Abgeordnete informieren sich über Städte- und Kulturreisen
Zeit:
Mittwoch, 20. September 2023,
15
bis 16.30 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal 4.600
Bei den Städtereisen sieht es recht gut aus, beim Kulturtourismus lässt die Nachfrage nach: Fünf Sachverständige haben am Mittwoch, 20. September 2023, bei einer öffentlichen Anhörung im Tourismusausschuss zum Thema „Kulturtourismus und Städtereisen“ die Abgeordneten über die aktuelle Situation in Deutschland informiert.
„Die Deutschen fahren wieder vermehrt ins Ausland“
Burkhard Kieker, Geschäftsführer von visit Berlin, bilanzierte, dass der sogenannte Restart nach dem Ende der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr in der Hauptstadt gut gelungen sei. Allerdings sei in diesem Sommer bereits ein Abflachen der Nachfrage zu verzeichnen. „Die Deutschen fahren wieder vermehrt ins Ausland“, sagte Kieker bei der Anhörung.
Dennoch liege Berlin nach London und Paris auf Platz drei der europäischen Metropolen und damit noch vor Rom, was erstaunlich sei. Um eine Reise nach Berlin noch attraktiver zu machen, müsste die Anbindung per Zug verbessert werden, forderte Kieker.
„Das komplette asiatische Reisevolumen fehlt“
Petra Hedorfer, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Zentrale für Tourismus, berichtete, dass momentan noch „das komplette asiatische Reisevolumen“ fehle. Die aktuellen Rahmenbedingungen wie etwa die aufgrund des Ukraine-Krieges geänderten Flugrouten, die zu höheren Ticketpreisen führen, machten es schwer, diesen Quellmarkt besser zu erschließen.
Zudem kämen aktuell kaum Reisende aus Südamerika und Südostasien nach Deutschland. Um die Tourismusbranche hierzulande noch besser aufstellen, sieht Hedorfer vor allem bei den Themen Digitalisierung, Barrierefreiheit und Nachhaltigkeit Nachholbedarf.
Zuwachs beim naturnahen Tourismus
Jan Strehmann, Referatsleiter Mobilität und Wirtschaft beim Deutschen Städte- und Gemeindebund, verwies darauf, dass die Erholung in der Fläche nicht ganz so schnell eingesetzt habe wie in den Metropolen: „Für kleine und mittelgroße Städte zeichnet sich ein anderes Bild als in Berlin oder Hamburg“, so Strehmann vor den Abgeordneten.
120 Mittelzentren seien nicht an das Bahnnetz angeschlossen. Einen spürbaren Zuwachs im ländlichen Raum habe allerdings der naturnahe Tourismus erfahren, berichtete der Experte. So würden Naturerlebnisse und Themenwanderwege besonders nachgefragt.
Anreize beim Thema Nachhaltigkeit gefordert
Sabine Thiele, Geschäftsführerin der Regensburg Tourismus GmbH, forderte eine stärke Lenkung in der Branche, um das Thema Nachhaltigkeit schneller voranzubringen: „Das geht zu langsam, wir können nicht darauf warten, dass das von Verbraucherseite kommt.“
Es müssten vielmehr Anreize für Veranstalter und Anbieter geschaffen werden, die UN-Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) erreichen zu wollen. „Dabei können auch viele kleine Schritte, wie wir es auf einzelnen Festivals oder in Städten sehen, einen Unterschied machen“, sagte Thiele im Ausschuss.
Weniger Nachfrage für Kulturreisen
Prof. Dr. Martin Lohmann, wissenschaftlicher Berater der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V., berichtete zum Thema Kulturtourismus, dass ein Rückgang bei den Reisen zu verzeichnen sei, die sich auf Kultur und Bildung fokussieren. Früher hätten ein Drittel der Reisenden Kulturreisen unternommen, nun sei es nur noch ein Fünftel. „Das Motiv, im Urlaub explizit etwas für Kultur und Bildung zu tun, verliert in der Bevölkerung langfristig an Bedeutung (28 Prozent im Jahr 2013; 20 Prozent im Jahr 2023)“, schreibt Lohmann in seiner Stellungnahme zur Anhörung.
Darunter habe jedoch die Attraktivität, auf einer Reise kulturelle Sehenswürdigkeiten zu besuchen, nicht gelitten: „Die Motivation ist mittlerweile jedoch eine andere“, sagte Lohmann bei der Anhörung. (emu/20.09.2023)