Inneres

Bundestag lehnt Anträge zur Migrations- und Asylpolitik ab

Die CDU/CSU-Fraktion und die Fraktion Die Linke sind im Bundestag mit gegensätzlichen Anträgen zur Asylpolitik in Deutschland gescheitert. In namentlicher Abstimmung lehnten am Freitag, 28. April 2023, 410 Abgeordnete einen Antrag der Unionsfraktion „für Humanität und Ordnung in der Asyl- und Flüchtlingspolitik“ (20/6540) bei 169 Ja-Stimmen und 66 Enthaltungen ab. Auch ein Antrag der Linksfraktion für einen „Paradigmenwechsel in der Asylpolitik“ (20/6547) fand keine Mehrheit im Parlament.

Abgelehnte Anträge von Union und Linken

Die CDU/CSU forderte in ihrer Vorlage eine Reduzierung der irregulären Migration nach Deutschland. Zu den dazu erforderlichen Maßnahmen zählte sie, die europäische Grenzschutzagentur Frontex zu einem „effektiven Schutz der EU-Außengrenzen“ zu befähigen und weitere Staaten wie Algerien, Marokko und Tunesien sowie Georgien als asylrechtlich sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Auch sollten Entscheidungen über Asylanträge dem Antrag zufolge an der EU-Außengrenze getroffen werden müssen. Des Weiteren sprach sich die CDU/CSU-Fraktion unter anderem dafür aus, bis zu einem hinreichenden Schutz der EU-Außengrenzen „lageangepasst und als letztes Mittel“ die an der deutsch-österreichischen Grenze stattfindenden Kontrollen auf die Binnengrenzen zu Tschechien und zur Schweiz auszuweiten.

Den Antrag der Linksfraktion lehnte das Parlament mit den Stimmen der übrigen Fraktionen ab. Darin plädierte Die Linke unter Verweis auf die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge dafür, allen Geflüchteten zu erlauben, in einer privat angemieteten Wohnung oder bei Verwandten oder Bekannten unterzukommen, wenn ihnen dies möglich ist. Ferner sprach sich die Fraktion dafür aus, Arbeitsverbote für alle Geflüchteten „zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens“ abzuschaffen und ihnen einen Zugang zu regulären Sozialleistungen nach den Sozialgesetzbüchern sowie einer uneingeschränkten Gesundheitsversorgung zu eröffnen.

Union wirft Ampel „Realitätsverweigerung“ vor

In der Debatte warf Andrea Lindholz (CDU/CSU) der Regierungskoalition „Realitätsverweigerung und Respektlosigkeit“ vor. In den vergangenen Monaten seien fast 200.000 Asylbewerber nach Deutschland gekommen, das zudem seit dem Beginn des Ukraine-Krieges rund eine Million Flüchtlinge aufgenommen habe. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) habe jedoch die „Migrationskrise“ bestritten und wiegele wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Forderung der Kommunen nach mehr Geld ab.

Notwendig sei eine stärkere Unterstützung der Kommunen bei den Finanzen und der Unterbringung, fügte Lindholz hinzu. Zugleich forderte sie den sofortigen Stopp freiwilliger Aufnahmeprogramme wie dem Aufnahmeprogramm Afghanistan.

SPD: Faeser dringt auf gemeinsames EU-Asylsystem

Gülistan Yüksel (SPD) entgegnete, die Regierungskoalition habe bereits Maßnahmen umgesetzt, um die Fluchtmigration zu ordnen. Dazu zähle neben vorübergehenden Grenzkontrollen die Einsetzung eines Sonderbevollmächtigten für Migrationsabkommen, der dafür sorgen werde, „dass Herkunftsländer ihre Landsleute ohne Asylanspruch wieder aufnehmen“.

Auch beschleunige die Regierungskoalition die Asylverfahren, und Faeser dringe in der EU auf ein „Gemeinsames Europäisches Asylsystem mit einheitlichen Standards und solidarischer Verteilung“. Zudem habe der Bund im vergangenen Jahr 4,4 Milliarden Euro für die Kommunen bereitgestellt und weitere 2,75 Milliarden Euro für dieses Jahr.

AfD: Kommunen halten Migrationspolitik für katastrophal

Dr. Bernd Baumann (AfD) sagte, Kommunalpolitiker hielten die derzeitige Migrationspolitik für katastrophal. Spitzenvertreter der Kommunen forderten eine „effektive Sicherung der EU-Außengrenzen gegen den illegalen Ansturm aus Orient und Afrika“ und gegebenenfalls Kontrollen an den deutschen Landesgrenzen.

Auch der Großteil der Bevölkerung wisse mittlerweile, dass Migranten „allzu oft keine Bereicherung und auch oft keine Fachkräfte“ seien, „sondern oft eine schwere Belastung für die gesamte Gesellschaft“.    

Grüne: Sichere Fluchtrouten und Aufnahmeprogramme

Filiz Polat (Bündnis 90/Die Grünen) betonte dagegen, dass „Abschottung und Abschreckung“ nichts mit den Herausforderungen bei der Aufnahme Schutzsuchender zu tun hätten. Die Koalition setze sich vielmehr für sichere Fluchtrouten und humanitäre Aufnahmeprogramme ein.

Zugleich warb sie für ein „erneutes Signal“ des Kanzlers vor der anstehenden Ministerpräsidentenkonferenz zur angemessenen Unterstützung der Kommunen. Polat sprach sich zudem für eine Streichung der Wohnsitzauflage für Asylbewerber aus. Auch werde man die Arbeitsverbote im Aufenthaltsrecht abschaffen.

Linke: Investitionen in kommunale Infrastruktur

Clara Bünger (Die Linke) wandte sich gegen Kritik, dass viele Menschen ohne Schutzanspruch nach Deutschland kämen. Tatsächlich habe die bereinigte Schutzquote des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) vergangenes Jahr bei mehr als 70 Prozent gelegen. Auch müssten alle Asylsuchenden irregulär einreisen, weil es keine legalen Fluchtwege gebe.

Bund, Länder und Kommunen müssten sich darauf einstellen, dass dauerhaft Asylsuchende nach Deutschland kommen. Dabei verlasse niemand freiwillig sein Zuhause. Daher müsse langfristig in kommunale Infrastruktur und Integration investiert werden und der Bund die Kosten dafür übernehmen.

FDP beklagt „polarisierende“ Debatte in Deutschland

Stephan Thomae (FDP) verwies darauf, dass in diesem Jahr mehr als 26 Milliarden Euro aus dem Bundesetat für Flüchtlingspolitik ausgegeben werde. Dies reiche von der Bekämpfung der Fluchtursachen bis zu Integrationsmaßnahmen.

Thomae beklagte zugleich, dass die Migrationsdebatte in Deutschland oft polarisierend geführt werde. Dabei müssten aber drei sich widersprechende Aspekte in Einklang gebracht werden, nämlich die humanitären und rechtlichen Verpflichtungen, die volkswirtschaftlichen Erfordernisse und die gesellschaftliche Akzeptanz. Darüber werde auch bei der Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Bundeskanzler am 10. Mai diskutiert. (sto/28.04.2023)