Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 22. Juni 2023, eine Reihe von Vorlagen zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen:
Schweden: Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (20/7307) zur Ratifizierung von Änderungen im Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Königreich Schweden in den Bundestag eingebracht. Laut Begründung erfolgt mit dem Vertragsgesetz die Umsetzung des am 18. Januar 2023 unterzeichneten Protokolls zur Änderung des Abkommens vom 14. Juli 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie bei den Erbschafts- und Schenkungsteuern. Außerdem sichern sich beide Staaten gegenseitig Beistand in Steuerfragen zu. Insbesondere geht es bei den Änderungen des Abkommens um die Verankerung der Mindeststandards der Industrieländerorganisation OECD und der G20-Staaten für eine internationale Unternehmensbesteuerung. Diese soll vermeiden, dass Unternehmen gar keine oder verminderte Steuern zahlen. Weitere Beratung wird die Vorlage im Finanzausschuss erfahren.
Bankenverkehr: Ein von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachter Entwurf eines Gesetzes zur Novellierung der Geschäftsbeziehungen im Bankenverkehr (20/7347) sieht dazu Änderungen in Paragraf 675g Absätze 1 und 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor. Er wird federführend im Rechtsausschuss beraten. Die CDU/CSU-Fraktion will es Banken ermöglichen, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch ohne explizite Zustimmung der Kundinnen und Kunden zu ändern. Die Fraktion begründet ihren Entwurf mit der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs. Das Gericht hatte Ende April 2021 die bisherige Praxis, Änderungen der AGB über eine sogenannte Zustimmungsfiktion zu ermöglichen, für rechtswidrig erklärt. Wie die Fraktion ausführt, habe das BGH-Urteil „im praktischen Kundenverkehr vielerlei Folgen und Reaktionen hervorgerufen, die sich allesamt als negativ für beide Seiten (Bank und Kunde) als auch als unpraktisch erwiesen haben“. So würden regelmäßig vorzunehmende vertragliche Anpassungen ohne Zustimmungsfiktionsklausel deutlich erschwert, heißt es weiter. Nach Darstellung der Unionsfraktion verfolgt ihr Entwurf den Lösungsansatz, „dass die Wirkungen einer Zustimmungsfiktion erreicht werden, wobei dem Kunden eine Art Überlegungsfrist, innerhalb derer er nicht aktiv werden muss, eingeräumt wird“. Er könne frei entscheiden, ob er aktiv werden will. „Das Recht zur Kündigung bleibt unangetastet, die beiderseitigen Vorteile der Zustimmungsfiktion werden gewahrt. Die Inhaltskontrolle bleibt uneingeschränkt und wird nicht angetastet“, heißt es weiter.
Betreuungsvereine: Ein weiterer Antrag der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Finanzierung der Betreuungsvereine und der Betreuer sicherstellen – Strukturen erhalten“ (20/7352) stand auf der Tagesordnung. Federführend weiterberaten wird die Vorlage im Rechtsausschuss. In dem Antrag heißt es: „Betreuungsvereine leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Umsetzung des Betreuungsrechtes in die Praxis. Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen, zum Beispiel wegen Alters oder einer Behinderung, ihre rechtlichen Angelegenheiten nicht mehr eigenverantwortlich regeln können, sind auf Betreuung angewiesen.“ Viele Vereine stünden aktuell vor erheblichen, existenzbedrohenden Problemen, weil die Finanzierung ihrer Aufgaben unzureichend sei und aufgrund gravierender inflationsbedingter Mehrkosten. Von der Bundesregierung fordert die Unionsfraktion daher unter anderem, „unabhängig von der anstehenden Evaluierung Ende 2024 die derzeitige Kostenproblematik der Betreuungsvereine im Einvernehmen mit den Ländern umgehend zu lösen“. Zudem solle sich die Regierung im Dialog mit den Ländern für die „unverzügliche Umsetzung“ des gesetzlich geregelten Anspruchs der Vereine auf eine bedarfsgerechte, gleichwertige finanzielle Ausstattung mit öffentlichen Mitteln durch alle Länder einsetzen, „um die gesamtgesellschaftlichen Anstrengungen der Teilhabe nicht zu gefährden“.
Luftqualität: Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion „Stellungnahme des Deutschen Bundestages nach Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes zu den Verhandlungen über einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Luftqualität und saubere Luft für Europa“ (20/7354) wird federführend im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz beraten. Die CDU/CSU-Fraktion dringt darin auf eine Verschiebung neuer EU-Vorschriften zur Luftqualität und fordert die Bundesregierung auf, sich bei den Verhandlungen über eine Änderung der Richtlinie 2008 / 50 / EG über Luftqualität und saubere Luft aus dem Jahr 2008 für einen Aufschub einzusetzen, damit Regelungsvorhaben wie etwa der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft oder die Elektromobilität erst Wirkung zeigen könnten. Außerdem soll die Bundesregierung sicherstellen, dass in der aktuellen Energiekrise Privathaushalte und Unternehmen durch die neuen Regelungen der Luftqualitätsrichtlinie nicht „unverhältnismäßig stark belastet“ werden, heißt es in der Vorlage. Weitere Forderungen der Unionsfraktion beziehen sich unter anderem auf die Technologieoffenheit in Bezug auf Heizsysteme, „bürokratiearme und für Kommunen tragbare Umsetzungen“ mit Blick auf die Erstellung von Luftreinhalteplänen sowie bezahlbare Preise für konventionelle Kraftstoffe. Auch solle die Bundesregierung für eine Verschiebung der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgeschlagenen Luftqualitätsgrenzwerte bis 2040 eintreten, deren methodische Herleitung durch Experten eingehend zu überprüfen und sich gegen die gesetzliche Möglichkeit von kommunalen Fahrverboten einsetzen. Die Anwendung von Ordnungsrecht müsse insgesamt „maßvoll und praxistauglich“ sein, fordern die Abgeordneten. Bei den Vorschriften zur Luftqualität müssten „Verhältnismäßigkeit, Technologieoffenheit und Machbarkeit im Vordergrund stehen“.
Benin-Bronzen: Die Unionsfraktion dringt auf die öffentliche Ausstellung der aus deutschen Sammlungen an Nigeria restituierten Benin-Bronzen. In einem Antrag (20/7252), der im Ausschuss für Kultur und Medien federführend beraten wird, fordert sie die Bundesregierung auf, in diplomatischen Verhandlungen mit Nigeria die Ausstellung der Benin-Bronzen im Edo Museum of West African Art zu realisieren und so den Vorgaben für die Bereitstellung von vier Millionen Euro durch die Bundesrepublik Deutschland nachzukommen. Der Umstand, dass Nigerias Staatspräsident die Eigentumsrechte an den Benin-Bronzen ausschließlich an den Oba, den Nachfahren jener ehemaligen Königsfamilie, „die aufgrund von Menschenrechtsverletzungen wie dem Sklavenhandel zur Entstehung der Bronzen beigetragen“ habe, sei „mehr als bedauerlich“ heißt es im Antrag. „Es ist die Umkehrung dessen passiert, was wir im Sinne der ursprünglichen Erklärung zum Umgang mit den in deutschen Museen und Einrichtungen befindlichen Benin-Bronzen von 2021 eigentlich versuchen - nämlich die Zugänglichmachung identitätsstiftender Kulturgüter für und die Eigentumsübertragung an die heutigen Herkunftsgesellschaften als Ganzes und nicht lediglich an einzelne Nachfahren.“ Nach dem Willen der CDU/CSU-Fraktion soll die Bundesregierung zudem vor der Rückgabe weiterer Benin-Bronzen mit Expertise der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sicherstellen, dass die Objekte in Nigeria öffentlich zugänglich und vor Zerstörung oder illegalem Handel geschützt werden und hierbei die international Standards der Fürsorge für das Menschheitskulturerbe angelegt werden. Aufbauend auf der Benin-Dialogue-Group soll im Austausch mit anderen europäischen Staaten, insbesondere Frankreich und Großbritannien, eine gemeinsame Leitlinie für die Rückgabe abgestimmt werden.
Wärmewende: Die AfD will mit einem Antrag die „Wärmewende stoppen und stattdessen die sichere, lückenlose und bezahlbare Energieversorgung gewährleisten“ (20/7356). Die federführende Beratung der Vorlage übernimmt der Ausschuss für Klimaschutz und Energie. Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung unter anderem auf, „die Wahl zwischen verschiedenen Heizungssystemen dem Bürger zu überlassen“, zur Stromversorgung das Angebot an grundlastfähiger Kraftwerkskapazität unter Einbeziehung von Kohle- und Kernenergie auszuweiten, sämtliche Fördermaßnahmen „sogenannter erneuerbarer Energien“ sowie deren Privilegierung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) schnellstmöglich einzustellen und auf den kurzfristigen Ausstieg aus dem Treibhausgas-Emissionszertifikathandel der Europäischen Union (EU-ETS) sowie aus allen entsprechenden nationalen Bepreisungen (zum Beispiel BEHG) hinzuwirken.
Gebäudeheizungsarten: „Diversifizierung von Gebäudeheizungsarten erhalten – Durch vielfältige Heizsysteme die Widerstandsfähigkeit der Wärmeerzeugung in Deutschland bewahren“ (20/7357) lautet der Titel eines weiteren AfD-Antrags. Die weitere, federführende Beratung der Vorlage übernimmt der Ausschuss für Klimaschutz und Energie.
Afrika: Die AfD-Fraktion will den Kampf gegen die zunehmende Umweltverschmutzung durch Kunststoffmüll zu einem vorrangigen Ziel der deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit afrikanischen Ländern machen. Zudem soll die Bundesregierung „das Narrativ einer deutschen Verantwortung für den Klimawandel und für daraus abgeleitete Umweltschäden sowie sonstige negative Auswirkungen in Afrika“ zurückweisen, fordert sie in einem Antrag (20/7360), der federführend im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beraten wird. In der Begründung heißt es, in Afrika spiele sich derzeit eine Umweltkatastrophe ab, „die weder durch die These der vermeintlichen Verantwortung der Industrieländer für den vorgeblich fast nur anthropogen verursachten Klimawandel noch durch eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik eingedämmt werden kann“. Die zunehmende Umweltzerstörung und Entwaldung sowie die hochproblematische Handhabung des Kunststoffmülls gehören aus Sicht der AfD zu den Hauptursachen für Krankheiten, Armut und Hunger in Afrika. Vor diesem Hintergrund hält sie es für geboten, im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit nachhaltige Entsorgungssysteme zu fördern.
Afrika II: Bei den deutschen entwicklungspolitischen Investitionen im Rahmen der europäischen „Global-GatewayInitiative“ soll es nach dem Willen der AfD-Fraktion „zum Wohle Afrikas und der deutschen Wirtschaft“ vorrangig um wirtschaftliche Zusammenarbeit gehen. So sollten deutsche Rohstoffinteressen in Afrika, insbesondere in der Demokratischen Republik Kongo, klar formuliert werden, fordert sie in einem Antrag (20/7358), der federführend im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beraten wird. Innerhalb der EU soll sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass für Rohstoffinteressen entsprechende Korridore gefördert werden. Von „ideologisch begründeten Zielvorgaben bei Energieversorgungsprojekten“ soll sie absehen. Stattdessen sollten sich die Vorgaben an den strategischen energiepolitischen Entscheidungen der afrikanischen Partner ausrichten.
Kalte Progression: Ein Gesetzentwurf der AfD zur Anpassung steuerrechtlicher Vorschriften an die Folgen der kalten Progression (20/6144) wird federführend im Finanzausschuss beraten. In dem Gesetzentwurf der Fraktion heißt es, die Folgen der kalten Progression sollten durch eine neue Tarifformel im Einkommensteuergesetz in Zukunft vollständig für jedes Jahr abgebaut werden. Ziel sei es, die durchschnittliche Steuerbelastung für das entsprechend der Inflation gestiegene zu versteuernde Einkommen konstant zu halten. Damit könnten die derzeit entstehenden heimlichen Steuererhöhungen beseitigt werden. Der Entwurf sieht die automatische Anpassung der Tarifeckwerte über eine normierte Tarifformel und eine automatische Anpassung aller Freigrenzen, Freibeträge, Pausch- und Höchstbeträge im Einkommensteuergesetz vor. Diese Normierung erfolge mit dem Ziel, die durchschnittliche Steuerbelastung für das entsprechend der Inflation gestiegene zu versteuernde Einkommen konstant zu halten. Ausgangspunkt dafür soll die Prognose des Verbraucherpreisindexes der Bundesregierung für das jeweils laufende Jahr sein. Etwaige Prognosefehler seien im Folgejahr zu berücksichtigen. Dieses Indexierungsverfahren stellt nach Ansicht der AfD-Fraktion sicher, dass die Entlastung der Steuerzahler mit Hilfe aktueller Verbraucherpreisdaten zeitnah und fair erfolge.
Luftwaffe: Ein weiterer Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Den spezialisierten Kräften der Luftwaffe und zur Sicherheit von Lufttransportmissionen Zulagen gewähren“ (20/7359) wird im federführenden Verteidigungsausschuss beraten. Die AfD-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, den Soldaten der Air Mobile Protection Teams der Luftwaffe die in der Erschwerniszulagenverordnung (EZulV) vorgesehene Zulage für spezialisierte Kräfte der Bundeswehr in Höhe von bis zu 500 Euro monatlich zu zahlen. Bislang werde diese Zulage den Air Mobile Protection Teams nicht ausgezahlt, obwohl sie gemäß Definition ebenfalls spezialisierte Kräfte der Bundeswehr seien, heißt es in dem Antrag. Die spezialisierte Kräfte und die Spezialkräfte der Bundeswehr müssten ihre Kenntnisse in einer langwierigen Ausbildung erwerben, um den hohen Ansprüchen ihrer Einheiten zu genügen, heißt es im Antrag der AfD. Die Air Mobile Protection Teams würden als spezialisierte Kräfte der Bundeswehr ihren Teil zum Fähigkeitsspektrum der Streitkräfte leisten. Ihren hohen Wert hätten sie zuletzt in Afghanistan im August 2021 beim Evakuierungsflug aus Kabul unter Beweis gestellt.
(ste/22.06.2023)