Aussprache über Einflussnahme der Verfassungsschutzämter
Der von Beatrix von Storch (AfD) erhobene Vorwurf, der „sogenannte“ Verfassungsschutz in seiner jetzigen Form schütze nicht die Demokratie, sondern sei eine Gefahr für die Demokratie, ist von Rednerinnen und Rednern aller anderen Fraktionen deutlich zurückgewiesen worden. Bei einer von ihrer Fraktion beantragten Aktuellen Stunde mit dem Titel „Mögliche Einflussnahme der Präsidenten der Verfassungsschutzämter verhindern – Ereignisse in Thüringen ernst nehmen“ am Freitag, 20. Dezember 2024, bezog sich die AfD-Abgeordnete insbesondere auf das Agieren des ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, sowie des Präsidenten des Amtes für Verfassungsschutz Thüringen, Stephan Kramer.
AfD kritisiert „persönlichen Kreuzzug“
Haldenwang habe nach seiner Einsetzung durch die damalige Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) den „Kampfauftrag“ bekommen, die AfD zu diffamieren, zu ächten, auszugrenzen „und ihre Wahlergebnisse zu drücken“, sagte Storch. Dies habe Haldenwang sogar zugegeben, in dem er gesagt habe, es sei „nicht allein der Verfassungsschutz dafür zuständig, die Umfragewerte der AfD zu senken“. Haldenwang, so die AfD-Abgeordnete weiter, dürfe nun „für seine treuen Dienste“ für die CDU für den Bundestag kandidieren.
Der Thüringer Verfassungschef Kramer wiederum stehe für einen „obsessiven, persönlichen Kreuzzug gegen die AfD“. Aktuell werde gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet, weil er einem Mitarbeiter seiner Behörden mit körperlicher Gewalt gedroht habe, sagte Storch.
SPD: AfD will Amtsträger verächtlich machen
Die AfD versuche mit falschen Vorwürfen und absurden Unterstellungen „staatliche Institutionen und ihre Amtsträger verächtlich zu machen“, entgegnete Carmen Wegge (SPD). „Damit möchte sie das Vertrauen in unsere demokratischen Strukturen und unseren demokratisch verfassten Staat immer weiter aushöhlen“, befand die SPD-Abgeordnete. Die AfD habe Angst vor dem Verfassungsschutz, weil dieser herausgefunden habe, dass die AfD voll mit Rechtsradikalen, Verschwörungstheoretikern, Rassisten, Menschenfeinden, Chauvinisten, Putin-Jüngern und Verfassungsfeinden sei. Daher wolle sie dessen Glaubwürdigkeit erschüttern.
Wegge betonte, der Verfassungsschutz sei „politisch neutral“. Seine Arbeit werde nach strengen Maßgaben kontrolliert. Im Übrigen sei es auch seine Aufgabe, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, wo und von wem Bedrohungen für die Demokratie ausgingen.
Union: Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung
Dr. Hendrik Hoppenstedt (CDU/CSU) machte deutlich: „Der Verfassungsschutz ist fester und unverzichtbarer Bestandteil einer wehrhaften Demokratie.“ Er sammle und bewerte Informationen über verfassungsfeindliche Bestrebungen. Zudem informiere er die Öffentlichkeit über seine Beobachtungen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterstehe zudem einer gerichtlichen wie auch parlamentarischen Kontrolle. „Das alles dient dem Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, sagte Hoppenstedt.
Es sei klar, dass es die AfD störe, wenn sich der Verfassungsschutz mit ihr befasst. Er müsse dies aber tun, so der Unionsabgeordnete, der beispielhaft auf die Aktivitäten der ehemaligen AfD-Abgeordneten Dr. Birgit Malsack-Winkemann verwies, die derzeit vor Gericht stehe, „weil sie Mitglied einer terroristischen Vereinigung sein soll“.
Grüne: AfD ist eine Gefahr für die Demokratie
Leon Eckert (Bündnis 90/Die Grünen) befand, es brauche den Verfassungsschutz gar nicht, „um zu erkennen, dass die AfD eine Gefahr für die Demokratie ist“. Eckert führte Beispiele von AfD-Kommunal- und Landespolitikern aus Bayern auf, die durch Journalisten öffentlich gemacht worden seien. So sei etwa der Landtagsabgeordnete Daniel Halemba, der in Gästebüchern mit „Sieg Heil“ unterschreibe, von seiner Fraktion als Landtagsvizepräsident vorgeschlagen worden.
Schaue man auf solche Fälle, könne jeder sehen, was für ein problematisches Verhältnis die AfD „zu unserer Verfassung und unseren Werten in Deutschland hat“, sagte Eckert. Diese Verfassungsfeindlichkeit ziehe sich durch die gesamte Partei.
FDP: Verfassungsschutz ist an Recht und Gesetz gebunden
Benjamin Strasser (FDP) ging auf die Personalie Kramer ein. Der Vorwurf, der Verfassungsschutzpräsident von Thüringen habe ein Gutachten zur Frage der Verfassungswidrigkeit der AfD unterdrückt und dem Verfasser körperliche Gewalt angedroht, sei hart, befand Strasser. In einem Rechtsstaat gebe es dazu aber Verfahren. Daher werde die Dienstaufsichtsbehörde, das Thüringer Innenministerium, in einem Disziplinarverfahren aufklären, „ob etwas an den Vorwürfen dran ist, oder nicht“. Wenn es so ist, müsse dies auch Konsequenzen haben, befand der FDP-Abgeordnete. Anders als von der AfD behauptet sei der Verfassungsschutz aber nicht politisch gelenkt. Er sei vielmehr an Recht und Gesetz gebunden.
Im Übrigen könne sich die AfD – anders als etwa in der früheren DDR oder in Russland – gegen die Einstufung als rechtsextremistischer Verdachtsfall juristisch wehren. Das habe die Partei auch getan, sei aber vor dem Oberverwaltungsgericht Münster gescheitert, sagte Strasser. (hau/20.12.2024)