Kritik am „antieuropäischen Kurs“ von Georgiens Regierung
Berlin: (hib/AHE) Die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP setzen sich für den EU-Beitritt Georgiens ein, üben aber deutliche Kritik am „autoritären und antieuropäischen Kurs“ der derzeit in Tiflis regierenden Partei „Georgischer Traum“. Mit diesem Kurs setze die politische Führung entgegen dem Wunsch der breiten Mehrheit der georgischen Bevölkerung die Zukunft des Landes in der EU mutwillig aufs Spiel, schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (20/13222), der am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht.
Gefordert wird unter anderem, dass keine weiteren Fortschritte im EU-Beitrittsprozess mit Georgien erfolgen sollen, solange das Gesetz zur sogenannten „Transparenz ausländischer Einflussnahme“ in Kraft ist. Dieses Gesetz sei unvereinbar mit den zentralen Werten und demokratischen Prinzipien der EU, argumentieren die Abgeordneten. Es stehe konkret im Widerspruch zu zwei der neun zwischen der EU und der georgischen Regierung vereinbarten Reformprioritäten, nämlich dafür zu sorgen, dass die Zivilgesellschaft frei agieren kann sowie Desinformation gegen die EU und ihre Werte zu bekämpfen. „Das Gesetz entspricht im Geiste dem russischen 'Ausländische-Agenten-Gesetz'“, heißt es im Antrag.
Die Bundesregierung solle „sich im Geiste der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 27. Juni 2024“ für freie und faire Parlamentswahlen durch Unterstützung von internationalen Wahlbeobachtungsmissionen der OSZE (ODIHR) und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates einsetzen sowie die künftige Ausgestaltung der Beziehungen mit Georgien auch von freien und fairen Parlamentswahlen abhängig machen. Weitere Forderungen zielen auf die „Rücknahme der Gesetze, die die Rechte von LGBTQIA+-Personen massiv einschränken“, sowie auf die Rücknahme des sogenannten „Offshore-Gesetzes“, welches wirtschaftliche Transparenz und Korruptionsbekämpfung schwächen sowie Sanktionsumgehungen ermöglichen könnte. Die Bundesregierung solle gegenüber der georgischen Regierung zudem darauf dringen, „die unrechtmäßige Strafverfolgung von friedlich Protestierenden durch Polizei und Staatsanwaltschaft einstellen“.
Die Abgeordneten verbinden ihre Kritik mit einem klaren Bekenntnis zur territorialen Integrität Georgiens. „Georgien war und ist bis heute Opfer imperialistischer, russischer Aggression. Seit dem Fünf-Tage-Krieg 2008 üben russische Truppen völkerrechtswidrig die de-facto-Kontrolle über ein Fünftel des georgischen Territoriums aus, und Russland hat die abtrünnigen Gebiete Südossetien und Abchasien als eigenständige Staaten diplomatisch anerkannt.“ Die Bundesregierung soll Russland weiterhin auffordern, „die territoriale Integrität Georgiens uneingeschränkt zu achten und jedwede russische Einflussnahme in den von russischen Truppen völkerrechtswidrig de facto kontrollierten Gebieten sowie Versuche der weiteren Destabilisierung Georgiens entschieden zu verurteilen“.