Solidarität mit Israel
Der Deutsche Bundestag hat einstimmig ein Zeichen der Solidarität und Unterstützung für Israel nach den Terrorangriffen der Hamas gesetzt. Mit den Stimmen aller Fraktionen haben die Abgeordneten am Donnerstag, 12. Oktober 2023 den Entschließungsantrag auf Drucksache 20/8736 angenommen.
Den Antrag hatten die Fraktionen der Regierungskoalition und die Unionsfraktion gemeinsam zu einer Regierungserklärung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) eingebracht - im Plenum stimmten dann auch AfD und Linke zu.
Der Beschluss im Wortlaut:
Entschließungsantrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zu der Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundeskanzler zur Lage in Israel - Drucksache 20/8736
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Der Staat Israel sieht sich seit den Morgenstunden des 7. Oktober 2023 einer noch nie dagewesenen Welle terroristischer Angriffe ausgesetzt. Nie zuvor in seiner 75-jährigen Geschichte war der Staat Israel einer solchen terroristischen Gewalt und Brutalität ausgesetzt. Die Angriffe auf Israel müssen umgehend beendet und alle Entführten müssen umgehend freigelassen werden.
Willkürliche Hinrichtungen und die Verschleppung unschuldiger Menschen ist durch nichts zu rechtfertigen. Denn hierbei handelt es sich nach internationalem Strafrecht um Kriegsverbrechen bis hin zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Der Deutsche Bundestag verurteilt diese barbarischen Gewaltakte aufs Schärfste und steht angesichts dieses furchtbaren Angriffs solidarisch und entschlossen an der Seite Israels und seiner Menschen. Israel hat ein Recht auf Selbstverteidigung. Das Existenzrecht Israels ist durch nichts zu relativieren.
Die Gedanken der Mitglieder des Deutschen Bundestags sind bei den Opfern der Angriffe, ihren Hinterbliebenen und allen, die um Leib und Leben bangen. Ihre Solidarität gilt den Menschen in Israel und dem einzigen jüdischdemokratischen Staat der Welt. Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson. Das gilt gerade auch angesichts der massiven Angriffe der vergangenen Tage. Israels Existenzrecht und Sicherheit sind für die Mitglieder des Deutschen Bundestags nicht verhandelbar. Dementsprechend muss Deutschland auf der Grundlage des Völkerrechts Israel alles Notwendige und Erwünschte zur Verfügung stellen, was es für die Verteidigung braucht.
Die palästinensische Terrororganisation Hamas hat in einer langfristig vorbereiteten Aktion tausende Raketen auf Israel abgefeuert und damit Tod und Zerstörung über Israel gebracht. Parallel dazu drangen rund tausend schwer bewaffnete Terroristen von Hamas und Islamischem Dschihad vom Gazastreifen auf israelisches Staatsgebiet ein und ermordeten gezielt Hunderte unschuldige israelische Bürgerinnen und Bürger, darunter Frauen, Kinder und Jugendliche, als auch Angehörige anderer Staaten. Darüber hinaus wurden Hunderte Menschen von Hamas-Terroristen in den Gazastreifen verschleppt. Ihr Schicksal ist ungewiss.
Der Deutsche Bundestag blickt mit Entsetzen auf die feigen Terrorakte gegen den Staat Israel und seine Bevölkerung. Der Deutsche Bundestag ist zutiefst erschüttert über das Ausmaß an menschenverachtender Gewalt, das von Hamas-Terroristen gegen israelische Zivilistinnen und Zivilisten verübt wurde und immer noch wird. Der Deutsche Bundestag verurteilt ebenso die Angriffe der Hisbollah aus dem Libanon auf Israel. Israel hat das völkerrechtlich verbriefte Recht, sich gegen alle Angriffe zu wehren und die Verantwortlichen dafür zur Rechenschaft zu ziehen.
Der Deutsche Bundestag ist zutiefst besorgt, dass der wiederholte Hamas-Terror zu einem langen Krieg führt, der Gewalt, Leid, Zerstörung und Blutvergießen mit sich bringt. Klar ist: Unter bewaffneten Konflikten leidet zuallererst die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten, insbesondere Familien, Frauen und Kinder. Die Verantwortung für die aktuelle Eskalation und ihre Folgen trägt einzig und allein die Hamas, die schon viel zu viel Leid über die Menschen in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten gebracht hat.
Die jüngsten Angriffe auf Israel zielen auch darauf ab, die Annäherung Israels an seine arabischen Nachbarn zu verhindern. Die bereits geschlossenen Abkommen, die sogenannten Abraham Accords, mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Marokko und Sudan sowie die Annäherung mit Saudi-Arabien und weiteren arabischen Staaten haben das Potenzial, Frieden und Stabilität in der Region zu befördern. Diese Entwicklung ist den Terrornetzwerken von Hamas und Hisbollah und deren Drahtziehern im Iran ein Dorn im Auge.
Die destabilisierende Rolle und das aggressive Vorgehen iranischer Revolutionsgarden, Milizen, Terrororganisationen und politischer Gruppierungen in Syrien, dem Libanon, im Irak und Jemen stellen eine Gefahr für die gesamte Region dar und in besonderem Maße für Israel. Dem stellt sich der Bundestag entschlossen entgegen.
Die schrecklichen Ereignisse in Israel und den palästinensischen Gebieten als Vorwand für Gewalt und antisemitische Hetze in Deutschland zu nutzen, ist verabscheuungswürdig. Eine Verhöhnung der Opfer muss klar verurteilt werden und darf nicht folgenlos bleiben. Hass ist keine Meinung. Jede Form von Hetze und Gewalt wird die volle Härte unserer Gesetze und unseres Rechtsstaates als Antwort haben. Der Deutsche Bundestag steht entschlossen für den Schutz aller Jüdinnen und Juden, jüdischer Einrichtungen sowie für die unbedingte Freiheit jüdischen Lebens in Deutschland ein. Die Sichtbarkeit jüdischen Lebens ist ein selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft.
Der Deutsche Bundestag stellt in dieser schweren Stunde fest, dass Deutschland und Israel heute mehr denn je durch ein dichtes Netz politischer, wirtschaftlicher, wissenschaftlicher, kultureller und zivilgesellschaftlicher Kontakte eng verbunden sind. Dieses gilt es angesichts des großen menschlichen Leids, das in diesen Tagen über Israel hereingebrochen ist, zu bewahren und auszubauen.
Ziel muss weiterhin eine zwischen Israel und den Palästinensern im Einvernehmen beschlossene Grundlage für ein friedliches Zusammenleben in zwei Staaten sein.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
- Israel vor dem Hintergrund der brutalen Angriffe gegen sein Land und unschuldige Bürgerinnen und Bürger volle Solidarität und jedwede Unterstützung zu gewähren;
- weiterhin aktiv für die Existenz und die legitimen Sicherheitsinteressen des Staates Israel als ein zentrales Prinzip der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik einzutreten und die Anstrengungen für eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung zu verstärken, im international geteilten Einvernehmen, dass dies die beste Chance für eine tragfähige Friedenslösung bietet, mit dem Ziel, die wiederkehrende Gewalt zu beenden und den Menschen auf der israelischen und palästinensischen Seite ein Leben in Sicherheit, Freiheit, Würde und mit gleichen Rechten zu ermöglichen;
- allen Kräften im Nahen und Mittleren Osten und darüber hinaus auch gegenüber anderen Staaten weltweit entschlossen entgegenzuwirken, die das Existenzrecht Israels sowohl mit aggressiver Rhetorik als auch mit Taten in Frage stellen oder die Sicherheit Israels gefährden und bedrohen; dies gilt auch und insbesondere für Staaten und nicht-staatliche Akteure, die Terrororganisationen wie Hamas und Hisbollah finanziell, materiell oder ideell unterstützen;
- weiterhin mit allen geeigneten Mitteln den Druck auf iranische Revolutionsgarden zu erhöhen und ihren destruktiven Aktivitäten im In- und Ausland wirksam entgegenzutreten sowie mit unseren Partnern auf die Nutzung zusätzlicher Sanktionen hinzuwirken und sich wegen der iranischen Finanzierung terroristischer Anschläge gegen Israel aus dem Libanon mit Nachdruck für eine Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation durch die EU aktiv einzusetzen;
- auf Basis des Völkerrechts Israel und legitime Interessen Israels in internationalen Organisationen vor einseitigen Angriffen zu schützen;
- das wiederentstandene vielfältige jüdische Leben und seine Institutionen als wichtigen Bestandteil des heutigen Deutschlands zu schützen und zu fördern, Solidarisierungsbekundungen in Deutschland mit den menschenverachtenden Angriffen palästinensischer Terroristen rechtsstaatlich entschlossen zu unterbinden und die Verantwortlichen dafür zur Rechenschaft zu ziehen und sich auch in Zukunft sehr entschlossen und mit allen Mitteln des demokratischen Rechtsstaats dem Antisemitismus, ob in Deutschland, Europa oder in anderen Teilen der Welt, entschieden entgegenzustellen;
- nach dem am 30. April 2020 erfolgten Vereinsverbot gegen die Vereinigung Hisbollah auch unverzüglich ein Betätigungs- und gegebenenfalls ein Organisationsverbot für die Hamas und ihre Unterstützer und Vorfeld- und Tarnorganisationen in Deutschland sowie auch gegen Samidoun zu erlassen und auf eine Schließung des Islamischen Zentrums Hamburg hinzuwirken,
- darauf hinzuwirken, dass die Sachverhalte, die sich am Abend des 7. Oktober 2023 auf den Straßen von Neukölln in Berlin und andernorts zugetragen haben, aufgeklärt und strafrechtlich geahndet werden. Dabei müssen alle rechtsstaatlichen Mittel ausgeschöpft werden, dazu können auch aufenthaltsrechtliche Maßnahmen gehören;
- weiterhin in Anerkennung der bisherigen Praxis zur regelmäßigen und sorgfältigen Evaluierung der Mittelvergabe durch die Bundesregierung zugleich vor dem Hintergrund der furchtbaren und beispiellosen Angriffe eine weitere und nochmalige Prüfung aller Mittel vorzunehmen. Bis zum Abschluss der Überprüfung sollen keine neuen Verpflichtungen eingegangen und alle etwaigen ausstehenden Zahlungen für den Gaza-Streifen mit Ausnahme humanitärer Hilfen, um grundlegenden, lebensnotwendigen Bedürfnissen Rechnung zu tragen, nicht getätigt werden. Langfristiges Ziel muss sein, die wichtige Unterstützung für die Menschen in den besetzten palästinensischen Gebieten unter anderem für Nahrungsmittelhilfe und Gesundheitsversorgung zu leisten, und damit ausschließlich positive Entwicklungsperspektiven zu fördern, menschenrechtsbasierte Strömungen in der Zivilgesellschaft zu stärken und somit zur langfristigen Lösung des Konflikts und zur Stabilisierung in der Region beizutragen, und gleichzeitig auszuschließen, dass diese Mittel weder direkt noch indirekt zur Terrorfinanzierung missbraucht werden können. Der Bundestag ist über die Ergebnisse der Überprüfung zeitnah zu informieren;
- den Angehörigen deutscher Opfer der Angriffe jede mögliche konsularische Unterstützung zukommen zu lassen und deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, zum Beispiel Schulklassen und Touristen, notwendige Unterstützungsleistungen anzubieten, um ihnen die Ausreise aus Israel zu ermöglichen;
- Israel und internationale Partner bei ihren Bemühungen für die Freilassung der Verschleppten zu unterstützen.
Berlin, den 10. Oktober 2023
Dr. Rolf Mützenich und Fraktion
Friedrich Merz, Alexander Dobrindt und Fraktion
Katharina Dröge, Britta Haßelmann und Fraktion
Christian Dürr und Fraktion