Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 20. April 2023, mehrere Vorlagen zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen:
Navigation: Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zu dem Übereinkommen vom 27. Januar 2022 über die Internationale Organisation für Navigationshilfen in der Schifffahrt (IALA) vorgelegt (20/6312). Die Initiative wurde zur federführenden Beratung an den Verkehrsausschuss überwiesen. Mit der Konvention soll der rechtliche Status der IALA von einer Nichtregierungsorganisation in eine zwischenstaatliche Organisation geändert werden. Durch die mit einem Statuswechsel verbundene Aufwertung und die völkerrechtliche Anerkennung der Institution könne die IALA ihre Zwecke besser wahrnehmen, heißt es in der Gesetzesvorlage. Zweck der IALA ist es, Regierungen und Organisationen, die sich mit der Regulierung, Bereitstellung, Instandhaltung oder dem Betrieb von Navigationshilfen in der Schifffahrt befassen, zum Fachwissens- und Informationsaustausch zusammenzubringen, um die Entwicklung und Weitergabe von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Technologien zu unterstützen und dadurch Navigationshilfen in der Schifffahrt weltweit zu verbessern und zu vereinheitlichen.
Tabak: Ein weiterer Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes (20/6314) wird federführend im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft beraten werden. Damit soll ein Verbot für sogenannten Aroma-Tabak in Vanille, Schokolade oder anderen Geschmacksrichtungen für Tabakerhitzer auf den Weg gebracht werden. Bislang galt das Verbot von Tabakerzeugnissen mit Aromastoffen nur für Zigaretten und Drehtabak, E- Zigaretten sind allerdings nicht von dem neuen Verbot betroffen. Mit der Gesetzänderung setzt die Bundesregierung eine EU-Richtlinie um, die am 23. Oktober 2023 in Kraft treten soll. Neben dem Verbot „des Inverkehrbringens von erhitzten Tabakerzeugnissen mit charakteristischem Aroma“ müssen die Hersteller auch „Text-Bild-Warnhinweise“ und „Informationsbotschaften“ auf den Verpackungen anbringen, heißt es in dem Entwurf. Hintergrund sei, dass aromatisierte Tabakerzeugnisse häufig als Einstieg zum Konsum von Tabakprodukten führten, zudem enthielten Tabakerhitzer giftige Stoffe und gefährdeten die Gesundheit.
Betäubungsmittel: Darüber hinaus hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Regelung einzelner dem Schutz der finanziellen Interessen der Union dienender Bestimmungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik, zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes sowie zur Aufhebung weiterer Vorschriften (20/6315) vorgelegt. Aufgrund von Änderungen in der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) sollen zum einen die finanziellen Interessen der EU geschützt werden, zum anderen soll das Betäubungsmittelgesetz aktualisiert werden, um die Regeln zum Anbau und zum Verkauf von Nutzhanf anzupassen. Der vorgelegte Gesetzentwurf sei notwendig, weil es durch die jüngste Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) und die damit einhergehende Ablösung der Verordnung (EU) Nr. 1306 / 2013 durch die Verordnung (EU) 2021 / 2116 zu einer Änderung von Regelungen gekommen sei, die dem Schutz der finanziellen Interessen der Union dienten. Die Verordnung (EU) 2021 / 2116 enthalte weniger Regelungen, die unmittelbar gegenüber dem Antragsteller angewendet werden könnten, und verpflichte den Mitgliedstaat stärker als bisher, seine nationalen Verwaltungssysteme entsprechend auszugestalten. Im zweiten Teil des Gesetzentwurfes werden Verweise in den Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes aktualisiert, die „den Anbau und den Verkehr mit Nutzhanf“ betreffen. Zudem hat sich der zulässige THC-Gehalt seit dem 1. Januar 2023 geändert und beträgt nun 0,3 Prozent statt wie zuvor 0,2 Prozent. Auch dieser Entwurf wurde an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft überwiesen.
Abgesetzt: Spargel: Die CDU/CSU hatte angekündigt, einen Antrag mit dem Titel „Den Fortbestand der heimischen Spargelproduktion schützen – Landwirtschaftliche Sonderkulturbetriebe unterstützen“ vorzulegen, der federführend im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft beraten werden sollte. Die Vorlage wurde jedoch von der Tagesordnung abgesetzt.
Vergütung: Die Fraktion Die Linke hat einen Antrag mit den Titel „Gerechte Vergütung von Autorinnen und Autoren gewährleisten – Bibliothekstantiemen erhöhen Drucksache“ (20/5832) vorgelegt, der an den Ausschuss für Kultur und Medien zur Federführung überwiesen wurde. Nach dem Willen der Linksfraktion sollen die Bibliothekstantiemen deutlich erhöht werden. Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung auf, sich im Rahmen der Verhandlungen über die Abgeltung der Ansprüche nach Paragraf 27 Absatz 2 Urheberrechtsgesetzes für eine deutliche Erhöhung der pauschalen Vergütungssumme einzusetzen und auch den Bundesanteil erhöhen. Als Maßstab sollen die Vergütungen in anderen europäischen Ländern gelten, die bis um das zehnfache höher ausfallen als in Deutschland. Zudem soll die Zuständigkeit für die Verhandlungen vom Bundesamt für zentrale Dienste und Vermögensfragen auf die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) übertragen werden. Nach Ansicht der Linksfraktion liegt der Gesamtbetrag der Bibliothekstantiemen in Deutschland mit 14,1 Millionen Euro auf einem „erschreckend niedrigen Niveau“. Heruntergerechnet auf den einzelnen Ausleihvorgang erhielten die Buchautoren lediglich einen niedrigen einstelligen Centbetrag als Vergütung.
Transportlogistik: „Transportlogistik für Deutschland sichern – Mit fairen Arbeits- und Wettbewerbsbedingungen im Straßengüterverkehr“ lautet der Titel eines Antrags (20/6423) der Koalitionsfraktionen. Er wird im federführenden Verkehrsausschuss weiterberaten. In dem gemeinsamen Antrag fordern die SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die FDP die Bundesregierung unter anderem auf, das Mindestlohngesetz im grenzüberschreitenden Verkehr und im Kabotageverkehr für inländische und gebietsfremde Unternehmer wirksamer zu kontrollieren. Zudem sollen die sozialen Bedingungen und die Arbeitsbedingungen bei Vergaben des Bundes und bundeseigener Unternehmen stärker berücksichtigt und darauf geachtet werden, dass die Tariftreue angewendet wird. Ebenso müsse an Laderampen gewährleistet sein, dass auch für die Berufskraftfahrer von Fremdfirmen Sanitär- und Pausenräume zur Verfügung gestellt werden. Auch an Lkw-Parkplätzen an Autobahnen soll die sanitäre Infrastruktur ausgebaut werden. Ebenso sollen nach dem Willen der Fraktionen die Kontrollen in der Transport- und Logistikbranche intensiviert und Verstöße gegen das Sozial-, Arbeits- und Steuerrecht im Transport- und Logistikgewerbe konsequent geahndet werden. Der Einstieg in das Gewerbe soll für Zuwanderer erleichtert und die Berufskraftfahrqualifizierung entbürokratisiert werden. Darüber hinaus fordern die Koalitionsfraktionen den Ausbau des Güterverkehrs auf der Schiene und auf Wasserstraßen.
Windenergieanlagen: Ein Antrag der AfD mit dem Titel „Gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Windenergieanlagen sofort erforschen und minimieren“ (20/6250) wird federführend im Umweltausschuss beraten. In der Vorlage heißt es, Menschen, die in der Nähe von Windenergieanlagen wohnten, schilderten Symptome wie Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Schwindelgefühle, Konzentrationsschwierigkeiten, Tinnitus, Antriebslosigkeit, Blutdruckanstieg und Herzrhythmusstörungen nach Errichtung der Anlagen. Mögliche gesundheitsschädliche Auswirkungen von Windenergieanlagen müssten daher erforscht und die Ergebnisse im Sinne eines effektiven Gesundheitsschutzes berücksichtigt werden.
Volksaufstand in der DDR: Die AfD-Fraktion plädiert dafür, den 70. Jahrestag des Volksaufstandes in der DDR vom 17. Juni 1953 als nationalen Gedenktag „würdig“ zu begehen. In ihrem Antrag (20/6421) fordert sie die Bundesregierung auf, den 70. Jahrestag sowie das damit verbundene Gedenken „durch ein breit angelegtes Programm zu begleiten, welches der Bedeutung der historischen Ereignisse gerecht wird und dazu geeignet ist, den Volksaufstand im öffentlichen Bewusstsein aufzuwerten“. Auch soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion darauf hinwirken, dass ein umfangreiches und jährlich stattfindendes Informations- und Dokumentationsprogramm erarbeitet wird, das über die Hintergründe und das damalige Zeitgeschehen deutschlandweit informiert. Ferner soll sie laut Vorlage sicherstellen, dass bei ihrer jährlichen Gedenkveranstaltung am Mahnmal des Volksaufstandes auf dem Friedhof Seestraße in Berlin auch Opfer und Vertreter von Opferorganisationen als Zeitzeugen sprechen. Zudem wird die Bundesregierung in dem Antrag unter anderem aufgefordert, „spätestens zum 17. Juni einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Antragsverfahren für Entschädigungsleistungen aufgrund der Verfolgung durch das SED-Unrechtsregime vereinfacht und wesentlich verkürzt“. Der Antrag wird federführend im Innenausschuss weiterberaten.
(eis/aw/20.04.2023)