04.11.2024 Klimaschutz und Energie — Anhörung — hib 750/2024

Experten sehen Nachbesserungsbedarf bei Geothermie-Gesetz

Berlin: (hib/MIS) Der Ausschuss für Klimaschutz und Energie hat sich am Montag im Rahmen einer Expertenanhörung mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren von Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern sowie zur Änderung weiterer rechtlicher Rahmenbedingungen für den klimaneutralen Ausbau der Wärmeversorgung (20/13092, 20/13556) befasst.

Im Großen und Ganzen begrüßten die Expertinnen und Experten den Versuch der Bundesregierung, der Geothermie einen höheren Stellenwert im Rahmen der Energiewende zukommen zu lassen.

In jüngerer Zeit beobachte er einen „Run auf Erdwärme“, sagte Gregor Dilger vom Bundesverband Geothermie. Der vorliegende Gesetzesentwurf lasse neben guten Ansätzen aber auch einige wichtige Punkte vermissen. Als Beispiel nannte er das Stichwort Flächenverfügbarkeit. Bei der Vorbereitung von seismischen Messungen müsse bisher die Zustimmung einzelner Grundstückseigentümer zur Genehmigung etwa der Benutzung von Wegen eingeholt werden. Hier entstehe aktuell ein erheblicher, bürokratischer Aufwand. Dem könne mit einer allgemeinen Duldungspflicht „für solche kurzzeitigen und kaum spürbaren Maßnahmen“ abgeholfen werden, so Dilger.

Während die meisten Sachverständigen begrüßen, dass die Geothermie künftig im „überragendem öffentlichen Interesse“ sein soll, warnte Bernd Düsterdiek vom Städte- und Gemeindebund vor der Gefahr einer Konkurrenz mit anderen Wassernutzungen wie Trinkwasser, oder auch in der Industrie, dem Gewerbe und der Landwirtschaft.

Matthias Dümpelmann von der 8KU GmbH lobte den Gesetzentwurf ausdrücklich, da passe schon sehr viel, sagte er. Was er ergänzend forderte, war eine Ausweitung des Anwendungsbereichs auf zum Beispiel Speicher und den Netzausbau.

Carlotta Gerlach vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) kritisierte, der Entwurf betrachte den Bürokratieabbau für den Wärmepumpenausbau sehr einseitig mit Blick auf oberflächennahe Geothermie und benachteilige damit weitere technische Varianten für die Beschleunigung der Wärmewende. Auch der im Gesetzestitel benannte Punkt der Wärmespeicher und die Nutzung der Wärmepotenziale von Fließgewässern werde noch nicht ausreichend berücksichtigt.

Cornelia Nicklas (Deutsche Umwelthilfe) nannte die Geothermie „wichtig für eine klimafreundliche Energieversorgung“. Sie merkte allerdings kritisch an, dass der Entwurf die möglichen Gefahren geothermischer Bohrungen für die Umwelt „ - Schadensrisiken bei Bohrungen, mögliche Belastungen des Grundwassers mit Schadstoffen - mit keinem Wort anspricht“.

Herbert Pohl von der Deutsche Erdwärme GmbH sagte, Geothermie-Projekte können als Grundlast, die das ganze Jahr zur Verfügung steht, tausende Haushalte mit Wärme versorgen. Aber „um Geothermie umfassender nutzen zu können, müssen die Wärmenetze ausgebaut werden und Preise beziehungsweise die Abnahme während der Hochlaufzeit gesichert werden“.

Frank Schilling, Leiter des Landesforschungszentrums für Geothermie (LFZG) sagte, die Unwetter in Spanien und ihre Folgen zeigten, dass Nachhaltigkeit in allen Bereichen nötig sei. Er wünsche sich eine breite Unterstützung des Gesetzes durch den Bundestag - ein breiter Konsens politischer Akteure unterstütze die Kommunikation mit den Menschen vor Ort und gebe ihnen und den Kommunen zusätzliche Sicherheit.

Für Karin Thelen von der Stadtwerke München GmbH (SWM) ist die Geothermie ein „schlafender Riese unter unseren Füßen“, der endlich die angemessene Aufmerksamkeit bekomme. Den wesentlichen Anpassungsbedarf im vorliegenden Entwurf sehe sie auch bei der generellen Privilegierung von Geothermievorhaben in allen Genehmigungsbereichen, sagte Thelen.

Thomas Vienken von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) sieht die Herausforderungen zum einen in technischen Limitationen, zum anderen im regulatorischen Bereich. Das Ziel müsse neben der nachhaltigen ökologischen Nutzung auch eine ökonomisch optimierte Nutzung sein. „Denn wie bei der Nutzung viele regenerativer Energieträger stehen auch bei der Nutzung der Geothermie hohe Investitionen zu Beginn, die sich dann über die Betriebsdauer amortisieren müssen.“

Reinhard Müller-Syhre von der Gesellschaft für Fortschritt in Freiheit sagte, ihm erscheine der Entwurf „als eine rücksichtslose Kampagne zur Durchsetzung einer ideologiegetriebenen Technologie“. Dabei würden alle Risiken und Gefahren ignoriert und mögliche Vermeidungsmaßnahmen gezielt aus den relevanten Gesetzestexten gestrichen. Der Entwurf sei deshalb nicht nur in Teilen, sondern in seiner Ganzheit abzulehnen, heißt es in seinem schriftlichen Bericht.