Aktuelle Stunde offenbart konträren Blick auf die Sportpolitik
Ein gänzlich unterschiedlicher Blick von Opposition und Koalition auf die Sportpolitik der Bundesregierung offenbarte sich bei einer von der Unionsfraktion beantragten Aktuellen Stunde mit dem Titel „Unzureichende Sportpolitik der Bundesregierung – Wege für einen Neustart suchen“ am Mittwoch, 24. April 2024.
Während Stephan Mayer (CDU/CSU) der für Sport zuständigen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Ahnungslosigkeit und Desinteresse für die Belange des Sports attestierte und Jörn König (AfD) Faeser als Totengräberin des deutschen Sports bezeichnete und ihren Rücktritt forderte, verteidigten Sabine Poschmann (SPD) und weitere Rednerinnen und Redner der Koalitionsfraktion die Innenministerin als Garantin für den dringend benötigten Systemwechsel im Sport.
CDU/CSU: Fatale Bilanz der deutschen Sportpolitik
Eine „fatale Bilanz“ der deutschen Sportpolitik zog Stephan Mayer. Das Entsetzen des organisierten Sports über die Sportpolitik der Bundesregierung sei so groß wie nie zuvor. Festzumachen sei dies an der Reaktion auf die Veröffentlichung des Referentenentwurfes für ein Sportfördergesetz „und der damit verbundenen sogenannten unabhängigen Agentur“. Die Kritik komme vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), den Landessportbünden, den Spitzenverbänden und den Trainern, die mit einem Boykott drohten. „Das zeigt, das das BMI vom Sport keine Ahnung hat und auch für den Sport nichts übrig hat“, sagte der Unionsabgeordnete, der in den vergangenen Legislaturperioden als für Sport zuständiger Staatssekretär im Bundesinnenministerium (BMI) aktiv war.
Mayer ging auch auf den im Koalitionsvertrag vereinbarten Entwicklungsplan Sport ein, dessen Erarbeitung handwerklich so miserabel sei, dass DOSB und die Länder sich daran nicht beteiligen wollten. Ein Desaster sei auch, dass der Bund kein Geld für eine Olympiabewerbung zur Verfügung stellen wolle.
SPD: Sportfördergesetz auf gutem Weg
Gänzlich anders sah das Sabine Poschmann. Das Sportfördergesetz sei auf einem guten Weg, im Haushalt 2024 gebe es Etataufwüchse für den Sport, die Ansprechstelle Safe Sport sei eröffnet, der Entwicklungsplan Sport werde im Sommer vorgelegt. Trotz der schlechten Haushaltslage gebe es 786 Millionen Euro für die Sanierung von Sportstätten, zudem habe sich die Bundesregierung hinter die laufende Olympiabewerbung gestellt. „Eine Sportveranstaltung nach der anderen findet in Deutschland statt“, sagte die SPD-Abgeordnete.
Faeser räume dem Sport einen deutlich höheren Stellenwert ein „als es die Innenminister der CDU/CSU in den vergangenen Jahren getan haben“, urteilte sie. Wo die Union nur halbgare Lösungen präsentiere, gehe die Ampel einen Systemwechsel an. Erstmals werde es ein Sportfördergesetz geben, wodurch die Spitzensportförderung durch den Bund gesetzlich fixiert werde. Dass es daran Kritik gebe, sei nicht ungewöhnlich und der Rolle der Verbände geschuldet. BMI und DOSB hätten aber ein gemeinsames Verständnis zu zentralen Fragen erzielt.
AfD: Ministerin interessiert sich nicht für Sport
Jörn König sah das anders. Faeser habe es geschafft, „den gesamten deutschen Sport gegen sich aufzubringen“. Der entscheidende Grund dafür sei, dass sich die Ministerin gar nicht für Sport interessiere. „Sie ist eine linksextreme Ideologin, die den Sport nur als Transportmittel für ihre Politik sieht“, befand der AfD-Abgeordnete. Das BMI respektiere die Autonomie des Sports nicht, so König weiter. Dies habe auch das IOC in seiner Antwort auf Faesers Forderung, russische und weißrussische Athleten von den Olympischen Spielen auszuschließen, attestiert.
Auch das Sportfördergesetz verstoße gegen die Autonomie des Sports, hätten die Landessportbünde geurteilt, sagte König. Unter Faeser sei zudem der Sporthaushalt gekürzt worden. „Wir geben mehr Geld für Radwege in Peru aus als für die Spitzensportförderung in Deutschland“, bemängelte er.
Grüne: Sport auf ein neues Niveau heben
Es sei Aufgabe der Sportpolitik, so sagte Tina Winklmann (Bündnis 90/Die Grünen), den Athleten mit gezielten Förderungen durch ein Sportfördergesetz „das zu geben, was sie verdient haben“. Das gehe die Koalition gemeinsam an. Die Athletinnen und Athleten in den Mittelpunkt zu rücken und die Mittelvergabe transparenter zu gestalten sei entscheidend, um Deutschland als Sportnation modern und konkurrenzfähig zu gestalten.
Anders als die Vorgängerregierung denke die Ampel gezielter und breiter, sagte die Grünen-Abgeordnete. „Wir arbeiten daran, den Sport in Deutschland auf eine neues Niveau zu heben.“
FDP: Überbordende Bürokratie
Philipp Hartewig (FDP) stellte fest, dass zwar seit Jahren mehr Geld in das deutsche Spitzensportsystem fließe, der Output aber eher in die entgegengesetzte Richtung gehe. Als Ursachen bezeichnete er neben gesellschaftlichen Entwicklungen „überbordende Bürokratie, mangelnde Flexibilität und wenig Zielgenauigkeit bei der Mittelvergabe“.
Die deutsche Spitzensportförderung der letzten Jahrzehnte habe ein sich selbst lähmendes Sportfördersystem geschaffen, das Potenziale verschenkt und Erfolge verhindert habe, sagte Hartewig. Daher brauche es einen Systemwechsel. Erreicht werden solle der über ein Sportfördergesetz, welches Spitzenleistungen ermöglicht und den Fokus auf sportfachliche Fragen verbessert. (hau/24.04.2024)