Redner aller Fraktionen mit Ausnahme der AfD haben am Donnerstag, 11. April 2024, die Mitgliedschaft Deutschlands im Euroraum verteidigt. Anlass war ein Antrag der AfD-Fraktion (20/10969). In diesem wird die Bundesregierung dazu aufgefordert, eine Bilanz zu 22 Jahren Eurobargeld zu ziehen und ferner „der deutschen Öffentlichkeit gegenüber die sozialen, finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen zu quantifizieren und zu schildern, inwiefern welche der Zusicherungen nicht eingehalten wurden oder von vorneherein nicht einzuhalten waren“.
AfD wirft EZB „Politik für Pleitestaaten“ vor
Norbert Kleinwächter (AfD) verwies in seiner Rede auf eine Broschüre aus dem Jahr 1996 und damals gemachte politische Versprechungen, etwa die eines Ausschlusses der gegenseitigen Haftung von Mitgliedstaaten für Staatsschulden. „Die Deutschen waren dagegen“, sagte Kleinwächter. Es habe damals keine direkte Demokratie gegeben, keinen Volksentscheid zum Euro, kritisierte er.
Die Europäische Zentralbank (EZB) betreibe „Politik für Pleitestaaten“, unterstellte Kleinwächter, kaufe verbotenerweise Staatsanleihen. Die Geldpolitik der EZB habe die Inflation angeheizt.
SPD sieht im Euro „Symbol für die Stärke Europas“
Für die SPD-Fraktion rief Johannes Schraps mit Blick auf die anstehende Europawahl die Bürger dazu auf, den AfD-Antrag genau zu lesen, um zu sehen, „wo sie am 9. Juni ihr Kreuz lieber nicht machen sollten“. Die Zustimmung in Deutschland zur EU-Mitgliedschaft, zur Nato-Mitgliedschaft „und sogar zu einer europäischen Armee“ sei gestiegen. Diese Mitgliedschaften seien „essenzielle Sicherheitsgarantien für unser Land“. „Der Euro hat sich als äußerst stabil erwiesen“, sagte Schraps. Durch die gemeinsame Währung entfielen Kosten, etwa beim Reisen, aber auch beim grenzüberschreitenden Handel. Das stärke die Wirtschaft. Der SPD-Abgeordnete verwies auf die rekordhohe Beschäftigung in Deutschland. „Der Euro ist ein Symbol für die Einheit und Stärke Europas.“
In einer Zwischenintervention warf der AfD-Abgeordnete Kay Gottschalk der Ampel-Koalition daraufhin vor: „Sie verwandeln unser Land in eine Kriegsnation.“ Gottschalk fragte, warum Dänemark und Norwegen nicht dem Euro beiträten.
Union: Kein Land profitiert so sehr vom Euro wie Deutschland
Die CDU/CSU-Abgeordnete Dr. Ottilie Klein sagte in ihrem folgenden Redebeitrag: „Dieser Antrag ist eine Mischung aus Untergangsszenarien und Halbwahrheiten.“ Kein Land profitiere so sehr von der EU und vom Euro wie Deutschland. Jeder vierte Arbeitsplatz hänge in Deutschland vom Export ab, mehr als die Hälfte der deutschen Exporte gehe in Staaten des EU-Binnenmarkts. „Der Euro erleichtert den Handel, stärkt unsere Unternehmen und schafft Wohlstand“, sagte Klein.
Nach wie vor müsse in der EU jeder Mitgliedstaat für seine Schulden selbst haften, betonte die Christdemokratin. „Eine Schuldenunion lehnen wir ab.“ Deutschland brauche Europa, könne ohne EU auch alleine nicht für seine Sicherheit sorgen. Ihre Fraktion stehe zum Euro und zu Europa, „denn wir stehen zu Deutschland“.
Grüne für Weiterentwicklung der europäischen Kapitalmarkt- und Bankenunion
Jamila Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) sprach sich für eine Weiterentwicklung der europäischen Kapitalmarkt- und Bankenunion aus. Sie sagte ferner, die Inflationsrate in Deutschland sei seit der Euro-Einführung niedriger gewesen als in den letzten 22 Jahren mit der Deutschen Mark vor der Euro-Einführung. „Wenn es Ihnen um einen stabilen Währungsraum ginge, sollten Sie lieber 'stabil wie der Euro' in Ihren Antrag schreiben“, forderte sie die AfD-Fraktion auf.
Der Grund für die erhöhten Inflationsraten der vergangenen Monate liegt aus Schäfers Sicht im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Die Grüne nannte Putin den „besten Freund“ der AfD. „Ihr Freund Putin greift die Ukraine an und tötet“, warf sie den AfD-Abgeordneten vor. Dabei habe Putin verstanden, dass es dabei auch um die Beeinflussung in Westeuropa gehe. „Sie sind die willigen Handlanger für diese Strategie“, erklärte sie an die AfD-Fraktion gerichtet.
FDP: AfD will spalten und Hass sähen
Für die FDP-Fraktion ergriff Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann das Wort. Der Euro sei trotz der Krisen stabil, stellte sie fest. „An die Deutsche Mark zu denken ist sowas von antiquiert“, kritisierte sie und zählte mehrere Vorteile der EU auf. An die AfD-Fraktion gerichtet sagte sie daraufhin mit Verweis auf Regeln des EU-Binnenmarkts zu Telefongebühren im EU-Ausland: „Sie können Ihren Unsinn auch noch in unseren Nachbarländern erzählen, ohne Roaminggebühren zu zahlen.“
Die Abgeordnete sagte auch: „Die EU ist das größte Friedensprojekt, seit die Menschen vom Baum gestiegen sind.“ Allerdings sei die EU nicht perfekt: Die derzeitige deutsche Präsidentin der EU-Kommission „mit dem Parteibuch Konrad Adenauers“ habe sich fünf Jahre lang ausgetobt. Strack-Zimmermann kritisierte wachsende Regulierung während der zu Ende gehenden Amtszeit von Ursula von der Leyen und rief: „Europa ist doch nicht entstanden, damit wir Ameisen tätowieren!“ Das sei aber kein Grund dafür, eine Politik zu betreiben, die nur Angst schüren wolle. „Wie sind sie drauf?“, fragte die FDP-Abgeordnete in Richtung der AfD. „Nur spalten, nur Hass sähen, das ist das, was sie wollen.“ Alle, die eine innige Beziehung zu Russland hätten, „werden darauf achten, dass in den Koffern Euro liegen. In Rubel ist der Koffer zwar schwerer, aber weniger wert“. (bal/11.04.2024)