Abgeordnete debattieren über Leistungskürzungen für Asylbewerber
Die CDU/CSU-Fraktion hat einen Antrag mit dem Titel „Leistungen für Asylbewerber senken – Rechtliche Spielräume nutzen“ (20/9740) vorgelegt, der am Freitag, 19. Januar 2024, erstmals im Bundestag beraten wurde. Nach der Debatte überwiesen die Abgeordneten die Vorlage gemeinsam mit einem AfD-Antrag mit dem Titel „Sozialstaat sichern – Bürgergeld für EU-Bürger und Drittstaatsangehörige begrenzen“ (20/10063) zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales.
Union fordert „echte Asylwende“
Stephan Stracke (CDU/CSU) verwies zu Beginn der Debatte auf die im Jahr 2023 gestellten mehr als 350.000 Asylanträge, wozu noch 1,1 Millionen ukrainische Flüchtlinge kämen. Das führe zu einer Überlastung des ganzen Landes, konstatierte er. „Wir brauchen eine echte Asylwende“, sagte der Unionsabgeordnete.
Dafür sei es unabdingbar, das Asylbewerberleistungsrecht neu auszurichten. Nicht zuletzt, da sich die deutschen Sozialleistungen zu einem Migrationsmagneten entwickelt hätten. Die Union, so Stracke, wolle die Leistungen für Asylbewerber reduzieren. An deren Anspruch auf Sicherung des Existenzminimums werde gleichwohl nicht gerüttelt.
SPD verweist auf umgesetzte Maßnahmen
Rasha Nasr (SPD) zeigte wenig Verständnis für die Forderungen der Union. Schließlich sei die Verlängerung der Bezugsdauer der niedrigeren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz von 18 Monaten auf 36 Monate gerade erst umgesetzt worden. Auch sei der Einsatz einer Bezahlkarte schon jetzt rechtlich möglich.
Aus ihrer Sicht steht jedoch „kein einziger Mensch in diesem Land besser da, wenn wir Geflüchteten noch mehr wegnehmen“. Asylsuchende würden rund 18 Prozent weniger als Bürgergeldempfänger erhalten, also weniger als das Existenzminimum vorsehe. „Irgendwann ist es auch mal gut“, befand die SPD-Abgeordnete.
AfD will Zugang zum Bürgergeld einschränken
47 Prozent der Bürgergeldbezieher seien Ausländer, sagte Norbert Kleinwächter (AfD) und forderte für den Zugang zum Bürgergeld eine Niederlassungserlaubnis sowie eine fünfjährige existenzsichernde Tätigkeit in Deutschland. Den Migranten, so Kleinwächter, sei es schließlich jederzeit möglich, „nach Hause zurückzukehren und dort eine sinnvolle Erwerbstätigkeit aufzunehmen“.
Kleinwächter griff das Wort „Migrationsentscheidung“ aus dem Unionsantrag auf. Sobald Migration das Ergebnis einer Entscheidung ist, „kann sie nicht mehr Asyl sein“. Daher seien die Millionen Migranten „keine Flüchtlinge, sondern ordinäre illegale Migranten“.
Grüne warnen vor Stigmatisierung
Angesichts solcher Debatten mache sie sich Sorgen um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie, sagte Stephanie Aeffner (Bündnis 90/Die Grünen). Das Versprechen des Sozialstaates auf ein soziales Netz, das Menschen in Krisen auffängt, werde immer öfter angegriffen. Es dürften nicht ständig neue Brandherde gelegt werden, betonte Aeffner.
Erst in dieser Woche sei die Verlängerung des Bezuges der niedrigeren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beschlossen worden – ebenso wie die Streichung des Bürgergeldes bei Ablehnung von Arbeit. Das alles führe zu einer Stigmatisierung und Entmenschlichung bestimmter Gruppen.
FDP für mehr Differenzierung
Jens Teutrine (FDP) sieht die Migrationspolitik in Deutschland schon seit längerem auf dem falschen Weg. Es sei absurd, dass Auszubildende abgeschoben würden und dass es Menschen, die nach Deutschland kommen, um zu arbeiten, mit bürokratischen Hürden so schwer gemacht werde.
Dies geschehe, „weil wir der Lüge anhängen, Deutschland sei kein Einwanderungsland“, sagte er. Richtig sei es dennoch, irreguläre Migration zu bekämpfen, weil sonst die Akzeptanz für die legale Migration fehle. Teutrine forderte dabei mehr Differenzierungen und „weniger alle rein oder alle raus“.
Antrag der Union
Im Antrag fordert die CDU/CSU-Fraktion, dass die Voraussetzungen geschaffen werden, um die Bezugsdauer der niedrigeren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) von 18 Monaten auf 36 Monate zu verlängern. Die vorrangige Ausgabe von Sach- statt Geldleistungen und die Einführung einer möglichst bundeseinheitlichen Bezahlkarte soll zur Regel gemacht werden.
Darüber hinaus sollen Rücküberweisungen in Herkunftsländer nicht mehr erlaubt sein. Solange eine Ausreisepflicht besteht und eine Ausreise tatsächlich und rechtlich möglich ist, soll eine Leistungskürzung auf das physische Existenzminimum stattfinden. Für Geduldete soll es lediglich eine zweiwöchige Überbrückungsleistung nebst Reisebeihilfe geben, wenn ein Schutzstatus aus dem EU-Ausland oder einem leicht erreichbaren Drittstaat vorliegt. Außerdem soll es schnellere Sanktionsverfahren geben, indem die Verhängung von Sanktionen nach dem AsylbLG mit ausländer- und asylrechtlichen Fragestellungen gekoppelt wird.
Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion fordert in ihrem Antrag, den Zugang zum Bürgergeld für EU-Bürger und Drittstaatsangehörige zu begrenzen. „In Zeiten einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise mit einem aus dem Ruder gelaufenen Haushaltsdefizit, einem teilweise verfassungswidrigen Haushaltsgebaren der Bundesregierung und der höchsten Verschuldung seit 1949 können soziale Leistungen nicht mehr unbegrenzt gewährt werden“, schreiben die Abgeordneten.
Sie fordern deshalb von der Bundesregierung einen Gesetzentwurf, der unter anderem regelt, dass volljährige erwerbsfähige Ausländer von den SGB II-Leistungen ausgenommen werden, soweit keine Nachweise für einen fünfjährigen erlaubten Aufenthalt im Inland, eine fünfjährige existenzsichernde Erwerbstätigkeit sowie berufsbefähigende Deutschkenntnisse auf dem Niveau von mindestens B2 vorliegen. Ausländer aus Drittstaaten sollen überdies auch einen unbefristeten Aufenthaltstitel in Form einer Niederlassungserlaubnis nachweisen müssen.
SGB II-Leistungen sollen zudem nur noch befristet für zwölf Monate am Stück und für fünf Jahre über das gesamte Erwerbsleben gewährt werden. Ausländern, die aufgrund des Leistungsausschlusses keinen Zugang zum Bürgergeld erhalten oder die maximale Bezugsdauer bereits ausgeschöpft haben, sollen Rückkehrhilfen in die Heimatländer gewährt werden, schreibt die AfD-Fraktion weiter. (hau/che/19.01.2024)