erhöhten.
Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) kritisierte, der nötige Mittelbedarf werde überwiegend aus Beitragsmitteln aufgebracht werden müssen. Zudem sollten Kompetenzen, Aufträge für die Entwicklung und den Betrieb von Komponenten und Diensten der TI zu vergeben, gesetzlich normiert auf zentral und einmalig vorhandene Systeme beschränkt werden. Der Spitzenverband warnte vor einem Interessenkonflikt, weil die Digitalagentur an der Zulassung von Komponenten beteiligt sei. Dies werfe grundlegende Fragen zur Konzeption auf.
Die geplante Doppelrolle der Digitalagentur als Akteurin einerseits und Regulierungsbehörde andererseits wurde in der Anhörung in zahlreichen Stellungnahmen aufgegriffen und kritisiert. Zwar sei eine starke Instanz notwendig, um die Digitalisierung effektiv voranzubringen, etwa die elektronische Patientenakte (ePA), die Kompetenzen der neuen Agentur gingen aber womöglich zu weit, hieß es.