Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (20/12777, kurz AFBG), der insbesondere der Stärkung der beruflichen Weiterbildung und Fachkräftesicherung dienen soll, ist bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am Mittwoch, 6. November 2024, bei den Sachverständigen auf Zuspruch gestoßen. Dennoch übten die Expertinnen und Experten Kritik an bestimmten Punkten des Entwurfs und forderten weitere Nachbesserungen - so würden berufliche und akademische Fachkräfte noch immer ungleich behandelt werden.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Ziel des Gesetzentwurfs ist es, die höherqualifizierende Berufsbildung in Deutschland zu stärken. Durch Leistungsverbesserungen und die Erweiterung der Fördermöglichkeiten sollen berufliche Aufstiegsfortbildungen demnach noch attraktiver werden. Hintergrund der Novelle sei, dass der Arbeitsmarkt weiterhin vor großen Herausforderungen stehe und der Bedarf an beruflich hochqualifizierten Fachkräften „hoch und akut“ sei, heißt es im Entwurf.
Daher sollen mögliche finanzielle Hemmnisse für berufliche Aufsteigerinnen und Aufsteiger bei einer Entscheidung für die höherqualifizierende Berufsbildung abgebaut werden. Auch die Arbeitgeber sollen künftig weiter entlastet werden: Wenn sie Zuschüsse zu den Kosten der Fortbildungen ihrer Mitarbeitenden leisten, sollen diese „bei der Förderung nicht mehr auf den Maßnahmebeitrag angerechnet“ werden.
Forderung nach mehr Flexibilität
Volker Born vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), auf Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Anhörung eingeladen, begrüßte die Bestrebungen zur Reform des AFBG grundsätzlich und hob hervor: „Es ist ein wichtiges Gesetz zum Setzen von Anreizen für Karriere- und Bildungsverläufe“. Er betonte zudem die wirtschaftspolitische Bedeutung der Reform, da im Handwerk in den kommenden fünf Jahren 125.000 Betriebsnachfolgen zu realisieren seien. Das Gesetz sei auch ein arbeitsmarktpolitisches Instrument, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Born wies zudem darauf hin, dass die Zahl der durch das AFBG geförderten Personen in den letzten zehn Jahren um 23 Prozent gesunken sei und forderte daher eine größere Flexibilität bei der Fortbildungsdichte sowie die Einführung eines zinsfreien KfW-Darlehens.
Oliver Heikaus von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), eingeladen auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion, bezeichnete das Aufstiegs-BAföG als ein verlässliches Instrument zur Fachkräftesicherung und befürwortete die geplanten Leistungsverbesserungen für Fortbildungsteilnehmende, die insgesamt die Attraktivität der höheren Berufsbildung steigern würden. „Das kommt den Betrieben zugute, die im Bereich der höher beruflich Qualifizierten häufig vergeblich nach qualifiziertem Personal suchen“, sagte Heikaus. Er kritisierte jedoch, dass einige Vorhaben aus der Koalitionsvereinbarung nicht umgesetzt würden; etwa die finanzielle Angleichung zum Studierenden-BAföG, was ein wichtiges Signal zur Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung gewesen wäre.
Experte: Entwurf weit hinter Vereinbarungen des Koalitionsvertrags
Mustafa Kalay vom Betriebsrat der Robert Rosch GmbH, auf Vorschlag der SPD-Fraktion eingeladen, regte an, eine Förderung für einen zweiten Meisterabschluss zu ermöglichen, da sich die Anforderungen im Handwerk stark verändert hätten. So seien heutzutage „Elektrothemen“ zunehmend gefragt. Kalay betonte daher, dass Weiterbildungen nicht nur vertikal, sondern auch horizontal notwendig seien, um auf die Veränderungen der Industrie zu reagieren.
Auch Jan Krüger vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), ebenfalls auf Vorschlag der SPD eingeladen, unterstrich die Bedeutung des AFBG zur Anpassung an den technologischen Wandel. Er kritisierte, dass der Entwurf weit hinter den Vereinbarungen des Koalitionsvertrags zurückbleibe. Besonders wichtig sei es, die berufliche Weiterbildung für Beschäftigte, die in Teilzeit fortgebildet werden, durch Unterhaltsförderungen attraktiver zu gestalten, da die Zahl der Teilzeitgeförderten in den vergangenen Jahren deutlich gesunken sei.
Weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung
Nora Sandoval von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), eingeladen auf Vorschlag der FDP-Fraktion, hob hervor, dass der Bedarf an Fachkräften enorm und Maßnahmen zur Sicherung dieser dringend erforderlich seien. Sie befürwortete die geplanten Erhöhungen der Förderbeträge für Kurs- und Prüfungsgebühren, um das Aufstiegs-BAföG attraktiver zu machen, forderte jedoch auch eine vollständige Digitalisierung der Antragstellung. Zudem kritisierte sie, dass die Zinsbefreiung für KfW-Darlehen, ursprünglich für 2023 vorgesehen, mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht umgesetzt werde.
Irene Vorholz vom Deutschen Landkreistag, auf Vorschlag der SPD-Fraktion eingeladen, begrüßte die Verbesserungen bei Lehrgangs- und Prüfungsgebühren sowie die Erhöhung des Darlehenserlasses nach bestandener Fortbildungsprüfung. Sie forderte jedoch eine Verringerung des Verwaltungsaufwands bei der Antragsbearbeitung. Konkret schlug sie vor, Nachweise der Teilnahme an Fortbildungen erst am Ende der Maßnahme einzufordern oder, dass entsprechende Nachweise bei Abbruch, Unterbrechung oder einer sich deutlich abzeichnenden Nichtteilnahme am Unterricht vorgelegt beziehungsweise angefordert werden. Bisher müssen Teilnahmenachweis bereits sechs Monate nach Beginn der Fortbildungsmaßnahme vorgelegt werden. (cha/06.11.2024)