Keine Mehrheit für Forderung nach Rücktritt von Ministerin Faeser
Der Bundestag hat die Forderung der AfD-Fraktion nach einem Rücktritt von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wegen ihres Vorgehens bei der Versetzung des ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, mit breiter Mehrheit abgelehnt. Gegen einen entsprechenden AfD-Antrag (20/8411) votierten in namentlicher Abstimmung am Mittwoch, 20. September 2023, 589. Abgeordnete. Für die Vorlage stimmten 68 Parlamentarier; zwei enthielten sich. In der Debatte über den Antrag wandten sich Vertreter aller anderen Fraktionen gegen die AfD-Forderung.
Antrag der AfD
In ihrem Antrag schrieb die AfD-Fraktion, dass sich die Abberufung des Ex-BSI-Präsidenten „angesichts der offiziellen Ermittlungsergebnisse, die nichts Belastendes gegen Arne Schönbohm zutage förderten, als ungerechtfertigt erwiesen“ habe. Er sei durch das Handeln der Ministerin in seinem Ruf geschädigt und in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt worden. Mit ihrer Amtsführung schade die Ministerin dem Ansehen ihres Ministeriums und erschüttere „das Vertrauen in ein rechtsstaatliches Agieren der Staatsorgane unter ihrer Leitung“.
AfD spricht von einem „ungeheuerlichen Skandal“
In der Aussprache nannte Dr. Gottfried Curio (AfD) das Vorgehen Faesers im Fall Schönbohm einen „ungeheuerlichen Skandal“. Sie wolle, dass der Staat digitale Sicherheitslücken selbst ausnutzen kann, bevor man sie unbrauchbar macht. Schönbohm sei dagegen für eine direkte Beseitigung bekannter Softwarefehler eingetreten.
Auch habe Faeser „Staatstrojaner“ in Stellung bringen wollen, während Schönbohm dagegen gewesen sei. „Schönbohm musste gehen, weil Faeser unsere Chats lesen will“, sagte Curio.
SPD kritisiert „unhaltbare Vorwürfe“ gegen Faeser
Sebastian Hartmann (SPD) sprach von „unhaltbaren Vorwürfen“, die in den vergangenen Tagen gegen Faeser erhoben und eindeutig widerlegt worden seien. Es sei das gute Recht der Ministerin gewesen, das BSI neu aufzustellen.
Der AfD warf Hartmann vor, eine Gefahr für die Demokratie zu sein. Faeser sei die „Kämpferin gegen Rechtsextremismus“, und deswegen greife die AfD die Ministerin an.
Union nennt AfD-Antrag „Stimmungsmache“
Josef Oster (CDU/CSU) warf Faeser vor, ihrem Amt „nicht wirklich gewachsen“ zu sein. So habe sie sich als schlechte Vorgesetzte erwiesen, weil sie Schönbohm abberufen, sich dann aber nicht bei ihm entschuldigt habe, nachdem sich die Vorwürfe gegen ihn „in Luft aufgelöst“ hätten.
Die Unionsfraktion schließe sich indes nicht dem AfD-Antrag an, der „Stimmungsmache“ sei. Eine Gefahr für die Demokratie sei nicht Faeser, sondern die AfD.
Grüne: Vorgang wird skandalisiert und überhöht
Lamya Kaddor (Bündnis 90/Die Grünen) entgegnete, der Vorgang rund um die Causa Schönbohm werde „auf unredliche Weise“ skandalisiert und überhöht. Gegen Schönbohm seien ernstzunehmende und schwerwiegende Vorwürfe laut geworden, „denen man nicht nicht nachgehen kann“.
Auch habe die Ministerin am Vormittag im Innenausschuss ihre Entscheidung nachvollziehbar gemacht, und der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz habe belegt, dass seine Behörde nicht instrumentalisiert worden sei.
Linke übt Kritik an Faeser und AfD-Antrag
Dr. André Hahn (Die Linke) sagte, die Bedenken gegen den inzwischen versetzten BSI-Präsidenten Schönbohm seien beim Amtsantritt Faesers allgemein bekannt gewesen. Faeser sei indes erst nach einem ZDF-„Satirestück“ zu dem Fall tätig geworden.
Dies habe „mehr als hemdsärmelig und getrieben, also unprofessionell“ gewirkt. Profillosigkeit und Hemdsärmeligkeit begründeten jedoch aus Sicht seiner Fraktion noch keinen Rücktritt oder Entlassung der Ministerin.
FDP: Vorwürfe gegen Faeser sind haltlos
Manuel Höferlin (FDP) wertete den Antrag der AfD-Fraktion als Versuch, der Demokratie zu schaden. Faeser habe an diesem Tag im Innenausschuss und bei der Regierungsbefragung im Plenum klar Stellung bezogen, und es sei klar, dass ihr mangelndes Vertrauen in Schönbohms Eignung als BSI-Chef zu seiner Versetzung geführt habe. „Die Vorwürfe sind also haltlos und können nicht weiter aufrecht erhalten werden“, betonte Höferlin. (sto/20.09.2023)