Parlament

Kontroverse um Wirk­sam­keit der MLPD-Beteiligungs­anzeige zur Bundestagswahl

Mit einer strittigen Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Zulassung von Parteien zur Bundestagswahl, die voraussichtlich am 23. Februar stattfinden wird, hat sich der Bundeswahlausschuss am Dienstag, 10. Dezember 2024, auseinandergesetzt. Nach dem Bundeswahlgesetz müssen Parteien, die im Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl nicht aufgrund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten waren, schriftlich gegenüber der Bundeswahlleiterin anzeigen, dass sie sich an der Bundestagswahl beteiligen wollen. Eine solche Beteiligungsanzeige der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) ist am 7. Oktober 2024 eingegangen, wie Bundeswahlleiterin Dr. Ruth Brand zu Beginn der Sitzung mitteilte.

Vorstandswahlturnus widerspricht Parteiengesetz

Bei der Vorprüfung der Beteiligungsanzeige stellte Brand fest, dass die Beteiligungsanzeige unwirksam sei, weil der MLPD-Vorstand nicht handlungsfähig sei. Das Parteiengesetz schreibt im Paragrafen 11 nämlich vor, dass der Vorstand einer Partei mindestens in jedem zweiten Kalenderjahr gewählt werden muss. In der Satzung der MLPD ist jedoch festgelegt, dass deren „Zentralkomitee“ nur alle vier Jahre beim Parteitag gewählt wird, zuletzt im Jahr 2021. Auf diesen Umstand hatte die Bundeswahlleiterin die MLPD aufmerksam gemacht, um „eine rechtzeitige Mängelbeseitigung“ zu ermöglichen. 

Die Partei hatte daraufhin die Sondersitzung des Bundeswahlausschusses beantragt, weil sie der Argumentation der Bundeswahlleiterin nicht folgen mochte und unter anderem darauf hinwies, dass sie seit 2005 regelmäßig ohne Beanstandung an Wahlen teilgenommen habe. Den satzungsgemäßen Vierjahresturnus der Parteitage rechtfertigte Vorstandsmitglied Peter Weispfenning damit, dass die Parteitage ein Jahr Vorbereitungszeit erforderten und die innerparteilichen Wahlverfahren „sehr demokratisch“ seien.

Nach dem Austausch juristischer Argumente für und gegen die Sichtweise der Bundeswahlleiterin ergab die Abstimmung im Bundeswahlausschuss ein differenziertes Bild. Dem Vorschlag Ruth Brands, dass der Vorstand der MLPD die Partei beim Einreichen der Beteiligungsanzeige nicht wirksam vertreten konnte, folgten sieben Ausschussmitglieder, drei votierten dagegen, wobei sich die Bundeswahlleiterin selbst enthielt. 

Nach Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen wird der Bundeswahlausschuss in seiner ersten regulären Sitzung voraussichtlich im Januar über die Zulassung zur Bundestagswahl entscheiden. Dann geht es nicht nur um die MLPD, sondern um alle politischen Vereinigungen, die eine Beteiligungsanzeige eingereicht haben. Nach dem Bundeswahlgesetz ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundeswahlausschuss erforderlich, um die Anerkennung als Partei abzulehnen.

Satzung, Programm, Mitgliederzahl

Im weiteren Verlauf der Sitzung verlangte die Bundeswahlleiterin von der MLPD den Nachweis, dass Satzung und Programm der Partei ordnungsgemäß beschlossen wurden. Dass der Nachweis erbracht wurde, bestätigte der Bundeswahlausschuss mit einstimmigem Votum erst, nachdem Weispfenning an Eides Statt erklärt hatte, dass Satzung und Parteiprogramm ordnungsgemäß zustande gekommen sind.

Als letzten Punkt beschäftigte den Ausschuss die Mitgliederzahl der Partei. Brand verwies unter anderem auf den letzten Verfassungsschutzbericht des Innenministeriums, in dem die Zahl 2.800 genannt werde. Dieser Zahl widersprach Weispfenning nicht. Bundeswahlausschuss-Beisitzer Prof. Dr. Michael Brenner merkte allerdings an, dass von der Partei eine eigene Angabe und nicht der Verweis auf den Verfassungsschutzbericht gefordert werde. 

Zusammensetzung des Bundeswahlausschusses

Der Bundeswahlausschuss besteht aus der Bundeswahlleiterin und acht von ihr berufenen Wahlberechtigten als Beisitzer und zwei Richtern des Bundesverwaltungsgerichts. Der Ausschuss entscheidet unter anderem, welche Vereinigungen, die fristgerecht vor der Wahl der Bundeswahlleiterin ihre Beteiligung angezeigt haben, als Parteien anerkannt werden. Er entscheidet auch über Beschwerden gegen die Zulassung oder Nichtzulassung von Landeslisten der Parteien. Seine Sitzungen sind öffentlich.

Der Bundeswahlausschuss für die 21. Wahlperiode hat sich am 20. November konstituiert. Ihm gehören an:  Vorsitzende: Dr. Ruth Brand, Bundeswahlleiterin; Beisitzerinnen und Beisitzer: Prof. Dr. Stefan Birkner (FDP), Prof. Dr. Michael Brenner (CDU), Emily Büning (Bündnis 90/Die Grünen), Petra Kansy (CDU), Roman Reusch (AfD), Dr. Johannes Risse (SPD), Tobias Schmid (CSU), Dr. Andy Woditschka (SPD); Mitglieder: Prof. Dr. Günter Burmeister, Richter am Bundesverwaltungsgericht, und Petra Hoock, Richterin am Bundesverwaltungsgericht.

Stellvertreterinnen und Stellvertreter: Heinz-Christoph Herbertz, stellvertretender Bundeswahlleiter; stellvertretende Beisitzerinnen und Beisitzer: Daniela Masberg-Eikelau (FDP), Prof. Dr. Hans Hofmann (CDU), Dr. Justus Duhnkrack (Bündnis 90/Die Grünen), Gabriele Hauser (CDU), Hans-Holger Malcomeß (AfD), Jürgen Gasper (SPD), Henry Frank (CSU), Sophia Simon (SPD); stellvertretende Mitglieder: Dr. Katharina Harms, Richterin am Bundesverwaltungsgericht, und Dr. Stephanie Gamp, Richterin am Bundesverwaltungsgericht. (vom/10.12.2024)