Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 17. Oktober 2024, über eine Reihe von Vorlagen abgestimmt:

Bundesrechnungshof: Einstimmig angenommen hat der Bundestag mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, AfD sowie die Gruppen Die Linke und BSW den Antrag des Präsidenten des Bundesrechnungshofes „Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Haushaltsjahr 2023 – Einzelplan 20“ (20/11550), zu dem der Haushaltsausschuss eine Beschlussempfehlung (20/12001) vorgelegt hat. Darin wird die Entlastung des Bundesrechnungshofes empfohlen. In dem Antrag sind alle Einnahmen und Ausgaben für das vergangene Jahr verzeichnet.

Haushaltsrechnung des Bundes: Zustimmung erteilte der Bundestag zur Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 2022 mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP gegen die Stimmen der CDU/CSU und AfD sowie der Gruppen Die Linke und BSW auf Basis einer Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses (20/12002) zum Antrag des Bundesfinanzministeriums (20/7511). Betroffen sind die Rechnung des Bundes über die Einnahmen und Ausgaben (Haushaltsrechnung des Bundes) sowie über das Vermögen und die Schulden (Vermögensrechnung des Bundes) im Haushaltsjahr 2022. Die Beschlussempfehlung bezieht sich auch auf die Bemerkungen 2023 des Bundesrechnungshofes zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes einschließlich der Feststellungen zur Haushaltsrechnung und zur Vermögensrechnung 2022 (20/9700, 20/10131 Nr. 1.3) sowie auf die Bemerkungen des Bundesrechnungshofes zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes (Ergänzungsband, 20/11000, 20/11204 Nr. 3). In seinen Bemerkungen (20/9700) nimmt Bundesrechnungshof den Haushaltsplan des Bundes 2023 kritisch unter die Lupe und bewertet das allgemeine Ausgabeverhalten wie auch einzelne Praktiken verschiedener Ministerien. Unter anderem wird kritisiert, dass die „Corona-Krise ohne Lerneffekt“ geblieben sei, weil die Wirtschaftshilfen des Bundes ohne angemessene Beteiligung der Länder organisiert worden seien. Dem Auswärtigen Amt werden „unwirtschaftliche Entscheidungen“ beim Kauf von Auslandsresidenzen vorgeworfen, die keine Einzelfälle seien. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung mangele es an Transparenz über die versicherungsfremden Leistungen. Beim Bau von Bundesstraßen sei der Bedarf und die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen worden. Diese und viele andere Kritikpunkte schlüsselt der Bundesrechnungshof detailliert auf. Der Ergänzungsband (20/11000) enthält neun weitere Prüfergebnisse zu den 26 bereits im Hauptband vorgelegten. Der Haushaltsausschuss empfiehlt die Entlastung der Bundesregierung und fordert diese auf, seine Feststellungen zu den Bemerkungen des Bundesrechnungshofes bei der Aufstellung und Ausführung der Bundeshaushaltspläne zu befolgen. Auch solle die Regierung Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung der Entscheidungen des Haushaltsausschusses einleiten oder fortführen und die Berichtspflichten fristgerecht erfüllen, damit eine zeitnahe Verwertung der Ergebnisse bei den Haushaltsberatungen gewährleistet ist.

Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung: Mit breiter Mehrheit angenommen gegen das Votum der AfD hat der Bundestag den vom Agrarausschuss geänderten Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Durchsetzung tiergesundheitsrechtlicher und bestimmter kontrollrechtlicher Vorschriften der Europäischen Union und zur Änderung der Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung (20/12782, 20/13155, 20/13328 Nr. 9). Dazu hat der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft eine Beschlussempfehlung (20/13403) vorgelegt. Die Bundesregierung will Verstöße gegen das sogenannte Tiergesundheitsrecht strenger als bisher ahnden. Für eine Ordnungswidrigkeit sollen demnach Geldbußen bis zu 30.000 Euro anfallen. Vor allem sollen Verstöße gegen tiergesundheitliche EU-Vorschriften beim Transport innerhalb der EU und beim Import in die EU von Tieren, Zuchtmaterial und Erzeugnissen tierischen Ursprungs mit Bußgeldern belegt werden. Dies soll auch für Verstöße gegen Vorschriften zur Rückverfolgbarkeit und Identifizierung von gehaltenen Landtieren, Wassertieren und von Zuchtmaterial gelten. „Die Einhaltung der bewehrten Vorschriften ist erforderlich, um die Ausbreitung von Seuchen zu verhindern und die Rückverfolgbarkeit im Seuchenfall zu gewährleisten“, heißt es in dem Entwurf. Von dem Gesetz sind nicht nur kommerzielle Tierhändler betroffen, sondern auch private Tierhalter wie beispielsweise Besitzer von Jagdhunden, denen Bußgelder bei nicht geimpften Tieren drohen. Das nationale Tiergesundheitsgesetz sei derzeit noch nicht an das unmittelbar geltende EU-Tiergesundheitsrecht angepasst, was mit dem Entwurf nun geschehen solle, schreibt die Regierung. Auf die Stellungnahme des Bundesrates (20/13155) nimmt die Regierung in ihrer Gegenäußerung Bezug und kommt der Länderkammer entgegen. Zum einen sollen Verstöße gegen Vorschriften des Artikels 4 Buchstabe b der EU-Delegierten-Verordnung 2020/688 im Hinblick auf die Reinigung und Desinfektion von Transportmitteln beim Transport von gehaltenen Landtieren oder Bruteiern in der EU in die Bußgeldbewehrung aufgenommen werden. Zum anderen stimmt die Bundesregierung dem Vorschlag des Bundesrates zu, die maximal mögliche Höhe der Geldbuße bei Verstößen gegen tiergesundheitliche EU-Vorschriften von ursprünglich vorgesehenen 30.000 Euro auf 50.000 Euro zu erhöhen. 

Verantwortung für die Oder: Der Bundestag hat mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen das Votum der Union bei Enthaltung der AfD den Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Gemeinsame Verantwortung für die Oder“ (20/9320) gestimmt. Dazu lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (20/13308) vor. Die Unionsfraktion dringt in ihrem Antrag auf eine bessere Zusammenarbeit mit Polen, um den ökologischen Zustand der Oder zu verbessern. Die Bundesregierung solle die nach den jüngsten Parlamentswahlen in Polen veränderten Machtverhältnisse nutzen, um alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit den Zielvereinbarungen der europäischen Wasserrichtlinie und dem darin enthaltenen Verschlechterungsverbot für den Fluss und seine Zuläufe „grenzüberschreitend“ nachgekommen wird, heißt es in dem Antrag. Die Zusammenarbeit vor allem der brandenburgischen Behörden mit den polnischen solle intensiviert und auf eine „zielgerichtete und partnerschaftliche Bewältigung der Aufgaben“ optimiert werden. Dafür fordert die Unionsfraktion eine Feinabstimmung für den Warn- und Alarmplan der internationalen Kommission zum Schutz der Oder (IKSO) und regt ein grenzüberschreitendes Austauschprogramm der zuständigen Behörden an. Auch gelte es, diplomatische Schritte einzuleiten, damit Deutschland und Polen bei der Aufklärung und Bekämpfung der Ursachen des Fischsterbens in der Oder besser zusammenarbeiten. Dafür müsse die Situation des Flusses Thema der deutsch-polnischen Regierungskonsultationen werden. Die Auswirkungen des 2015 bilateral vereinbarten Ausbaus der Grenz-Oder sollen außerdem durch die Fokussierung auf ökosystemschonenende Maßnahmen, ein begleitendes bilaterales Monitoring und gezielte Ausgleichsmaßnahmen begrenzt werden, schreiben die Abgeordneten.

Petitionen: Das Parlament hat darüber hinaus über 13 Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen abgestimmt, die beim Bundestag eingegangen sind und vom Petitionsausschuss beraten wurden. Es handelt sich um die Sammelübersichten 665 bis 677 (20/13265, 20/13266, 20/13267, 20/13268, 20/13269, 20/13270, 20/13271, 20/13272, 20/13273, 20/13274, 20/13275, 20/13276, 20/13277).

Forschung und Entwicklung von Flüssigsalzreaktoren

Darunter befindet sich auch eine Petition mit der Forderung, die Forschung und Entwicklung von Flüssigsalzreaktoren zu unterstützen. Ein Flüssigsalzreaktor sei ein Hochtemperatur-Kernreaktor, bei welchem das radioaktive Brennmaterial, anders als in herkömmlichen Druck/Leichtwasserreaktoren nicht in Brennstäben, sondern in verflüssigtem Salz gelöst sei, schreibt der Petent. 

Diese Technik ermögliche einen nahezu selbstregulierenden Kernspaltungsprozess „ohne die Gefahr einer Kernschmelze oder einer Dampfexplosion“. Nukleare Zwischenfälle wie Fukushima und Tschernobyl seien mit dieser Technik „faktisch auszuschließen“, heißt es in der öffentlichen Petition (ID 150125). Durch die flüssige Form des Spaltmaterials sei eine Aufbereitung der einzelnen Stoffe einfacher möglich als bei herkömmlichen Reaktorsystemen. Durch die permanente Aufbereitung des Brennstoffs reduzierten sich zudem die radioaktiven Abfälle sowie die Lagerzeit des Abfalls. „Für genauere Aussagen benötigt es weitgehend neue Studien und Forschungsgelder“, schreibt der Petent.

Keine Anhaltspunkte für Unterstützung des Anliegens

Die mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie der Gruppe Die Linke in der Sitzung des Petitionsausschusses am 9. Oktober verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sieht nun vor, das Petitionsverfahren abzuschließen, „weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte“. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine Unterstützung des vorgetragenen Anliegens, heißt es in der Begründung. 

In der Vorlage wird auf mehrere Bundestagsbeschlüsse zum Ausstieg aus der „Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität“ hingewiesen. Den Gesetzen habe eine umfassende Risikoabwägung zugrunde gelegen, die der Petitionsausschuss nach wie vor für zutreffend und sachgerecht erachte. Es sei daher kein weiterer Betrieb oder Ausbau der Kernkraft zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität vorgesehen. 

„Der Ausschuss lehnt daher eine Förderung der Entwicklung und Konstruktionsforschung von Flüssigsalzkernreaktoren ab“, heißt es in der Beschlussempfehlung. Zugleich wird darauf verwiesen, dass es zur Forschungs- und Entwicklungsförderung im Bereich der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes schon hinreichende und effektive Instrumente gebe.

Keine ausgereiften Planungen

Konzeptionelle Überlegungen zu Flüssigsalzreaktoren, so heißt es weiter, würden schon seit den 1950er-Jahren verschiedentlich diskutiert. Wie sich aus der mit der Petition gewünschten Förderung von weiterer Forschung und Entwicklung direkt ergebe („Für genauere Aussagen benötigt es weitgehend neue Studien und Forschungsansätze“), gehe diese zutreffend davon aus, dass die Planungen, soweit öffentlich bekannt, „derzeit nicht hinreichend ausgereift sind“.

Nur aufgrund ausgereifter Planungen aber, die auch die Lösung besonderer sicherheitstechnischer Herausforderungen – wie beispielsweise der starken Materialbeanspruchung durch die heiße Flüssigsalzschmelze und Neutronenstrahlung – wäre aus Sicht der Ausschussmehrheit eine detaillierte sicherheitstechnische Bewertung möglich. 

Behauptungen in der Eingabe „nicht nachgewiesen“

Die Behauptung, dass „nukleare Zwischenfälle wie in Fukushima und Tschernobyl [...] mit der Technik faktisch auszuschließen“ seien, ist aus Sicht der Abgeordneten damit genauso wenig nachgewiesen wie viele der weiteren Bewertungen, die in der Petition aufgezählt werden. Die Aussage, dass Flüssigsalzreaktoren „ohne die Gefahr einer Kernschmelze“ seien, verkenne, dass der radioaktive Brennstoff in solchen Reaktoren bereits in geschmolzener Form vorliegt. Auch in der Petition behauptete Vorteile gegenüber Leichtwasserreaktoren, „die vermutlich als Vergleichsmaßstab herangezogen werden sollen“, seien derzeit nicht nachgewiesen, heißt es in der Beschlussempfehlung. (hau/vom/17.10.2024)