04.11.2024 Inneres und Heimat — Anhörung — hib 749/2024

Gesetzentwurf zu Planungsverfahren verhalten bewertet

Berlin: (hib/FLA) Überwiegend verhalten bei prinzipieller Zustimmung haben Experten einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung in Planungs- und Genehmigungsverfahren (20/11980) bei einer Anhörung des Ausschusses für Inneres und Heimat bewertet. Darin soll die Bedeutung der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung dadurch hervorgehoben werden, dass sie im Verwaltungsverfahrensgesetz in einem eigenen Paragrafen normiert wird. Überdies geht es um die Vorgabe einer digitalen Übermittlung von Inhalt und Ergebnis von den Vorhabenträgern an Behörden und betroffene Öffentlichkeit.

Hauke Dierks, Deutscher Industrie- und Handelskammer (DIHK), sagte, das Ziel des Gesetzentwurfs werde unterstützt. Doch statt die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung verbindlicher zu regeln und damit die Dauer der Verfahren noch weiter zu verzögern, sollten im Gesetz die Anreize erhöht werden, die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung zu nutzen. Sie solle weiterhin freiwillig und in ihrer Form flexibel bleiben. Öffentlichkeitsbeteiligung sei in vielen Fällen gar nicht notwendig.

Silvia Haufe, 50Hertz Transmission GmbH, erklärte, ihr Unternehmen praktiziere im Rahmen des Ausbaus des deutschen Stromnetzes die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung. Es begrüße die vorgesehene Stärkung dieser Möglichkeit. Auch die Betonung einer Veröffentlichung in digitaler Form im Gesetzentwurf sei hilfreich. Für ihr Unternehmen als Vorhabenträger sei es sinnvoll, eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen, die das Genehmigungsverfahren inklusive der Genehmigungsbehörde entlaste und eine vertrauensvolle direkte Beziehung zu den vom Vorhaben Betroffenen aufbaue. Eine Formalisierung dieses Vorgehens sei nicht nötig.

Nicolas Klein, HAWK - Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst, Göttingen, legte dar, eine fachgerechte frühe Öffentlichkeitsbeteiligung könne in vielen Fällen zu einer Beschleunigung von Genehmigungsprozessen und einer erfolgreichen Projektumsetzung beitragen. Die Stärkung des Instruments der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung im Verwaltungsverfahrensgesetz sei dafür ein wichtiger Baustein. Einzelheiten seien allerdings diskussionswürdig. So sollte nach seiner Ansicht eine Stärkung der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung nicht dazu führen, dass Vorhabenträger durch zwingende gesetzliche Vorgaben zu sehr in ihrem Handlungsspielraum eingeengt würden.

Olaf Reidt, Redeker Sellner Dahs Rechtsanwälte, Berlin, erklärte, die bisherige gesetzliche Regelung zur frühen Öffentlichkeitsbeteiligung habe sich bewährt. Grund hierfür seien ihre Freiwilligkeit und die Flexibilität in der Ausgestaltung. Gleichwohl habe die Neuregelung einen Mehrwert, weil sie die Bedeutung der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung und eben die Flexibilität in den Ausgestaltungsmöglichkeiten nochmals deutlich herausstelle. Mehr solle allerdings, auch im Interesse von Verfahrenseffizienz und Beschleunigung, nicht geregelt werden.

Robert Seegmüller, Richter am Bundesverwaltungsgericht, Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin, befand, der Gesetzentwurf sei allenfalls eingeschränkt geeignet, das mit ihm verfolgte Beschleunigungsziel zu erreichen. So stelle sich die Frage, ob der mit der frühen Bürgerbeteiligung verfolgte Zweck die dadurch ausgelöste zusätzliche Verfahrensdauer überhaupt rechtfertigen könne. Er riet dazu, die Vorgaben für die frühe Bürgerbeteiligung zu hinterfragen. Sie dürften nicht zu konkret sein.

Marc Zeccola, Universität Stuttgart, vertrat die Ansicht, aus juristischer Perspektive werde sich durch die Umsetzung des Gesetzentwurfs die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung nicht wesentlich ändern. Optimierungen halte er für sinnvoll. Die grundsätzliche Kritik an einer Neugestaltung sei deshalb auch in der Folge zu erwarten. Die Akzeptanz sei zu fördern.