Scharfer Disput über Meinungsfreiheit in Deutschland
Die AfD hält die Meinungsfreiheit in Deutschland durch staatliche Übergriffe für gefährdet. SPD und Grüne halten wiederum die Meinungsfreiheit durch die AfD für gefährdet. Die Union kritisiert den wehleidigen Opfermythos der AfD und fordert eine Trennung zwischen Rechts und Rechtsextremismus. Die FDP verteidigte die Plattformregulierung, weil Hass und Hetze auch im Internet keine Bühne bekommen sollten.
AfD: Demokratiefördergesetz ist Etikettenschwindel
Bei einer von seiner Fraktion beantragten Aktuellen Stunde am Freitag, 23. Februar 2024, sprach Dr. Gottfried Curio (AfD) von einem Etikettenschwindel durch das „fälschlich sogenannte Demokratiefördergesetz“. Davon würden links-grüne Organisationen profitieren, „aber sicher nicht die Demokratie“. Die Regierung wähle die Vereine selber aus und mäste sie mit Steuermillionen, „um sich selbst als Stichwort- und Auftraggeber der medialen Verleumdungskampagnen unsichtbar zu machen“. Zivilgesellschaft, so Curio, sei ein Tarnbegriff für staatlich organisierte Vorfeldorganisationen linker Parteien. „Eine echte Zivilgesellschaft würde einen entstehenden Obrigkeitsstaat verhindern wollen“, sagte der AfD-Abgeordnete.
Auch die geplante Bekämpfung von „ausdrücklich nicht strafrechtlich relevanten Meinungen“ sei verfassungswidrig. Was zu bekämpfender Hass sei, wolle die Regierung freihändig aus dem Spektrum der gesetzlich garantierten Meinungsfreiheit herausfiltern lassen. „Die Verfassungsfeinde sitzen im Familienministerium und im Innenministerium“, sagte Curio.
SPD: Die AfD ist Täter und nicht Opfer
Die AfD sei mit ihren menschenverachtenden Aussagen Täter und nicht Opfer, hielt dem Dorothee Martin (SPD) entgegen. Das Maßnahmenpaket von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) gegen Rechtsextremismus sei keineswegs das Ende der Meinungsfreiheit. Es sei vielmehr der Schutz der Meinungsfreiheit und des freiheitlichen Zusammenlebens. „Sie sind es, die unsere Meinungsfreiheit bekämpfen, die jeden Tag Schmutzkampagnen in den Medien verbreiten, die Journalisten von ihren Parteitagen ausschließen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen wollen“, sagte Martin an die AfD gewandt. „Sie bedrohen Menschen, die nicht in ihr völkisches Weltbild passen.“
Dass die AfD im Bundestag und auch anderenorts frei reden kann, zeige doch, „dass in unserem Land Meinungsfreiheit herrscht“ - auch wenn diese Meinung „jeden Anstand vermissen lässt“. Genau dieser Hass und diese Hetze seien es, die der AfD millionenfach Kritik und Widerspruch einbringe, sagte die SPD-Abgeordnete. Sie danke allen, die sich Rechtsextremisten und Demokratiefeinden in den Weg stellen. „Bleiben Sie mutig, standhaft und laut“, sagte Martin.
Union kritisiert wehleidigen Opfermythos
Philipp Amthor (CDU/CSU) machte deutlich, dass das Recht auf Meinungsfreiheit nicht bedeute, „dass Meinungen unwidersprochen bleiben“. Die AfD beklage sich jedoch darüber, wenn ihrem „Stuss“ jemand widerspräche und verweise auf die Meinungsfreiheit. „So funktioniert das nicht. Dieser wehleidige Opfermythos ist keine richtige Interpretation der Meinungsfreiheit“, sagte Amthor.
Klar sein müsse aber auch, dass bei allem legitimen Kampf gegen den Extremismus sich der Staat nicht zu einer Rolle als absoluter Hüter der Wahrheit aufspielen dürfe. Wenn man unter vagen Begriffen wie Delegitimieren und Hetze versuche das eigene Politikprogramm durchzusetzen helfe das nicht, sagte Amthor mit Blick auf das Paket gegen Rechtsextremismus der Innenministerin. Der Unionsabgeordnete forderte mehre Differenzierung beim „Kampf gegen Rechts“. Benötigt werde ein kluger und zielgerichteter Plan beim Kampf gegen Rechtsextremismus. Wenn nämlich Rechts verschwinde, bleibe nur noch Links und Grün. „Das ist zu wenig für eine Demokratie“, befand er.
Grüne begrüßen Protest gegen die Politik der AfD
Marcel Emmerich (Bündnis 90/Die Grünen) warf der AfD vor, das demokratische Miteinander zerstören zu wollen. Der AfD gehe es weder um Meinungs- noch um Pressefreiheit. Die Meinungsfreiheit sei ein hohes Gut, sagte der Grünenabgeordnete. Sie berechtige aber nicht dazu, anderen die Menschenwürde abzusprechen. Durch das Treffen in Potsdam, so Emmerich weiter, sei sehr klar geworden, dass die AfD an einem Abbau der Demokratie hin zu einem anderen Land der Unterdrückung, des Unrechts und der Vertreibung arbeite.
Die AfD sei eine Gefahr. Das würden auch immer mehr Menschen in diesem Land auch so sehen, und daher auf die Straßen gehen. „Darüber bin ich unheimlich froh“, sagte der Grünenabgeordnete. Diese Menschen machten deutlich, dass die Story der AfD von der schweigenden Mehrheit, die irgendwie zu ihr gehöre, „überhaupt nicht die Realität ist“. Stattdessen protestierten die Menschen aus der Mitte der Gesellschaft gegen die Politik der AfD. Das sei eine gute Nachricht.
FDP: Billiger Versuch der AfD
Die Meinungsfreiheit sei per Definition unbequem, sagte Maximilian Funke-Kaiser (FDP). Mache man von diesem Recht Gebrauch, könne das anderen Menschen „sauer aufstoßen“. Funke-Kaiser machte zudem deutlich, dass eine Meinung nicht staatlich auferlegt werden dürfe. Meinungsfreiheit sei elementar für eine lebhafte liberale Demokratie. „Die Freien Demokraten werden die Meinungsfreiheit immer beschützen und wahren“, betonte er.
Wenn nun aber behauptet werde, das Digitale-Dienste Gesetz sei eine Zensur, so sei das falsch, sagte der FDP-Abgeordnete. Vielmehr werde damit verhindert, dass die Betreiber von Online-Plattformen sich ihrer Verantwortung entziehen. Die Aktuelle Stunde nannte er einen billigen Versuch der AfD sich zu einem angeblichen Opfer eines Redeverbotes zu stilisieren. Rechtsaußen gehe es vielmehr darum, dass sie „menschenfeindliche Äußerungen gegenüber unseren Mitbürgern“ von sich geben können, „ohne das Menschen mit einem Funken Anstand widersprechen“. (hau/23.02.2024)