Erste Lesung zum Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz
Der Bundestag hat am Donnerstag, 14. Dezember 2023, in erster Lesung den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf „zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität“ (20/9648, Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz – FKBG) beraten. Mit dem Gesetz soll unter anderem ein Ermittlungszentrum Geldwäsche (EZG) errichtet werden. Nach der Aussprache wurde der Entwurf an den federführenden Finanzausschuss zur weiteren Beratung überwiesen.
Ebenfalls beraten und an den Finanzausschuss überwiesen wurde ein von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachter Antrag mit dem Titel „Geldwäsche, Terrorismus- und Extremismusfinanzierung konsequent bekämpfen – Kritikpunkte aus Deutschlands Geldwäsche-Zeugnis beheben, Ermittlungsinstrumente bei unklaren Vermögen und Zollpolizei schaffen“ (20/9730).
Finanzminister Lindner: Wir gehen die Mängel an
„Deutschland genoss bisher den bescheidenen Ruf, ein Paradies für illegale Finanzgeschäfte zu sein“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) eingangs der Debatte bei der Vorstellung des Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetzes (FKBG). Die Financial Action Task Force (FATF) habe Deutschland im August 2022 ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Sie kritisierte unter anderem die Durchführung von Finanzermittlungen in komplexen Fällen, nannte die Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden mit der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen ausbaufähig, monierte die unzureichende Priorisierung von Geldwäsche in der Strafverfolgung und eine unzureichende Ressourcenausstattung.
Der vorliegende Gesetzentwurf adressiere genau diese Mängel, sagte Lindner. Damit schlage die Ampelkoalition ein neues Kapitel im Kampf gegen die Finanzkriminalität auf. Dazu würden die fragmentierten Zuständigkeiten in einer neuen Behörde, dem Bundesamt für die Bekämpfung der Finanzkriminalität, gebündelt und vernetzt. Neben neuen Strukturen werde es aber auch einen ganz neuen Ermittlungsansatz geben: Statt wie bisher die Vortat zu verfolgen (zum Beispiel Bekämpfung von Betrug, Drogenhandel, Menschenhandel), solle künftig stärker „die Spur des Geldes“ verfolgt werden, also die verdächtigen Finanzströme selbst. Damit nicht mehr nur kleine Fische gefangen würden, sondern auch die Großen ins Netz gingen.
Union zeigt sich enttäuscht und legt eigenen Antrag vor
Matthias Hauer (CDU/CSU) zeigte sich enttäuscht von dem Gesetzentwurf. Man habe schon keine Erwartungen gehabt und sei dennoch enttäuscht. Mit diesem Entwurf gebe es Entwarnung für die Geldwäscher – Deutschland bleibe das Paradies der Finanzkriminellen. Statt die Ermittler zu stärken, bei unklarem Vermögen neue staatliche Kompetenzen zu schaffe, alles in einer Hand zu bündeln, produziere die Ampel ein „neues Behördenchaos“.
Deshalb, so Hauer, lege die Unionsfraktion einen eigenen Antrag vor, der darauf abziele, die zerstreuten polizeilichen Kontroll-, Fahndungs- und Ermittlungsdienste im Bereich der Finanzkriminalität, des Schmuggels und der Sanktionsdurchsetzung zu einer geschlossenen und schlagkräftigen Zollpolizei im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen zu bündeln. Die Union sage „nein zu lähmenden Parallelstrukturen“.
SPD: Die Opfer haben ein Gesicht
Der Schaden durch Geldwäsche in Deutschland werde auf 100 Milliarden Euro jährlich geschätzt, sagte Frauke Heiligenstadt (SPD). Das beschädige die Demokratie, das berühre die Integrität der Gesellschaft, das untergrabe die Stabilität der Wirtschaft, weil so kein Vertrauen möglich sei, wenn der Ehrliche der Dumme ist.
Es gehe aber nicht nur um Steuerhinterziehung, sagte Heiligenstadt – es gehe um Menschen. Menschen, die Opfer würden. Opfer, die ein Gesicht hätten. Zum Beispiel Frauen, auch Minderjähriger, die in die Prostitution gezwungen würden. Das Gesicht von viel zu vielen Kindern, deren Fotos im Darknet an Pädophile verkauft würden; das Gesicht der Opfer von Rechtsterrorismus, illegalem Drogen- und Waffenhandel.
AfD: Entwurf ist eine Eingeständnis des Versagens
Für Kay Gottschalk (AfD) ist der Gesetzentwurf der Ampel das Eingeständnis, dass die Polizei, die FATF und die Financial Intelligence Unit (FIU) im Kampf gegen die Geldwäsche versage. Der Entwurf, den Gottschalk ein „Machwerk“ nannte, mit dem Deutschland das Paradies der Gelschwäscher bleiben werde, zeige die „Unfähigkeit“ der Regierungen der letzten 20 Jahre.
Die Aufgabe der Regierung wäre es aus seiner Sicht gewesen, die FIU zu stärken, dafür zu sorgen, dass sie zum Beispiel auf die Dateien der Länder zugreifen kann. Und statt dreier neuer Behörden hätte sie die 4000 offenen Stellen beim Zoll besetzen sollen.
Grüne: Eine Frage von Recht und Gerechtigkeit
Bruno Hönel (Grüne) rief den Unionsabgeordneten mit Blick auf ihren Antrag zu, dass sie alles, was sie darin forderten, doch während ihrer Regierungszeit hätte umsetzen können. Stattdessen habe man zugeschaut. Jetzt endlich aktiv zu werden, sei „eine Frage von Recht und Gerechtigkeit“. Die gehe die Ampel nun an, indem sie eine zentrale Behörde schaffe und den Paradigmenwechsel einläute, nicht mehr nur die Vortaten zu verfolgen, sondern den Weg des Geldes, die Herkunft verdächtiger Vermögen bis zu den Vortaten zurück zu verfolgen.
Für diese Ermittlungen, sagte Hönel, brauche es allerdings eine gesetzliche Regelung, die es bisher nicht gebe: „Wie sonst soll der Inhaber eines Vermögens ermittelt werden, wenn nicht über den Druck eines möglichen Vermögenseinzugs?“
FDP mahnt Zusammenarbeit von Bund und Ländern an
Wenn er die Abgeordneten Hauer und Gottschalk höre, frage er sich, „ob wir über die gleiche Vorlage reden“, sagte der FDP-Abgeordnete Markus Herbrand und verteidigte den Gesetzentwurf: Man habe sich die Kritik zu Herzen genommen, korrigiere Fehler und Versäumnisse vergangener Regierungskoalitionen, baue eine Bundesbehörde auf zur effizienten Bekämpfung der Geldwäsche, die alle Kompetenzen unter einem Dach vereine.
Jetzt müssten nur noch Bundes- und Länderbehörden wirklich an einem Strang ziehen, „um den Sumpf der Geldwäsche trocken zu legen“, so Herbrand.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
„Das Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz soll die Geldwäschebekämpfung in Deutschland nachhaltig verbessern und hierzu eine Bundesoberbehörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität errichten“, heißt es in der Zielbeschreibung des Gesetzentwurfs. Wesentlicher Teil sei die Errichtung eines Ermittlungszentrums Geldwäsche (EZG). Das neue Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) werde mit dem Bundeskriminalamt (BKA) durch die Errichtung einer Gemeinsamen Ermittlungsgruppe (GEG) verzahnt, erklärt die Bundesregierung weiter. Für das BKA kündigt die Bundesregierung zugleich „einen nachhaltigen Ressourcenaufbau“ im Rahmen einer neuen Einheit „Geldwäsche, Wirtschafts- und Finanzkriminalität“ an. Hierfür sei aber keine weitere gesetzgeberische Maßnahme erforderlich.
Zur künftigen Organisationsstruktur heißt es in der Lösungsbeschreibung zum Gesetzentwurf weiter: „Die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfS) und die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen werden von der Generalzolldirektion (GZD) in das BBF am 1. Juni 2025 überführt, um Synergieeffekte zwischen der Sanktionsdurchsetzung und der Geldwäschebekämpfung zu erzielen sowie die Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgung und Analyse nachhaltig zu verbessern.“ Im BBF solle es künftig eine Zentralstelle für Geldwäscheaufsicht (ZfG) geben. Dies diene der „Stärkung eines einheitlichen, stringenten risikobasierten Ansatzes bei der Geldwäscheaufsicht über den Nichtfinanzsektor sowie der bundesweiten Koordinierung und Unterstützung von geldwäscherechtlichen Aufsichtsmaßnahmen“.
Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung auch Rechtsgrundlagen für den nationalen und internationalen Datenaustausch schaffen. Zudem erfolge die Einrichtung eines Immobilientransaktionsregisters im Verantwortungsbereich des BBF, um den zuständigen Stellen für die Kriminalitäts-‐ und insbesondere für die Geldwäschebekämpfung sowie den Behörden im Bereich der Sanktionsdurchsetzung einen volldigitalen Zugriff auf Immobiliendaten zu ermöglichen. „Die Einrichtung des Registers erfolgt beim BBF und ergänzt somit den ganzheitlichen Ansatz des BBF, die Analyse, straf- und verwaltungsrechtliche Ermittlungen und die Aufsicht unter einem Dach zu bündeln“, schreibt die Bundesregierung weiter.
Stellungnahme des Bundesrats
Der Bundesrat verlangt in seiner Stellungnahme insbesondere, am Gesetzgebungsverfahren beteiligt zu werden, denn aus seiner Sicht handelt es sich um einen zustimmungsbedürftigen Gesetzentwurf. Die Bundesregierung widerspricht diesem Ansinnen in ihrer Gegenäußerung und vertritt die Ansicht, dass es dafür eines bestimmten, im Grundgesetz ausdrücklich aufgeführten Zustimmungstatbestands bedürfe. Allein das Argument, es seien Länderkompetenzen berührt, reiche für eine Zustimmungspflicht nicht aus.
Außerdem will die Länderkammer unter anderem, dass neben dem zuständigen Landeskriminalamt (LKA) und der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft sowie dem BKA und dem Zollkriminalamt auch die obersten Landesbehörden der Steuerverwaltung informiert werden, wenn das EZG Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung wahrnimmt. In den Bereichen dieser Behörden gebe es ebenfalls Überschneidungen der Ermittlungstätigkeiten, heißt es in der Stellungnahme als Begründung. Auch diesen Vorschlag lehnt die Bundesregierung ab. Der Kreis der zu benachrichtigenden Behörden umfasse nur solche, die Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung wahrnähmen, nicht jedoch jede Art von Sachverhaltsaufklärung, begründet sie ihre Ablehnung.
Ferner wollen die Länder, dass Polizisten nur im Einvernehmen mit den örtlich zuständigen Polizeibehörden in Ermittlungshandlungen eingebunden werden können. Sie schlagen darüber hinaus eine Ergänzung vor, dass Landesbedienstete nur dann auf Anforderung des EZG Unterstützung leisten können sollen, wenn die jeweilige Landesbehörden dem zustimmt. Diesen Vorschlag verspricht die Bundesregierung zu prüfen. Insgesamt bittet der Bundesrat darum, „im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob der Zuständigkeitsbereich des Ermittlungszentrums Geldwäsche mit Blick auf die Zuständigkeitsbereiche der Polizeien des Bundes und der Länder konkreter geregelt werden kann“. Die Bundesregierung weist dieses Anliegen zurück. Weitere Vorschläge des Bundesrats betreffen unter anderem die Fortbildung von Bediensteten oder Regelungen zu den Verfassungsschutzbehörden.
Antrag der Union
Die Unionsfraktion fordert in ihrem Antrag (20/9730), die bisher zerstreuten polizeilichen Kontroll-, Fahndungs- und Ermittlungsdienste im Bereich der Finanzkriminalität zu bündeln und eine Zollpolizei einzurichten. Deutschland gelte als international als Geldwäscheparadies, in dem es Kriminellen viel zu leicht und viel zu oft gelingt, die aus ihren kriminellen Handlungen gewonnenen Gelder zu Zwecken der Geldwäsche und der Vermögensverschleierung in den legalen Wirtschaftskreislauf einzuschleusen, schreiben die Abgeordneten.
Sie fordern die Bundesregierung auf, die bisher über Polizei- und Zollbehörden zerstreuten polizeilichen Kontroll-, Fahndungs- und Ermittlungsdienste im Bereich der Finanzkriminalität, des Schmuggels und der Sanktionsdurchsetzung zu einer geschlossenen und schlagkräftigen Zollpolizei im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen zu bündeln und eine gesetzliche Regelung zur Durchführung von administrativen Vermögensermittlungsverfahren zu schaffen, die die neu geschaffene Zollpolizei zum Aufspüren und zur Sicherung von verdächtigen Vermögensgegenständen sowie Vermögensgegenständen ungeklärter Herkunft ermächtigt.
Zudem fordern sie verschärfende Vorkehrungen gegen den Missbrauch des deutschen Finanzsystems und der deutschen Wirtschaft zur Finanzierung von Terrorismus sowie von terroristischen Organisationen und deren Unterstützern im In- und Ausland. Dazu solle unter anderem der Straftatbestand der Terrorismusfinanzierung aus geweitet werden, dass dieser grundsätzlich jegliche vorsätzliche Finanzierung von terroristischen Vereinigungen und Zwecken, unabhängig vom Wissen oder der Absicht in Bezug auf konkrete Straftaten, umfasse. Regelungsbedarf sehen die Abgeordneten auch bei Kryptowährungen, dem Ankauf von Immobilien, der Einrichtung einer Geldwäscheverdachtsdatenbank und der Verbesserung der Kooperationsmöglichkeiten der deutschen Nachrichtendienste und ihrer gemeinsamen Zentren mit ausländischen Partnern. (bal/hau/mis/14.12.2023)