Anstieg bei den Verteidigungsausgaben debattiert
Am Mittwoch, 11. September 2024, hat das Parlament in erster Lesung gut eineinhalb Stunden lang den Etatentwurf für das Bundesministerium der Verteidigung beraten. Der Einzelplan 14 des Bundeshaushalts 2025 (20/12400) umfasst Ausgaben von 53,25 Milliarden Euro gegenüber 51,95 Milliarden Euro im Jahr 2024. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) rechnet damit, dass die Einnahmen bei 331 Millionen Euro liegen (2024: 382,93 Millionen Euro). Der Einzelplan 14 wurde am Freitag, 13. September, zur weiteren Beratung an den Haushaltsausschuss überwiesen.
SPD: Zwei-Prozent-Ziel der Nato wird erreicht
Der SPD-Parlamentarier Wolfgang Hellmich betonte, dass Deutschland mit einem Verteidigungshaushalt von 53,25 Milliarden Euro und weiteren 22 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen auch im kommenden Jahr das Ziel der Nato, zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes für Verteidigung auszugeben, erreichen werde. Dies habe bislang keine Bundesregierung geschafft. Mit den Mitteln aus dem Sondervermögen könnten neue Fregatten, neue Kampfpanzer und Kampfflugzeuge beschafft werden.
Zugleich räumte Hellmich ein, dass die Erhöhung des Wertetats um 1,3 Milliarden Euro „ernüchternd“ sei. Dies werde in Zukunft nicht ausreichen. Neue Ausrüstung für die Bundeswehr erhöhe auch die laufenden Betriebskosten. Der reguläre Wehretat müsse deshalb spätestens ab 2028 signifikant erhöhte werden. Um all die aktuell angestoßenen Beschaffungsvorhaben dauerhaft zu finanzieren und die laufenden Kosten der Truppe zu decken, müsse der Etat ab 2028 auf 80 Milliarden Euro erhöht werden.
Union: Etat ist in Wirklichkeit eine Kürzung
Der Unionsabgeordnete Dr. Johann David Wadephul erhob schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Der vorgelegte Verteidigungshaushalt zeige, dass die Zeitenwende von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) allenfalls als Filmkulisse tauge. Im vergangenen Jahr habe Minister Pistorius zehn Milliarden Euro mehr für den Verteidigungsetat gefordert, aber lediglich rund eine Milliarde erhalten. In diesem Jahr habe er 6,8 Milliarden Euro mehr gefordert, der Etat steige aber nur um 1,3 Milliarden Euro, rechnete Wadephul vor.
Angesichts der Inflationsquote, und diese sei in der Rüstungsbranche höher als im Durschnitt, stelle der vorgelegte Etatentwurf in Wirklichkeit eine Kürzung der Verteidigungsausgaben dar. Die Bundeswehr erhalte nicht die dringend benötigte neue Ausrüstung. Wenn es bei diesem Tempo bleibe, dann werde beispielsweise die Artillerietruppe in 100 Jahren wieder auf dem Stand von 2004 sein. Am Ende der Legislaturperiode werde Pistorius die Bundeswehr in einem schlechteren Zustand hinterlassen als er sie angetroffen habe.
SPD: Wir müssen mehr Geld in die Hand nehmen
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wies die scharfen verbalen Attacken Wadephuls zurück. Der Unionsabgeordnete sei selbst daran beteiligt gewesen, dass die Bundeswehr in der Vergangenheit abgewirtschaftet worden sei. Wadephul solle „sich schämen“, befand Pistorius. Auch im kommenden Jahr würden die deutschen Verteidigungsausgaben einschließlich des Sondervermögens das Zwei-Prozent-Ziel der Nato erfüllen. Dies sei unter keiner unionsgeführten Regierung erreicht worden.
Pistorius räumte allerdings ein, dass er sich in der Tat einen größeren Anstieg des Verteidigungshaushaltes gewünscht habe. Zugleich machte der Minister deutlich, dass selbst das Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels in Zukunft nicht ausreichen werde, um die Bundeswehr in einen Zustand zu versetzen, dass sie die Aufgaben im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung vollumfänglich erfüllen könne. Dies sei nur „das Minimum“.
Russland habe auf Kriegswirtschaft umgestellt und vergrößere seine Streitkräfte und werde in wenigen Jahren in der Lage sein, Länder der Nato anzugreifen. „Wir müssen mehr Geld in die Hand nehmen“, sagte Pistorius. Ab 2018, wenn die Mittel aus dem Sondervermögen ausgegeben seien, müsse der Verteidigungsetat substanziell steigen.
AfD warnt vor Auflage eines neuen Sondervermögens
Der AfD-Abgeordnete Dr. Michael Espendiller wies die Forderung nach einer weiteren Unterstützung der Ukraine mit Waffen aus den Beständen der Bundeswehr zurück. Deutschland verfüge aktuell noch über 300 Kampfpanzer und nicht jeder Soldat der Bundeswehr könne mit einem Sturmgewehr ausgerüstet werden. So lasse sich Deutschland nicht verteidigen, befand Espendiller. Der russische Angriff auf die Ukraine habe gezeigt, dass jederzeit auch ein Angriff auf Deutschland möglich sei.
Zugleich warf er den Parteien der Regierung und der Union vor, die geforderten weiteren Erhöhungen der Verteidigungsausgaben nicht finanzieren zu können. Niemand wisse, woher die zweistelligen Milliardenbeträge in Zukunft kommen sollen. Zugleich warnte Espendiller vor der Auflage eines neuen Sondervermögens für die Bundeswehr. Dies seien in Wirklichkeit nur „neue Schulden“.
Grüne für Reform der Schuldenbremse
Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) hielt der AfD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) vor, sie verbreiteten das falsche Narrativ, den Frieden sichern zu können, wenn man gegenüber Russland klein beigebe. Für die Ukraine sei Frieden nur zu erreichen, wenn sie auch weiterhin vom Westen unterstützt werde. Der Angriff Russlands auf die Ukraine habe gezeigt, dass Deutschland eine exzellent ausgerüstete Bundeswehr und einen Bevölkerungsschutz benötige. „Das alles kostet leider sehr viel Geld“, räumte Brugger ein.
Sie rief die Unionsparteien und die FDP auf, das benötigte Geld durch einen verschärften Sparkurs, etwa bei den Sozialausgaben, aufbringen zu wollen. Zugleich forderte sie eine Änderung der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse. Man solle die Zeit nicht mit unnötigen Diskussionen verbringen, sondern die benötigte Zwei-Drittel-Mehrheit organisieren.
FDP: Neue Schulden sind Scheinlösungen
Der FDP-Abgeordnete Karsten Klein erteilte dieser Forderung jedoch eine klare Absage. Die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands werde durch drei Säulen gestützt: eine wettbewerbsfähige Wirtschaft, die die benötigten Gelder erwirtschaftet, eine solide Finanzpolitik und eine gut ausgerüstete Bundeswehr. Neue Schulden würden die Probleme der Bundeswehr jedoch nur kurzfristig und nur scheinbar lösen können.
Ebenso wie Pistorius hielt Klein der Union entgegen, dass die Ampel-Regierung deutlich mehr Geld für die Bundeswehr aufbringe als alle unionsgeführten Vorgängerregierungen.
Etwas weniger Geld für Beschaffungen
Die Ausgaben für militärische Beschaffungen schlagen mit 2,48 Milliarden Euro zu Buche (2024: 2,75 Milliarden Euro). Für 279,5 Millionen Euro soll Munition beschafft werden (2024: 467,22 Millionen Euro). Für Schiffe und sonstiges Marinegerät sind 80,23 Millionen Euro eingeplant (2024: 190,65 Millionen Euro), für Flugzeuge und sonstiges flugtechnisches Gerät 322,28 Millionen Euro (2024: 296,63 Millionen Euro), für die Beschaffung von Kampffahrzeugen 79,03 Millionen Euro (2024: 142,26 Millionen Euro).
Mehr Mittel für Materialerhaltung
Für die Materialerhaltung sieht der Entwurf 6,79 Milliarden Euro vor (2024: 6,46 Milliarden Euro), davon 3,44 Milliarden Euro für die Erhaltung von Flugzeugen und flugtechnischem Gerät (2024: 3,36 Milliarden Euro) und 945,87 Millionen Euro für die Erhaltung von Schiffen und sonstigem Marinegerät (2024: 1,02 Milliarden Euro).
Mehr als acht Milliarden Euro für Unterkünfte
Für die Unterbringung der Soldatinnen und Soldaten sind Ausgaben von 8,16 Milliarden Euro eingeplant (2024: 7,73 Milliarden Euro), davon 3,02 Milliarden Euro für Mieten und Pachten (2024: 2,91 Milliarden Euro). Die „Investitionen und Aufwendungen für Baumaßnahmen der Bundeswehr“ sollen von 1,69 Milliarden Euro im Jahr 2024 auf 1,86 Milliarden Euro steigen.
Der „sonstige Betrieb der Bundeswehr“ schlägt mit 4,13 Milliarden Euro zu Buche (2024: 3,56 Milliarden Euro). Aus der Nato-Mitgliedschaft resultierende Verpflichtungen belaufen sich auf 1,55 Milliarden Euro (2024: 1,47 Milliarden Euro). (aw/hau/13.09.2024)