Bundesamt war mit Laufzeitverlängerung nicht befasst
Berlin: (hib/HLE) Das Bundesamt für Strahlenschutz war mit Fragen der Laufzeitverlängerung der letzten drei deutschen Atomkraftwerke nicht befasst. Dies erklärte BfS-Präsidentin Inge Paulini am Donnerstag bei ihrer Vernehmung im 2. Untersuchungsausschuss, der die Umstände des deutschen Atomausstiegs untersucht. Man habe im BfS allenfalls mittelbare Verbindungen zum Untersuchungsgegenstand des Ausschusses. Das BfS sei für Schutz der Menschen vor Strahlung zuständig. Als Beispiele nannte sie unter anderem Anwendungen in der Medizin und den Schutz vor Strahlung zum Beispiel durch Mobilfunk. Auch habe das BfS die Aufgabe der Gefahrenabwehr, wenn radioaktive Stoffe unerlaubt gehandelt oder verwendet wurden. Der radiologische Notfallschutz müsse so aufgestellt werden, dass der Schutz in Deutschland gewährleistet sei. Für energiepolitische Abwägungen habe das Bfs keine Zuständigkeiten.
Für die nuklearspezifizsiche Gefahrenabwehr sei das BfS zwar zuständig, schilderte Paulini. Das habe aber nichts mit dem Untersuchungsauftrag des Ausschusses zu tun. „Wir haben keine Zuständigkeit im Bereich des Untersuchungsgegenstandes.“ Das BfS sei zuständig, um die Strahlenexposition der Bevölkerung zu erfassen, auch im nicht ionisierenden Bereich. Dabei gehe es auch um den medizinischen Bereich. Man beobachte die Werte über ein eigenes Messsystem in Deutschland.
Auf Fragen von Abgeordneten nach Abteilungsleiterbesprechungen im Umweltministerium, an denen Paulini teilgenommen hatte, sagte sie, es habe sich um einen Informationsaustausch gehandelt, bei dem es um allgemeine Themen gegangen sei. Die in den Akten enthaltenen Papiere des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) zu den Auswirkungen einer möglichen Laufzeitverlängerung habe sie nicht gesehen und erinnere sich nicht, ob überhaupt und in welcher Runde über das Thema Laufzeiten gesprochen worden sei. Auf die Frage, ob sie sich in diese Debatte eingebracht habe, sagte die Zeugin: „Nein.“ Mit den Vorschlägen von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu einem Streckbetrieb der Kernkraftwerke habe sie dienstlich nichts zu tun gehabt. Sie habe die Aufgabe des radiologischen Notfallschutzes und nicht für Sicherheitsfragen von Atomkraftwerken.
Die Lage in der Ukraine werde intensiv beobachtet, erklärte Paulini. Das BfS informiere und berate das Umweltministerium und andere Stellen in der Regierung ständig über die Entwicklung in der Ukraine. Es habe in der Ukraine mehrfach Zwischenfälle an Kernkraftwerken gegeben. Die Messwerte hätten aber seit Kriegsbeginn keine Hinweise auf Freisetzung radioaktiver Stoffe geliefert. Der Ukraine-Krieg habe die Lage verändert. Dass Kernkraftwerke angegriffen werden würden, sei zuvor nicht vorstellbar gewesen. Das habe auch Auswirkungen auf den Notfallschutz. Kriegsszenarien seien jetzt einzubeziehen. Auch wegen der wachsenden Cyberbedrohungen habe sich die Lage verändert. Die Beobachtungssysteme müssten gehärtet werden.
Konfrontiert mit Aussagen auf der Homepage des Bundesamtes für Strahlenschutz, wonach das Risiko der Kernkraft nicht beherrschbar sei, sagte Paulini, sie habe diese Aussage auf Unfälle wie in Tschernobyl und Fukushima bezogen. „Die Geschichte hat gezeigt, dass diese Technologie nicht komplett beherrschbar ist“, erklärte Paulini. Ihre Aussage, die Nutzung der Kernernergie könne nicht wirtschaftlich betrieben werden, begründete sie mit dem ungelösten Problem der Endlagerung. Dass andere Länder vermehrt auf Kernkraft setzen würden, wollte sie nicht beurteilen. Angesprochen auf ein Interview, in dem sie gesagt hatte, es wäre besser, wenn in Europa keine Kernkraftwerke mehr liefen, erklärte Paulini, wenn es keine Kernkraftwerke gebe, könne es auch keine Strahlung geben. Radioaktivität mache vor Grenzen nicht halt.