Harter Schlagabtausch zwischen Kanzler Scholz und Merz
Im Deutschen Bundestag ist es am Mittwoch, 11. September 2024, zu einem harten Schlagabtausch zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU/CSU) gekommen. Scholz warf Merz in der rund dreieinhalbstündige Generaldebatte zur Politik der Bundesregierung vor, er habe sich durch den Abbruch der Gespräche über eine Begrenzung der Asylbewerberzahlen „in die Büsche geschlagen“ und klopfe Sprüche. Die Bürger wollten jedoch keine Theateraufführungen. „Aber wir sind immer noch bereit“, signalisierte der Bundeskanzler. Merz konterte, die Behauptung von Scholz, der Abbruch der Gespräche sei eine Inszenierung gewesen, sei „infam“.
Die Generalaussprache bildete den Höhepunkt der viertägigen ersten Beratung des Bundeshaushalts 2025 (20/12400). Bei der sogenannten Elefantenrunde ergriffen neben Bundeskanzler Scholz die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen das Wort.
Scholz: Größte Wende bei irregulärer Migration
Scholz stellte klar, es stehe nicht zur Debatte, dass die Bundesrepublik Verfolgten Schutz biete. Weltoffenheit bedeute aber nicht, dass jeder kommen könne, der das möchte. Die irreguläre Migration müsse begrenzt werden, und die, die nicht bleiben könnten, müssten zurückgeführt werden. Seine Regierung habe das Sprücheklopfen konservativer Innenminister von CDU/CSU beendet, die die Probleme jahrzehntelang nicht gelöst hätten, sagte Scholz unter starkem Beifall aus den Reihen der Koalition.
Seine Regierung habe die größte Wende im Prozess der irregulären Migration zustande gebracht. Die Zahl sicherer Herkunftsländer sei ausgeweitet worden, die Zahl derer, die zu uns kommen, sei zurückgegangen. Das erfolgreiche Vorgehen auch mit Grenzkontrollen und Abschiebungen von Straftätern nach Afghanistan und Syrien werde fortgesetzt. Alle Möglichkeiten, zurückzuführen, würden „im Rahmen des geltenden Rechts“ genutzt.
Zur Situation in der Ukraine sagte Bundeskanzler Scholz, neben den Hilfen und Krediten werde man alles tun, dass ein Frieden ausgelotet werden könne. Dazu gehöre auch, auszuloten, wie man Russland an den Tisch bekommen könne. In der Wirtschaftspolitik sicherte Scholz zu, alles zu tun, um Gesellschaft zu modernisieren, zum Beispiel mit Investitionen in die Bahn, in Straßen und Funkmasten. „Wir werden uns vor den großen Herausforderungen nicht drücken.“
Merz für „umfassende Zurückweisungen“
Wie schon der Kanzler hob auch Friedrich Merz die Bedeutung der Zuwanderung hervor. Die Union stehe gegen jede Form von Fremdenhass und Ausländerfeindlichkeit. Doch „die Zahl derer, die zu uns gekommen sind und nicht integriert werden konnten, ist zu hoch“. Die Union wolle eine Zurückweisung aller Asylbewerber, die zuerst in dem Land, in das sie eingereist seien, einen Asylantrag hätten stellen müssen. Umfassende Zurückweisungen seien rechtlich zulässig, praktisch möglich und politisch geboten.
Im wirtschaftspolitischen Teil seiner Rede kritisierte Merz, 300.000 Industriearbeitsplätze seien weggefallen. Es gebe auch Abwanderung von Fachkräften aus Deutschland. Zuvor hatte bereits der CSU-Landesgruppenvorsitzende Alexander Dobrindt (CDU/CSU) erklärt, Scholz habe ein grünes Wirtschaftswunder versprochen, bekommen habe man grünen Stillstand.
AfD nennt Scholz „Kanzler des Niedergangs“
Dr. Alice Weidel (AfD) bezeichnete Scholz als „Kanzler des Niedergangs“. Die Bürger hätten begriffen, dass die Politik der Regierung Wohlstandsvernichtung, Deindustrialisierung, Massenmigration und Verlust der inneren Sicherheit bedeute.
„Die Opfer von Solingen könnten noch leben, würden die Verantwortlichen nach Recht und Gesetz handeln“, sagte die AfD-Abgeordnete. Sie verlangte, illegale Migranten erst gar nicht ins Land zu lassen „und jeden zurückzuweisen, der ohne Rechtsanspruch und ohne Papiere in Deutschland eindringen will“.
Grüne: Gesprächsabbruch war Armutszeugnis
Katharina Dröge (Bündnis 90/Die Grünen) forderte ein hartes Vorgehen gegen den Islamismus, der zu den größten Gefahren für die Gesellschaft gehöre. Wer einen Anschlag wie in Solingen begangen habe, habe jeden Anspruch auf Schutz verloren.
Der Gesprächsabbruch der Union sei ein „Armutszeugnis“. Merz warf sie vor, sich nicht nur von der Politik von Angela Merkel zu verabschieden, sondern auch von der Politik Helmut Kohls und Konrad Adenauers. „Wir werden das nicht zulassen“, so Dröge.
FDP will „rechtssicher und effektiv“ zurückweisen
„Wir habe Vorschläge gemacht, wie man rechtssicher und effektiv zurückweisen kann.“, sagte Christian Dürr (FDP).
Gemeinsames Handeln wie beim Asylkompromiss in den 90er Jahren sei das Gebot der Stunde. „Dazu sind alle Demokratinnen und Demokraten eingeladen“, betonte Dürr.
SPD: Union hat Demokratie „Bärendienst erwiesen“
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Rolf Mützenich nannte das Verhalten der Union ein „Trauerspiel“. Sie habe der Demokratie „einen Bärendienst erwiesen“.
BSW fordert Frieden in der Ukraine
Dr. Sahra Wagenknecht (Gruppe BSW) forderte ein Ende der irregulären Migration und Frieden in der Ukraine.
Etat des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes
Beraten wurde während der Generalaussprache auch der im Regierungsentwurf für den Haushalt 2025 enthaltene Etat von Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Einzelplan 04), der Ausgaben in Höhe von 3,92 Milliarden Euro (2024: 3,87 Milliarden Euro) vorsieht. Der Einzelplan 04 wurde am Freitag, 13. September, zusammen mit dem Einzelplan 22 des Unabhängigen Kontrollrats zur weiteren Beratung an den Haushaltsausschuss überwiesen.
Knapp zwei Milliarden Euro für Kultur und Medien
Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen), soll im nächsten Jahr 1,97 Milliarden Euro ausgeben können (2024: 2,06 Milliarden Euro).
Integrationsbeauftragte und Ostbeauftragter
Der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD), die zugleich Antirassismus-Beauftragte der Bundesregierung ist, stehen laut Entwurf 27,86 Millionen Euro zur Verfügung (2024: 35,66 Millionen Euro).
Der Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland, Staatsminister Carsten Schneider (SPD), soll 18,69 Millionen Euro erhalten nach 16,59 Millionen Euro in diesem Jahr. Der Zuschuss an den Bundesnachrichtendienst beläuft sich dem Entwurf zufolge auf 1,19 Milliarden Euro (2024: 1,08 Milliarden Euro).
Einzelplan des Unabhängigen Kontrollrates
Neben dem Etat des Bundeskanzleramtes überweist der Bundestag auch den Einzelplan 22 des Unabhängigen Kontrollrates an den Haushaltsausschuss. Der Einzelplan plant 2025 mit Ausgaben von 12,3 Millionen Euro (2024: 11 Millionen Euro). Einnahmen sind nicht vorgesehen.
Der Unabhängige Kontrollrat mit Sitz in Berlin wurde 2021 als oberste Bundesbehörde eingerichtet, um die technische Aufklärung des Bundesnachrichtendienstes gerichtsähnlich zu kontrollieren und auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen. Sein Präsident ist Josef Hoch. (hle/hau/13.09.2024)