Fraktionen bewerten Tätigkeitsbericht 2022 des Petitionsausschusses
Der Bundestag hat am Mittwoch, 21. Juni 2023, über den Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 2022 (20/7100) beraten. Der Ausschuss hatte den Bericht am Mittwochvormittag an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas übergeben. Vor der Aussprache stellte die Ausschussvorsitzende Martina Stamm-Fibich (SPD) dem Bundestagsplenum den Bericht vor.
In Artikel 17 des Grundgesetzes wird das Recht garantiert, „sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden“. Eine solche zuständige Stelle ist der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages, wenn es um eine Bitte zur Bundesgesetzgebung oder eine Beschwerde im Zusammenhang mit dem Handeln einer Bundesbehörde oder einer anderen Verwaltungsstelle des Bundes geht.
Stamm-Fibich: Erfreuliches Jahr für den Petitionsausschuss
Für den Petitionsausschuss war das Jahr 2022 aus Sicht der Ausschussvorsitzenden Martina Stamm-Fibich (SPD) ein erfreuliches Jahr. Zum einen, weil die Anzahl der an das Gremium gerichteten Petitionen im Vergleich zum Vorjahr zugenommen habe. Zum anderen, weil sich die Neuanmeldungen im Petitionsportal verdoppelt und die Mitzeichnungen von Petitionen verdreifacht hätten.
Zwölf Petitionen seien öffentlich beraten worden, weil sie das Quorum von 50.000 Mitzeichnungen innerhalb von vier Wochen erreicht hatten, sagte Stamm-Fibich während der Vorstellung des Tätigkeitsberichts des Ausschusses für das Jahr 2022. Bei mehr als zwei Drittel aller Petitionen gehe es aber um „vermeintlich kleine Dinge“, um persönliche Anliegen, wie etwa das Unverständnis über eine Behördenentscheidung. „Hier zeigt der Ausschuss seine Notwendigkeit und Bedeutung“, sagte sie.
Grüne: Tagtäglich Bürgernähe praktizieren
Aufgabe von Abgeordneten sei es, Bürgernähe nicht nur zu behaupten, sondern sie tagtäglich zu praktizieren, um den Menschen tatsächlich näher zu kommen, sagte Corinna Rüffer (Bündnis 90/Die Grünen). „Diese Aufgabe versuchen wir im Petitionsausschuss zu erfüllen.“
Die dabei zu bearbeitenden Themen seien sehr weit. Rüffer rief alle Abgeordneten dazu auf, die Impulse aus dem Ausschuss aufzunehmen und das als Aufgabe zu verstehen, „die berechtigten Wünsche der Menschen in diesem Land auf den Weg zu bringen“.
Union verweist auf „schärfstes Schwert“ des Ausschusses
Schärfstes Schwert des Ausschusses sei die Überweisung einer Petition an die Bundesregierung „zur Berücksichtigung“, sagte Sabine Weiß (CDU/CSU).
Das sei beispielsweise bei einer Petition der Fall gewesen, die die Anerkennung des Völkermordes an den Jesiden forderte. Sie hatte laut Weiß das für eine öffentliche Beratung erforderliche Quorum erreicht. Am Ende habe die einstimmige Berücksichtigungs-Überweisung gestanden, ehe der Bundestag auf Antrag der Unionsfraktion sowie der Ampelfraktionen die Anerkennung des Völkermordes an den Jesiden einstimmig beschlossen habe.
SPD: Muss digitaler, schneller, barriereärmer werden
Axel Echeverria (SPD) verwies auf die im Vergleich zu den Vorjahren gestiegene Zahl der Berücksichtigungs-Überweisung. Das zeige, dass die Ampel Dinge auf den Weg bringe. „Auch bei unserer eigenen Regierung.“
Ein Blick auf die privaten Petitionsplattformen mache aber auch deutlich, dass das Potenzial von Petitionen größer sei. Als einziges direktdemokratisches Element in der Verfassung müsse das Petitionswesen noch viel stärker auf der Höhe der Zeit sein, betonte er. Daher werde die Ampel das Petitionswesen erneuern, kündigte der SPD-Abgeordnete an. Es müsse digitaler, schneller und barriereärmer werden.
AfD übt scharfe Kritik an Regierung
Aus Sicht von Dirk Brandes (AfD) hatten politische Petitionen keine Chance auf eine Umsetzung, „wenn sie nicht der Regierungsagenda entsprachen“. Das sei der Grund, weshalb private Petitionsplattformen immer mehr Akzeptanz erhielten, während die Zahl der Eingaben an den Bundestag stagniere.
„Bürgernähe und Basisdemokratie passen nicht zu einer Regierungskoalition, die so abgehoben und arrogant gegen die Interessen der breiten Bevölkerung agiert, wie keine andere zuvor“, sagte der AfD-Angeordnete.
FDP: Ringen um Konsens
Unter den demokratischen Fraktionen werde im Petitionsausschuss zumeist um einen Konsens gerungen, sagte Manfred Todtenhausen (FDP). „Wenn wir uns von der Bundesregierung nicht ausreichend unterstützt fühlen, machen wir das auch deutlich – unabhängig vom Parteibuch“, fügte er hinzu.
Im Petitionsausschuss spüre man besonders deutlich, dass die Abgeordneten dafür da sein müssten, die Menschen zu unterstützen und deren Leben leichter zu machen. Dort erfahre man auch, „welche Themen den Menschen unter den Nägeln brennen“.
Linke sieht „dringenden Reformbedarf“
Ina Latendorf (Die Linke) konstatierte, dass das aktuelle Petitionswesen den Ansprüchen und Erwartungen der Menschen im Land offenbar nicht gerecht werde. „Es besteht dringender Reformbedarf, um Petitionen den ihnen gebührenden Stellenwert im Bundestag zurückzugeben“, sagte sie.
Dahingehende Anträge ihrer Fraktion seien jedoch immer abgelehnt worden. Die Ampel, so die Linken-Abgeordnete, habe sich im Koalitionsvertrag zwar vorgenommen, das Petitionsrecht zu reformieren. Bislang sei es aber bei Ankündigungen geblieben. (hau/21.06.2023)