Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 6. Juni 2024, einige Vorlagen zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen:
Rechtshilfeabkommen mit Brasilien: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Vertrag vom 3. Dezember 2009 zwischen Deutschland und Brasilien über die Rechtshilfe in Strafsachen (20/11474) wurde zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss überwiesen. Der Vertrag vereinbart die Zusammenarbeit in Strafsachen zwischen beiden Staaten, um der zunehmenden internationalen Kriminalität Einhalt zu gebieten, schreibt die Bundesregierung. Er stelle die justizielle strafrechtliche Zusammenarbeit auf eine vertragliche Grundlage und umfasse Regelungen zu allen wesentlichen Bereichen der sonstigen Rechtshilfe sowie Verfahrensregelungen im bilateralen Verhältnis. Dadurch werde die Fähigkeit beider Vertragsparteien, auf die wachsende Herausforderung der grenzüberschreitenden Kriminalität vor allem in den Bereichen der Betäubungsmittelstraftaten, der Sexualdelikte und der Vermögensstraftaten zu reagieren, erleichtert und verbessert.
Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung: Der Gesetzentwurf der Gruppe Die Linke zur Aussetzung des Anpassungsverfahrens gemäß Paragraf 11 des Abgeordnetengesetzes für das Jahr 2024 (20/11422) wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung überwiesen. Die Gruppe will, dass die Bundestagsabgeordneten und die betroffenen deutschen Europaabgeordneten in diesem Jahr auf die vorgesehene sechsprozentige Erhöhung ihrer Abgeordnetenentschädigung verzichten. Das Anpassungsverfahren sieht vor, dass die Entschädigungen jährlich zum 1. Juli an die Entwicklung des Nominallohnindex angepasst werden. Die Gruppe begründet ihren Gesetzentwurf mit der angespannten Haushaltslage des Bundes sowie der allgemeinen sozialen und wirtschaftlichen Lage.
Wärme aus Abwasser: Ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Ungenutzte Potenziale der Wärme aus Abwasser erschließen“ (20/10617) wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Klimaschutz und Energie überwiesen. Nach Auffassung der Unionsfraktion ist eine Technologie, der bei der klimaneutralen Wärmeerzeugung bisher zu wenig Aufmerksamkeit beigemessen wird, die Energiegewinnung aus Abwasserwärme. Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung auf, Abwasserwärme als wesentliche Option für eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu benennen und zu fördern und eine Strategie zur stärkeren Nutzung der Abwasserwärme in Zusammenarbeit mit Ländern und Kommunen und der Energie- und Wasserwirtschaft zu entwickeln. Bis zu 15 Prozent des Wärmebedarfs im Gebäudesektor könnten mit Abwasserwärme abgedeckt werden, heißt es in dem Antrag. Die aus unmittelbarer Umgebung gewonnene Energie sei sauber, direkt vor Ort nutzbar und CO2-neutral. Für eine sichere, bezahlbare und nachhaltige Wärmeversorgung gelte es, diese noch versteckte Ressource zu erschließen und nutzbar zu machen.
Brenner-Nordzulauf im Kreis Rosenheim: Die CDU/CSU-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, auf die geplante Verknüpfungsstelle bei Kirnstein südlich von Rosenheim zu verzichten und stattdessen Alternativen zu prüfen. Ein entsprechender Antrag (20/11622) wurde zur federführenden Beratung an den Verkehrsausschuss überwiesen. Die Deutsche Bahn AG (DB AG) beabsichtige, in Kirnstein zwischen den Gemeinden Flintsbach und Oberaudorf eine oberirdische Verknüpfungsstelle zu errichten, heißt es in dem dazu vorgelegten Antrag. Für die Verknüpfungsstelle solle die bestehende Strecke im Bereich Niederaudorf bis Fischbach auf etwa fünf Kilometern in Richtung der Bundesautobahn A93 verlegt werden. Die Bahnhöfe in Oberaudorf und Flintsbach sollen am bisherigen Standort bleiben. „Diese Planungen sind hoch umstritten“, schreiben die Abgeordneten. Das Inntal zwischen Flintsbach und Oberaudorf sei dort besonders eng, „belastet mit Autobahn, zweigleisiger Bestandsstrecke und zwei Pipelines“. Dieser Abschnitt des Inntals sei reich an Naturlandschaft und geprägt von bäuerlichen Familienbetrieben, deren Höfe teilweise bereits seit Jahrhunderten und über mehrere Generationen bestünden. Von der Verknüpfungsstelle wären laut Unionsfraktion 25 Landwirte unmittelbar betroffen, die mindestens 50 und bis zu 90 Prozent ihrer Flächen verlieren würden. Ein Flächenausgleich sei in dieser engen Tallage nicht möglich, heißt es. Die Bundesregierung wird nun aufgefordert, auf die geplante oberirdische Verknüpfungsstelle bei Kirnstein südlich von Rosenheim zu verzichten und stattdessen Alternativen zu prüfen, wie die einer „bergmännischen Lösung“ im Wildbarren. Außerdem plädiert die Unionsfraktion dafür, eine Unterquerung des Inn nördlich von Rosenheim zu ermöglichen sowie die Verknüpfungsstelle bei Ostermünchen zwei Kilometer weiter nördlich zu verlegen.
Abgesetzt: Menschen mit Seltenen Erkrankungen: Einen Antrag mit dem Titel „Betroffene und Selbsthilfe stärker unterstützen – Erforschung, Diagnosestellung und Versorgung von Menschen mit Seltenen Erkrankungen verbessern“, den die CDU/CSU-Fraktion angekündigt hatte und der federführend im Gesundheitsausschuss weiterberaten werden sollte, hat der Bundestag von der Tagesordnung abgesetzt.
Schienenlärmschutz: Federführend im Verkehrsausschuss beraten wird ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Schienenlärmschutz (20/11314), mit dem eine EU-Vorgabe zur Reduzierung des Schienenlärms durch Güterwagen (TSI NOI) in deutsches Recht umgesetzt werden soll. Das durch die TSI NOI vorgegebene Konzept der „leiseren Strecken“ soll um ordnungsrechtliche Regelungen ergänzt werden. Hierfür sollen die mit dem Schienenlärmschutzgesetz von 2017 geschaffenen Regelungen dergestalt fortgeschrieben werden, dass sie die Umsetzung der leiseren Strecken sicherstellen. Nach der TSI NOI gelten diejenigen Strecken als leise, auf denen nachts durchschnittlich mehr als zwölf Güterzüge verkehren. Bei der Bestimmung der Strecken im Jahr 2020 wurde der Güterverkehr aus den Jahren 2015, 2016 und 2017 zugrunde gelegt. Danach zählen alle Haupteisenbahnstrecken in Deutschland als leisere Strecken. Auf ihnen gilt faktisch ein Betriebsverbot für Güterwagen, die mit Grauguss-Bremsklotzsohlen ausgestattet und deshalb rund zehn Dezibel lauter sind als solche, die über leise Bremssysteme wie K-Sohle und LL-Sohle, aber auch Scheibenbremsen verfügen.
Rechnung des Bundesrechnungshofes: Der Präsident des Bundesrechnungshofes hat einen Antrag (20/11550) vorgelegt zur Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Haushaltsjahr 2023 (Einzelplan 20 des Bundeshaushalts). Der Antrag auf Entlastung wird federführend an den Haushaltsausschuss überwiesen werden.
Umkehr des Immunitätsrechts: Die AfD-Fraktion hat einen Gesetzentwurf zur Umkehr des Immunitätsrechts der Abgeordneten des Deutschen Bundestages (20/11616) vorgelegt, der federführend im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung beraten wird. Die Fraktion will im Artikel 46 des Grundgesetzes („Indemnität und Immunität der Abgeordneten“) festlegen, dass jede Strafverfolgungsmaßnahme, jede Haft und sonstige Beschränkung der persönlichen Freiheit eines Bundestagsabgeordneten auf Verlangen des Bundestages ausgesetzt werden muss, wenn dadurch die parlamentarische Arbeit des Bundestages beeinträchtigt wird. Artikel 46 will die Fraktion zudem dahingehend ergänzen, dass die Wohnung, die Geschäftsräume oder das „befriedete Besitztum“ des Abgeordneten nur mit Genehmigung des Bundestages durchsucht werden dürfen.
Transparenz bei Beteiligungen an Unternehmen: Die AfD-Fraktion hat darüber hinaus einen Gesetzentwurf zur Transparenz bei Beteiligungen an Unternehmen durch Mitglieder der Bundesregierung (20/11617) vorgelegt, der zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen wurde. Zur Begründung heißt es, in Deutschland gebe es keine Vorschriften, die Bundesminister und Parlamentarische Staatssekretäre verpflichten, solche Beteiligungen offenzulegen. Das Bundesministergesetz enthalte nur das Verbot, ein Gewerbe und einen Beruf auszuüben oder während der Amtszeit dem Vorstand, dem Aufsichtsrat oder dem Verwaltungsrat „eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens“ anzugehören. Nur für Bundesminister, die gleichzeitig Bundestagsabgeordnete sind, gälten die Regelungen des Abgeordnetengesetzes, die Offenlegungspflichten vorsehen, so die Fraktion.
Büroflächen des Bundes: Die AfD-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, die Höchstflächen für Geschäftszimmer der Bundesbehörden zu überarbeiten. In einem Antrag (20/11627), den der Bundestag zur federführenden Beratung an den Haushaltsausschuss überwiesen hat, heißt es, dabei müssten die „mittlerweile gewandelten Formen des Arbeitens in Gruppen-, Kombi- und Großraumbüros“ (Desksharing) als auch die Nutzung von „Coworking-Spaces“ bei außenstehenden Dienstleistern übernommen werden. Die Möglichkeiten der Heim- und Telearbeit müssten ausgebaut werden, um dauerhaft die Raumnutzung durch Mitarbeiter der Bundesbehörden zu verringern. Darüber hinaus will die Fraktion die Bürokapazitäten von diesem Jahr an deutlich einsparen. Auf Neubauten von Bürogebäuden müsse verzichtet werden. Falls unerlässlich, seien entsprechende Flächenbedarfe an den Empfehlungen des Bundesamtes für Arbeitsschutz auszurichten.
Arbeitsbedingungen von Praktikanten: Die AfD-Fraktion hat einen weiteren Antrag zum Vorschlag für eine EU-Richtlinie zur Verbesserung und Durchsetzung der Arbeitsbedingungen von Praktikanten und zur Bekämpfung von Scheinpraktika („Praktikumsrichtlinie“, 20/11628) eingebracht. Dabei geht es um eine „begründete Stellungnahme“ des Bundestages gemäß Artikel 6 des Protokolls Nr. 2 zum Vertrag von Lissabon (Prüfung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit). Der Antrag wird zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen.
Bauakademie: Die AfD-Fraktion hat darüber hinaus einen Antrag mit dem Titel „Berliner Bauakademie von Karl Friedrich Schinkel jetzt nach historischem Vorbild rekonstruieren“ (20/11629) vorgelegt. Darin fordern die Antragsteller die Bundesregierung unter anderem dazu auf, sich „eindeutig“ zur Rekonstruktion der Schinkelschen Bauakademie nach historischem Vorbild zu bekennen sowie den Mittelabfluss des bereitgestellten Budgets ausschließlich an die Rekonstruktion zu binden und der Öffentlichkeit „vollständig und jederzeit transparent“ zu machen. Die Vorlage wird im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen federführend beraten.
Elementarschäden: Die Gruppe Die Linke spricht sich für eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden aus und hat dazu einen Antrag (20/10678) vorgelegt, der an den Rechtsausschuss überwiesen wurde. Darin führen die Abgeordneten zur Begründung unter anderem an, dass Extremwetterereignisse wie Starkregen und Überflutungen im Zuge des Klimawandels immer häufiger aufträten und menschliches Leid sowie finanzielle Schäden verursachten. „Beidem kann und muss zukünftig stärker begegnet werden, durch vorbeugenden baulichen Schutz vor Großschadenereignissen und einer umfassenden finanziellen Absicherung gegen Schäden“, heißt es in dem Antrag weiter. Die Gruppe fordert die Bundesregierung daher auf, gesetzlich tätig zu werden. „Die vorgesehene gesetzliche Regelung muss sicherstellen, dass der finanzielle Aufwand für die Versicherungsnehmerinnen in zumutbaren Grenzen gehalten und zugleich der Schutz vor existenzbedrohenden Belastungen im Schadensfall sichergestellt werden. Zudem ist zu gewährleisten, dass die Kosten für die Versicherung nicht auf Mieterinnen und Mieter umgelegt werden“, führt die Gruppe dazu aus.
(vom/mis/06.06.2024)