Pistorius fordert mutige Entscheidungen „für unsere Sicherheit“
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat dazu aufgerufen, „über Parteigrenzen hinweg mutige Entscheidungen für unsere Sicherheit“ zu treffen. In der Regierungsbefragung des Bundestages betonte der Minister am Mittwoch, 18. Dezember 2024, Deutschland müsse die Ukraine weiterhin unterstützen und zu seinen Zusagen an die internationalen Partner stehen: „Unsere wichtigste Währung ist unsere Verlässlichkeit“, sagte Pistorius. Die Menschen seien verunsichert, die Zeiten verlangten besonderen Zusammenhalt, Einigkeit und Geschlossenheit.
Die Bundeswehr müsse mit dem notwendigen Personal und Material ausgestattet sein: „Wir tragen Verantwortung, der Truppe in Zukunft die Unterstützung zu geben, die sie braucht und verdient.“ Frieden, Freiheit und Sicherheit seien die Basis für alles andere, der Blick „für das Wesentliche“ dürfe nicht verloren werden. Die Zeiten würden nicht ruhiger, einfacher und sicherer: „Wir stehen zu unserer Bundeswehr.“
Geywitz: Es müssen mehr Wohnungen gebaut werden
Neben dem Verteidigungsminister stellte sich auch die Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen Klara Geywitz (SPD) den Fragen der Abgeordneten. Der Krieg in der Ukraine habe auch Auswirkungen auf die deutsche Bauwirtschaft, die sich in einer Krise befinde. Es müssten mehr Wohnungen gebaut werden, dazu habe die Bundesregierung die Investitionen erhöht und Steueranreize eingeführt. Bis 2028 wolle die Regierung 209 Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau investieren.
Die Ministerin verwies auf Erfolge der Programme „Junges Wohnen“ und „Jung kauft Alt“, durch die Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft gesichert würden. Die Novelle des Baugesetzbuches befinde sich auf dem Weg, die Transformation der Wärmeversorgung sei vorangebracht worden, die Städtebauförderung sei eine „verlässliche Stütze des Bundes“. Schließlich dürften auch die Obdachlosen nicht vergessen werden, die Bundesregierung habe dazu einen Aktionsplan vorbereitet.
Waffen für Israel und Lage in Syrien
Vom Bundesverteidigungsminister wollte der CSU-Abgeordnete Florian Hahn erfahren, wie viele Waffen und Munition aus dessen Geschäftsbereich an Israel geliefert worden seien. Aus seinem Geschäftsbereich sei nichts an Israel geliefert worden, antwortete Pistorius.
Nach der Sicherheit in Syrien erkundigte sich Sara Nanni (Bündnis 90/Die Grünen). Während in Europa Freude vorherrsche, mache man sich in der Nachbarschaft Syriens auch Sorgen, erwiderte der Minister. Es gebe die Angst vor dem sogenannten Islamischen Staat (IS). Man setze darauf, dass Europa Präsenz zeigt und das Interesse der Region zur Kenntnis nimmt. Ob die USA Truppenteile aus dem Irak abziehen werden, stehe in den Sternen: „Man muss mit allem rechnen.“
Infrastruktur und Ukraine-Krieg
Dem FDP-Abgeordneten Alexander Müller teilte Pistorius mit, im Hinblick auf die Infrastruktur der Bundeswehr würden auf Ministerebene Gespräche geführt und Maßnahmen auf den Weg gebraucht, um Dinge zu beschleunigen und Prioritäten zu setzen. „Wir sind auf exzellentem Weg, aber es braucht noch Zeit, bis es Wirkung entfaltet“, sagte der Minister. Er könne sich alles vorstellen, was einvernehmlich mit den Ländern verabredet werden kann und schnell geht. Müller hatte gefragt, ob der Bund nicht eigene Liegenschaften bauen könnte.
Der AfD-Abgeordnete Rüdiger Lucassen konfrontierte den Minister mit einer Äußerung der Außenministerin Baerbock zu einer Entsendung von Bundeswehrsoldaten in die Ukraine, um einen etwaigen Waffenstillstand zu überwachen. Pistorius korrigierte den Fragesteller. Die Ministerin habe nicht gesagt, sie wolle Bundeswehrtruppen in die Ukraine schicken. Es verbiete sich, darüber zu spekulieren, und er beteilige sich nicht an Spekulationen. Nicht das Verteidigungsministerium schicke Truppen irgendwohin, sondern das Parlament.
Beschaffungsprojekte und Personalaufwuchs
Rebecca Schamber (SPD) erkundigte sich nach Beschaffungsprojekten der Bundeswehr. Der Minister nahm die Frage zum Anlass, sich bei der Unions- und der FDP-Fraktion dafür zu bedanken, dass sie bei Vorlagen mitgestimmt hätten, die man sonst nicht durchgebracht hätte. Dabei gehe es um unterschriftsreife Beschaffungen, etwa für Fregatten und U-Boote. Bei der Luftwaffe und den Landstreitkräften gebe es noch einiges zu tun, fügte der Minister hin, bei der Marine habe man einiges auf den Weg gebracht. Es gehe auch um Infrastruktur wie Kasernen und Munitionsdepots. All dies werde in den nächsten Jahren einen dreistelligen Milliardenbetrag erfordern.
Zaklin Nastic (Gruppe BSW) sprach einen etwaigen Personalaufwuchs der Bundeswehr an, der im Widerspruch zu der im „2+4“-Vertrag festgelegten Obergrenze stehen könnte. „Die Frage entbehrt jeder Grundlage“, entgegnete Pistorius. Niemand plane eine Erhöhung über diese Grenze hinaus. Geplant werde ein Personalbestand von 203.000, der wahrscheinlich Richtung 230.000 gehen kann. Selbst unter Einbeziehung der Reserve werde man sich an den „2+4“-Vertrag halten, so der Minister.
Bezahlbares Wohnen und sozialer Wohnungsbau
Bernhard Daldrup (SPD) erkundigte sich bei Bauministerin Geywitz nach der Bilanz des „Bündnisses für bezahlbares Wohnen“. Das Bündnis habe 189 Maßnahmen entwickelt, um Bauen schneller zu machen, berichtete die Ministerin. Es habe unterschiedliche Interessen der im Bündnis beteiligten Partner gegeben. Sie würde der nächsten Bundesregierung empfehlen, erneut ein solches Bündnis zu schaffen.
Deutschlandweit gebe es eine große Nachfrage nach Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaus, fügte Geywitz hinzu. Die Länder müssten die Bundesmittel kofinanzieren. Die Durchschnittsmiete in Deutschland liege unter acht Euro pro Quadratmeter, ein „starker sozialer Wohnungsbau“ werde gebraucht.
Heizungsgesetz und Kommunalfinanzen
Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) thematisierte das Heizungsgesetz, dessen Koautorin zusammen mit dem Wirtschaftsminister Geywitz gewesen sei. Vor zwei Wochen habe die Ministerin erklärt, das Heizungsgesetz sei zu komplex und müsse grundlegend überarbeitet werden. Woher der Sinneswandel kommt, wollte Luczak wissen. Die Ministerin erinnerte daran, dass schon im Gebäudeenergiegesetz (GEG) der Vorgängerregierung ein Zwangsaustausch von Heizungen nach 30-jähriger Betriebsdauer geregelt war. Die Regelungen müssten einfacher werden, so Geywitz.
Auch die AfD-Abgeordnete Carolin Bachmann interessierte sich für das Heizungsgesetz, das eine Belastung für die Bürger sei. Im Übrigen machte sie die Regierung für die „desaströse Finanzlage der Kommunen“ verantwortlich. Der Bundestag habe 270 Gesetze beschlossen, die die Kommunen direkt belasteten. Die Finanzausstattung der Kommunen sei Ländersache, entgegnete die Ministerin.
Klimaschutz und Wohnungslosigkeit
Christina-Johanne Schröder (Bündnis 90/Die Grünen) erkundigte sich nach den weiteren Schritten zum Klimaschutz in Gebäuden. Dazu sagte Geywitz, die Kommunen arbeiteten intensiv an ihrer Wärmeplanung.
Schröders Fraktionskollege Kassem Taher Saleh fragte danach, wann die Bundesregierung ihren Bericht zur Wohnungslosigkeit veröffentlicht. Die Beratung im Bundeskabinett sei für den 8. Januar vorgesehen, so die Ministerin. Ebenfalls im Januar finde ein Kongress statt, bei dem es um Lücken in der medizinischen Versorgung der Wohnungslosen gehe. Die bessere Koordinierung der Hilfesysteme sei dabei einer der „großen Punkte“.
Bauturbo und Sozialwohnungen
Daniel Föst (FDP) vermisste den „Bauturbo“, der in einem neuen Paragrafen 246e des Baugesetzbuches ermöglichen soll, dass Kommunen von den Vorgaben des Baugesetzbuches abweichen können, um schnell neuen Wohnraum zu schaffen. Die Wirtschaft warte auf diesen „Bauturbo“. Geywitz sagte, die Regierung habe im Parlament keine Mehrheit und wäre auf die Unterstützung der Union und der FDP angewiesen. Jetzt sei das Parlament „Herr des Verfahrens“.
Janine Wissler (Gruppe Die Linke) stellte fest, bei den Sozialwohnungen gebe es einen historischen Tiefstand. Mindestens 900.000 Sozialwohnungen fehlten. Die Ministerin antwortete, die Regierung stecke Rekordsummen in den sozialen Wohnungsbau, die Länder gestalteten ihre Programme nun attraktiver. So habe Berlin sich zum Ziel gesetzt, jährlich 5.000 Sozialwohnungen zu fördern. Das sei 2024 erstmals gelungen. Der Bau von Sozialwohnungen nehme allerdings Zeit in Anspruch. (vom/18.12.2024)