Entwicklung von Medikamenten gegen seltene Erkrankungen
Berlin: (hib/PK) Der Gesundheitsausschuss hat sich in einem Fachgespräch mit sogenannten Orphan Drugs befasst, Arzneimitteln zur Behandlung seltener Erkrankungen. Wie die Experten am Mittwoch im Ausschuss erklärten, werden betroffene Patienten in Deutschland aufgrund privilegierter Zugangsregelungen viel früher mit neuen Medikamenten versorgt als in anderen Ländern, allerdings zu sehr hohen Abgabepreisen.
Andreas Hochhaus von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DHGO) erklärte, die besondere Lage für Patienten mit seltenen Erkrankungen werde im Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (ANNOG) mit eigenen Regelungen für die Nutzenbewertung berücksichtigt. Es gebe Anreize, um die Entwicklung und Verfügbarkeit neuer Medikamente zu fördern. Das betreffe derzeit ein Plateau von etwa 35 Arzneimitteln pro Jahr.
Viele Verfahren beträfen die Hämatologie (Blutkrankheiten) und Onkologie (Krebserkrankungen). Die jetzige Regulierung sei im Wesentlichen sinnvoll, denn die Patienten dürfen nicht für die Seltenheit ihrer Erkrankung diskriminiert werden. Allerdings gebe es bei der Definition der Orphan Diseases und Orphan Drugs der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) Korrekturbedarf. Die Kriterien der EMA deckten den Versorgungsbedarf nicht vollständig ab.
Auch Josef Hecken vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) sagte, die Regelungen zur Privilegierung der Orphan Drugs hätten sich weitgehend bewährt. Deutschland sei bei der Versorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen weltweit führend. So stünden 90 Prozent der von der EMA zugelassenen neuen Medikamente innerhalb von sechs Wochen auf dem deutschen Markt zur Verfügung. Manche Krankheiten wie die spinale Muskelatrophie müssten früh therapiert werden. Hier komme das schnelle Verfahren den Patienten zugute.
Hecken räumte ein, dass die Therapien extrem teuer seien. Nur 0,07 Prozent der Rezepte entfielen auf Orphan Drugs. Diese Rezepte stünden jedoch für 12,8 Prozent der Arzneimittelausgaben in Höhe von insgesamt mehr als 50 Milliarden Euro.
Auf die hohen Kosten ging auch Maximilian Blindzellner vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ein. Anfang seien die Regulierer davon ausgegangen, dass Orphan Drugs für die Entwickler unwirtschaftlich wären. Tatsächlich sei der Markt für Orphan Drugs umsatzträchtig, hochprofitabel und stark wachsend. Das setze die Finanzen der GKV zusätzlich unter Druck. Es sei an der Zeit, die Förderung neu zu justieren und den Wettbewerb zu stärken. Nötig seien Belege für einen Zusatznutzen und angemessene Preise. Viele Orphan Drugs seien auch ohne Privilegien profitabel.