Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für Unternehmen
Der Bundestag hat sich am Freitag, 6. Dezember 2024, mit einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Insolvenzwelle stoppen – Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für Unternehmen schaffen“ (20/13617) befasst. Die Vorlage wurde nach der Aussprache an den Wirtschaftsausschuss zur weiteren Beratung überwiesen.
Union kritisiert „wirtschaftspolitische Irrfahrt“
Von drei Jahren „wirtschaftspolitischer Irrfahrt“ sprach Dr. Klaus Wiener (CDU/CSU) zu Beginn der Debatte. Es vergehe kaum ein Tag, an dem nicht neue Hiobsbotschaften kämen. Immer mehr Unternehmen verlagerten Produktionsteile ins Ausland „oder schließen ganz“. Das habe damit zu tun, dass die Politik immer neue Hürden aufstelle. „Genau hier liegt das Versagen der Ampel“, betonte Wiener. Anstatt die Rahmenbedingungen am Standort Deutschland zu verbessern, sei in den vergangenen drei Jahren mit steigender Geschwindigkeit für einen Verlust von Wettbewerbsfähigkeit gesorgt worden. Das gelte allem voran für die Energiepreise, die im internationalen Vergleich viel zu hoch seien.
Zu Buche schlage aber auch der Mindestlohn, so Wiener. Es sei eine Binsenweisheit, dass der Lohnauftrieb maßgeblich vom Produktivitätsfortschritt und der Inflation abhängen müsse. Der Kanzler aber kippe den Unternehmen seine willkürlich gesetzten Lohnideen „unter grober Missachtung der Mindestlohnkommission“ einfach so vor die Tür.
SPD nennt Vorschläge „alt und abgenutzt“
Die Union wolle Steuersenkungen für Konzerne, den Rückbau sozialer Errungenschaften und das Festhalten an fossilen Brennstoffen, kritisierte Lena Werner (SPD) und nannte die Vorschläge „alt und abgenutzt“. Werner räumte zugleich ein, dass es wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf gebe. „Wir befinden uns in schwierigen Zeiten. Die konjunkturelle Durststrecke ist leider noch nicht zu Ende“, sagte sie. Gleichwohl dürfe man den Wirtschaftsstandort Deutschland „nicht schlechter reden als er ist“.
Von heut auf morgen, so Werner, habe Deutschland die Abhängigkeit vom russischen Gas zu spüren bekommen. Eine Abhängigkeit, die der SPD-Abgeordneten zufolge „CDU-geführte Regierungen vorrangig zu verantworten haben“. Die Union habe den Aufbau der Erneuerbaren Energie massiv blockiert und an ihrer fossilen Nostalgie festgehalten. „Diese Defizite spüren wir heute noch“, sagte sie. Werner nahm auch die Schuldenbremse in den Blick. Während andere Länder massiv investierten stehe Deutschland durch die Schuldenbreme seit Jahren still.
FDP warnt vor „schuldenfinanzierter Verschleppung notwendiger Reformen“
Reinhard Houben (FDP) äußerte die Sorge, dass sich die wirtschaftspolitische Position der Union in nächster Zeit erheblich ändern werde. „Sie ändern ihre Positionierung, sobald Sie selbst in Verantwortung sind“, sagte er. Sei die Union erst einmal in einer „Wohlfühlkoalition“ mit der SPD oder den Grünen angekommen, werde sie viele Dinge viel flexibler sehen als in ihrem Antrag gefordert.
Erste Lockerungsübungen bei der Schuldenbremse gebe es schon, sagte Houben. Nicht nur von den Ministerpräsidenten, sondern vom Kanzlerkandidaten Friedrich Merz persönlich. Das einende Element einer großen Koalition sei schon immer die „schuldenfinanzierte Verschleppung notwendiger Reformen“ gewesen. Inzwischen, so der FDP-Abgeordnete, könne sich ja Friedrich Merz auch Dr. Robert Habeck als Wirtschaftsminister vorstellen.
Grüne: Mussten Überzeugungen über Bord werfen
Die wirtschaftliche Lage sei nicht besonders rosig, befand Katharina Beck (Bündnis 90/Die Grünen). Gleichwohl sei es erschüttern, dass die Union ständig die Augen davor verschließe, „dass es nicht die Ampel-Regierung war, die massiv in eine Rezession oder Inflation reinmanövriert hat“. Es gebe eine Art hybride Kriegsführung Russlands gegenüber der Ukraine. Im Januar 2022 seien die Gasspeicher in Deutschland praktisch leer gewesen. Eine zehnprozentige Wirtschaftsschrumpfung sei prognostiziert worden. „Dann waren es Robert Habeck und die Menschen im Land, die zusammengestanden haben, um das abzuwehren“, sagte die Grünenabgeordnete.
Ihre Fraktion habe „Überzeugungen über Bord geworfen“. Das LNG-Terminal vor Rügen tue ihr weh, so Beck. Es sei aber wichtig gewesen, im Sinne der deutschen Volkswirtschaft zu handeln. Was da geleistet worden sei, müsse auch anerkannt werden, forderte sie.
AfD: Schlusslicht aller Industrienationen
Nach Einschätzung von Enrico Komning (AfD) ist nicht allein die aktuelle Bundesregierung für die Misere verantwortlich. „Das Ganze hat unter der Merkel-Ägide angefangen“, sagte er. Es sei die Union gewesen, die die Kernenergie abgeschafft, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz eingeführt und die Russland-Sanktionen mitgetragen habe. Zu sagen: Nur mit der Union könne es eine wirtschaftspolitische Wende geben, sei eine „Riesen-Farce“, sagte Komning.
Deutschland sei das Schlusslicht aller Industrienationen, sagte der AfD-Abgeordnete. Das sei die verheerende Bilanz von drei Jahren Ampel. Schuld an der fundamentalen Wirtschaftskrise seien eben nicht die äußeren Faktoren, so Komning. Die Eurozone wachse im kommenden Jahr doppelt so schnell wie Deutschland – die USA sogar dreimal so schnell. Schuld sei nicht der Krieg oder die Nachwirkung von Corona. „Schuld ist die Politik dieser und der letzten Bundesregierung“, befand der AfD-Abgeordnete.
Linke: Ein echtes Armutszeugnis
Jörg Cezanne (Gruppe Die Linke) sagte, die Ampel habe dem seit zwei Jahren anhaltenden Wirtschaftsabschwung abwartend und zögerlich gegenübergestanden. Nicht einmal die selbstgesteckten Ziele beim Wohnungsbau seien ernsthaft angegangen worden. „Das ist ein echtes Armutszeugnis“, resümierte er.
Die „kleinkarierten und ausschließlich angebotsseitigen Vorschläge“ des Unionsantrags zeigten aber, „dass mit Friedrich Merz keine Verbesserung auf der wirtschaftspolitischen Seite zu erwarten ist – eher im Gegenteil“.
Antrag der Union
Die CDU/CSU-Fraktion will mit mehreren Maßnahmen die Insolvenzwelle stoppen und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für Unternehmen schaffen. In einem Antrag (20/13617) wird der Regierung vorgeworfen, die steigende Zahl an Konkursen lange heruntergespielt und darauf verwiesen zu haben, dass ein Großteil des Anstiegs auf eine Normalisierung nach der Corona-Pandemie zurückzuführen sei. Mittlerweile sei jedoch das Vor-Corona-Niveau überschritten worden. „Von einer Normalisierung kann also keine Rede mehr sein“, heißt es in dem Antrag.
Zur Verbesserung der Lage der Unternehmen wird die Bundesregierung aufgefordert, den unter großem wirtschaftlichem Druck stehenden Unternehmenssektor zu entlasten und zunächst ein „Belastungsmoratorium“ in Kraft zu setzen. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz soll nach Vorstellung der CDU/CSU-Fraktion mit sofortiger Wirkung aufgehoben werden, Energiekosten sollen gesenkt und Anreize zur Arbeitsaufnahme gestärkt werden, indem das Bürgergeld durch eine neue Grundsicherung ersetzt wird. Die Höhe der Sozialabgaben soll begrenzt und die Unternehmenssteuern sollen gesenkt werden. (hau/hle/eis/06.12.2024)