Parlament

Europäische Jugendkon­ferenz diskutiert im Bundestag über Europa

Bärbel Bas steht in einer Gruppe von jungen Leuten in einem Saal des Bundestages

Bärbel Bas inmitten der europäischen Jugendvertreter auf der Youth Space Berlin Conference 2024 im Bundestag (© DBT/Stella von Saldern)

Die Jugend in Europa steht ein für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit. Das sei die eindeutige Botschaft der Europäischen Jugendkonferenz, sagte Bundestagespräsidentin Bärbel Bas beim Abendempfang für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Youth Space Berlin Conference am Donnerstag, 14. November 2024

Die Youth Space Berlin Conference mit 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 20 Ländern des Europarates und Belarus wird von der deutschen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PVER) gemeinsam mit dem Deutschen Bundesjugendring e.V. und der Jugendabteilung des Europarates am 14. und 15. November 2024 zum dritten Mal im Deutschen Bundestag ausgerichtet. Sie steht unter dem Motto „75 Jahre Europarat – Herausforderungen und Chancen bei der Gestaltung der Zukunft Europas“.

„Die Hoffnung auf ein Europa ohne Krieg“

Die Bundestagspräsidentin erinnerte in ihrem Grußwort die jungen Leute an die Gründungsumstände des Europarates. Vor 75 Jahren, nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges, sei das demokratische Deutschland in einem vereinten Europa wiederaufgebaut worden. Heute müsse man leider feststellen: „Die Hoffnung von damals, ein Europa ohne Krieg zu schaffen, hat sich noch nicht erfüllt“. 

Die Bundestagspräsidentin bekundete insbesondere gegenüber den Vertreterinnen und Vertretern aus der Ukraine und Belarus Deutschlands Solidarität. Der Europarat stehe unverzichtbar für die existenziellen Fragen von Demokratie und Menschenrechten. Und für mehr Jugendbeteiligung. Dazu habe die Organisation ihre „Türen weit aufgestoßen“.

„Mischen Sie sich in Parteien ein“

„Wir brauchen die Energie der europäischen Jugend, um unseren Demokratien frischen Wind und Stabilität zu geben“, sagte Bas und ermutigte die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer: „Mischen Sie sich in Parteien ein, treten Sie zu Wahlen an.“ Aus voller Überzeugung setze sie sich für eine Forderung der Jugendkonferenz des letzten Jahres ein: das Wahlalter ab 16. „Ich hoffe, dass 16-Jährige bald auch den Deutschen Bundestag wählen dürfen“, sagte die Bundestagspräsidentin. Gleichzeitig gehe es darum, „dass auch junge Menschen in unsere Parlamente gewählt werden“. 

„Bleiben Sie solidarisch miteinander und knüpfen Sie auch zukünftig europaweite Kontakte“, rief Bas die zum Abendempfang versammelten jungen Konferenzteilnehmer auf. „Leben Sie die europäischen Werte und seien Sie immer auch unbequem, wenn Sie diese Werte in Gefahr sehen.“

Chatzivassiliou-Tsovilis: Ihre Rolle ist unverzichtbar

Die jungen Menschen werden die nächsten 75 Jahre gestalten, sagte sie Generalsekretärin der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Dr. Despina Chatzivassiliou-Tsovilis. Die  gegenwärtigen Herausforderungen ob Konflikte, politische und finanzielle Krisen, globale Gesundheitsfragen oder der Klimawandel verlangten Lösungsansätze aus verschiedenen Perspektiven. Um genug Vielfalt zu garantieren, sei die Stimme der Jugend zentral. „Ihre Rolle ist unverzichtbar, wenn es darum geht, Angriffe auf die Demokratie abzuwehren, wie wir sie überall in Europa erleben“, nahm sie die jungen Leute in die Pflicht. 

Junge Menschen müssten in die Prozesse politischer Entscheidungsfindung und in die Implementierung von Politik voll integriert werden, forderte die Generalsekretärin. Ihnen müsse die Aufgabe zukommen, einen echten Beitrag leisten zu dürfen. Es würde das Vertrauen in staatliche Institutionen stärken und helfen, den Kreis von wachsendem Frust und schwindendem Engagement zu durchbrechen. 

Der Europarat habe sich in vielen Bereichen für die Jugendbeteiligung geöffnet. Auch die Versammlung bekomme dadurch Impulse und werde von den neuen Perspektiven, Energien und Lösungsansätzen profitieren. Sie fordert die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Jugendkonferenz auf, die neuen Möglichkeiten zu ergreifen, Parlamentarierinnen und Parlamentariern ihre Themen zu nennen und den neuen Möglichkeiten damit Wirkung zu verleihen.

„Ein Signal“ an die Führung in Aserbaidschan

„Skandalös und völlig inakzeptabel“ nannte es Frank Schwabe, Leiter der deutschen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, dass der aserbaidschanische Menschenrechtsverteidiger und Umweltaktivist Anar Mammadli, Träger des Václav Havel-Menschenrechtspreises des Europarates, in seinem Heimatland während der dortigen Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP 29) weiter aufgrund willkürlicher Anschuldigungen im Gefängnis sitze. 

In seinem Redebeitrag in der Aktuellen Stunde des Bundestages zur COP 29 am Donnerstagvormittag habe er daher „ein Signal“ an die Führung in Aserbaidschan senden müssen, die Demokratie und Menschenrechte systematisch einschränke. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Europäischen Jugendkonferenz im Deutschen Bundestag dankte er für ihr Engagement. 

„Kraft und frischer Wind“

Am Konferenzort, im Parlamentsviertel von Berlin, lasse sich erspüren, welche Idee der Gründung des Europarates zugrunde liege, sagte Schwabe. Man blicke auf historische und moderne Gebäude. Und diese stünden für den Lernprozess Deutschlands, für die Lehren, die man als Verursacher des Zweiten Weltkrieges aus der Geschichte gezogen habe. Heute stehe das Land für Demokratie. Aus diesem Grund: „Nie wieder Krieg“ habe man vor 75 Jahren den Europarat gegründet. Heute lade man junge Menschen in den Europarat ein, damit diese erfassen könnten, worum es dieser Organisation gehe und was man aus den Schrecken des Zweiten Weltkriegs gelernt habe. 

Aber nicht nur der Blick in die Vergangenheit sei wichtig. „Sie stehen, so wie Sie sind, für die Werte und hoffentlich auch für die Zukunft des Europarates“, sprach Delegationsleiter Schwabe die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an. Ihnen wolle man in dieser Organisation Raum und Sichtbarkeit geben. Diese dürften aber auch nicht zögern, ihren Anliegen gegenüber ihren Abgeordneten Ausdruck zu verleihen. Umgekehrt setze der Europarat auf die jungen Menschen. „Die Parlamentarier brauchen ihre Kraft und ihren frischen Wind“, sagte Schwabe, „die Regierungen brauchen es umso mehr.“ 

Stärkere Sichtbarkeit junger Menschen in Institutionen

Bereits am ersten Konferenztag hatten die internationalen Jugendvertreterinnen und -vertreter in drei Workshops – zu den Themen: Herausforderungen der Demokratie, inklusive Governance und stärkere Sichtbarkeit junger Menschen in Institutionen – Empfehlungen an die Politik erarbeitet und in einer Panel-Diskussion mit Chatzivassiliou-Tsovilis, Schwabe sowie weiteren Vertreterinnen und Vertretern des Europarates und der Versammlung vorgestellt. 

Dabei identifizierten die Teilnehmer Korruption als eine ernst zu nehmende Gefahrenquelle für die Demokratie, soziale Gerechtigkeit dagegen als eine wesentliche Voraussetzung und die Teilhabe von Minderheiten als ein Gebot, das mehr als nur politischer Luxus in ruhigen Zeiten sei. 

„Jugend Check“ und „Youthful institutions

Das Ziel einer möglichst umfassenden Inklusion gebiete auch, die junge Generation einzubeziehen. Gesetzesvorhaben sollten in einer Art „Jugend Check“ auf ihre Auswirkungen für die junge Generation hin geprüft werden. Junge Menschen hätten ein Recht auf Einsicht in den politischen Prozess verdient. Institutionen seien für die Gefahr von Rassismus und Diskriminierung zu sensibilisieren.

Damit aus traditionsreichen Organisationen und Parlamenten Orte werden, an denen Entscheidungen für die Zukunft gefällt werden können und diese zu „Youthful institutions“ werden, müsse dort die Sichtbarkeit und Repräsentation der Jugend verbessert werden. Die Europäische Jugendkonferenz, die erstmals im Jahr 2022 stattfand, war am Donnerstagmorgen von Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoğuz (SPD) eröffnet worden. (ll/15.11.2024)