Parlament

Vereinbarte Debatte zum Internationalen Frauentag

Das Thema Frauenrechte stand am Freitag, 17. März 2023, im Mittelpunkt einer Vereinbarten Debatte zum Internationalen Frauentag. Eine gute Woche nach dem Internationalen Frauentag am 8. März sprachen im Bundestag Vertreterinnen und ein Vertreter der Fraktionen über die Lage der Frauen in Deutschland und der Welt. Bereits seit dem Jahr 1911 wird an diesem Tag weltweit auf Frauenrechte, die Gleichstellung der Geschlechter und bestehende Diskriminierungen aufmerksam gemacht.

Paus: Gleiche Rechte, Ressourcen und Repräsentanz

Eingangs der Debatte sprach die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen), davon, dass die Ungleichheiten in der Welt auch durch die Digitalisierung eher zu- als abnähmen. Rund um den Globus sei Armut überwiegend weiblich. Auch in Deutschland dürfe es kein Armutsrisiko sein. Deshalb sei sei es so wichtig, dass die Bundesregierung die Kindergrundsicherung einführt. Solange Vermögen und Möglichkeiten zwischen den Geschlechtern so ungleich verteilt seien, solange sei das Patriarchat nicht beendet. Für die echte Gleichstellung von Frauen brauche es die drei R – gleiche Rechte, Ressourcen und Repräsentanz. Eine Gesellschaft sei nur frei, wenn sich alle frei entfalten können.

Paus gab einen Überblick über die Vorhaben der Ampel-Regierung, mit denen die Situation der Frauen verbessert werden soll. Bereits gehandelt habe die Koalition bei der Abschaffung des Paragrafen 219a, der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellte. Ende des Monats solle eine Sachverständigenkommission eingesetzt werden, die unabhängig prüfen werde, ob der Schwangerschaftsabbruch in Deutschland auch außerhalb des Strafrechts geregelt werden kann.

Union: Männer führen Kriege, Frauen leben mit den Folgen

Ein übergreifendes Thema der Reden war die Gewalt gegen Frauen in vielen Ländern. Dorothee Bär (CDU/CSU) nannte als Beispiele Afghanistan, Iran und Indien. Weltweit habe mehr als eine Milliarde Frauen keinen Zugang zu rechtlichem Schutz und keinen Schutz vor häuslicher und sexueller Gewalt. Man müsse auch nicht so weit weg schauen – so habe das Bundeskriminalamt 2021 über 115.000 weibliche Opfer von häuslicher Gewalt gezählt.

Kriege trieben Frauen und Kinder in die Flucht, und es gebe die abscheulichsten Verbrechen. Frauen würden als Kriegswaffe benutzt. „Männer führen Kriege, Frauen leben mit den Folgen“, sagte Bär. Angesichts der Gewalt gegen Frauen im Iran bat sie die Bundesregierung um ein einheitliches Handeln gegen das Regime sowie um Hilfe für die ukrainischen Behörden bei der Suche nach den Aufenthaltsorten von Tausenden verschleppten Kindern. „Wir dürfen nicht müde werden, solidarisch an der Seite der Frauen zu stehen, die unsere Hilfe brauchen.“

SPD: Solidarität mit Frauen in aller Welt

Saskia Esken (SPD) zählte die „Erfolge feministischer Politik“ wie den Schwangerschaftsabbruchs-Paragrafen 218 und die Ehe für Alle auf, von denen keiner von selbst gekommen sei. Denen, die dies erstritten hätten, „gilt heute unser Dank“. Der Satz „Frauenrechte sind Menschenrechte“ sei hart erkämpft worden. Mit großer Sorge blicke sie nach Afghanistan und Iran, wo sich die Lage der Frauen und Mädchen massiv verschlechtere.

Wie ihre Vorrednerin betonte sie Solidarität mit den Frauen in aller Welt. Davon dürfe aber der Blick auf die Ungleichheit in Deutschland nicht verstellt werden. Krisen und Umbrüche gingen viel zu oft zulasten der Frauen. Diese Umbrüche müssten mit einer klar feministischen Perspektive gestaltet werden, damit auch alle Frauen gleichermaßen teilhaben, forderte Esken. Ein Schwerpunkt sei dabei die Digitalisierung. Außerdem müssten sich Arbeitsmarkt-, Personalentwicklungs-, Team- und Führungskultur endlich mehr an den Bedürfnissen von Frauen orientieren.

AfD: Frauen sind gleichberechtigt

Mariana Iris Harder-Kühnel (AfD) sagte, trotz sozialistischer Wurzeln seien die ursprünglichen Anliegen des Frauentages richtig gewesen. Mittlerweile seien diese jedoch Realität. Frauen seien gleichberechtigt. Der Frauentag habe sich damit eigentlich überlebt. Die politische Linke missbrauche den Frauentag heute für Identitätspolitik. Generell werde der Frauentag im Westen immer penetranter für Trans-Propaganda instrumentalisiert.

Die politische Linke verrate die Frauen. Würde es wirklich um das Wohl der Frauen gehen, würde sie sich nicht auf „Genderquatsch“ und eine feministische Außenpolitik fokussieren, sondern auf das, was Frauen wirklich bedroht. „Abschieben, Grenzen sichern, Vergewaltiger mit der vollen Härte des Gesetzes bestrafen, das wäre das beste Geschenk, was man den Frauen in Deutschland zum Frauentag machen kann“, sagte Harder-Kühnel.

FDP: Digitalisierung ist Schlüssel zur Selbstbestimmtheit

Nicole Bauer (FDP) beschäftigte sich ausführlich mit dem Recht auf Bildung im Zusammenhang mit der Digitalisierung. Dies sei unverhandelbar. Digitale Bildung sei digitale Teilhabe, sagte Bauer. Die digitale Kluft zwischen Männern und Frauen müsse verändert werden. In Deutschland habe die Digitalisierung der Arbeitswelt bereits zu vielen Verbesserungen für Frauen geführt. Digitalisierung sei der „Schlüssel zur Selbstbestimmtheit“. Deshalb müsse die Bildung in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) für Mädchen ausgebaut werden.

Auch angesichts des Fachkräftemangels könne nicht auf Frauen in diesen Bereichen verzichtet werden. Das Potential der Frauen dürfe in einem so wichtigen Bereich wie dem Technologie- und Innovationssektor nicht länger unterschätzt werden. Herausforderungen dabei seien Cybermobbing, sexualisierte Gewalt gegen Frauen im digitalen Raum und diskriminierende Algorithmen im Hinblick auf künstliche Intelligenz.

Linke: Regierung versteckt sich hinter Lobeshymnen

Heidi Reichinnek (Die Linke) nahm eine Bestandsaufnahme der Vorhaben der Ampel-Koalition vor, um die Situation von Frauen zu verbessern. Bisher sei „quasi nichts“ passiert, bemängelte Reichinnek. Die Regierung verstecke sich hinter schönen Worten und Lobeshymnen. Sie kritisierte die Bezuschussung von Haushaltshilfen, die Ausweitung der Minijob-Rente, die Nichtabschaffung des Ehegattensplittings, das Ausbleiben steuerlicher Erleichterungen, die nicht erfolgte Freistellung des zweiten Elternteils nach der Geburt eines Kindes als nicht förderlich für die Gleichstellung von Frauen.

Positiv sei, dass der Paragraf 219a abgeschafft wurde, nun warte man auf die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Die Einsetzung der dafür vorgesehenen Kommission sei schon seit einem Jahr überfällig. Weiter kritisierte sie die schlechte Finanzierung von Frauenhäusern, das Ausbleiben der angekündigten Gesamtstrategie gegen Gewalt sowie den fehlenden Einsatz für Gendermedizin. Von der Ankündigung, eine feministische Regierung sein zu wollen, merke man bis heute nichts.

Grüne: Frauenrechte sind überall in Gefahr

Ulle Schauws (Bündnis 90/Die Grünen) berichtete von der Frauenrechtstagung bei den Vereinten Nationen in New York. Dort sei ein starkes Signal für die Rechte von Frauen und Mädchen ausgesendet worden. Die Solidarität mit Frauen, die in Kriegen, Terrorregimes und totalitären Staaten unter unerträglicher Gewalt, Rechtlosigkeit und Fremdbestimmung leben müssen, sei bewegend. Darum sei die feministische Außenpolitik, bei der Deutschland als Motor wahrgenommen werde, ein zentrales Thema. Viele Regierungen hätten die neuen Leitlinien begrüßt und bildeten weitere Bündnisse.

Frauenrechte seien angesichts der derzeitigen weltpolitischen Lage überall in Gefahr. Einem gesellschaftlichen Rollback in Deutschland, wie ihn die AfD-Fraktion wolle, werde gemeinsam ein klare Absage erteilt. Die Selbstbestimmung von Frauen müsse in allen Lebensbereichen gestärkt werden. Dazu gehöre, über den eigenen Körper und die eigene Reproduktion selbst zu entscheiden. Nach wie vor würden Frauen bei einer ungewollten Schwangerschaft durch Paragraf 218 des Strafgesetzbuches kriminalisiert. Die angekündigte Kommission werde hier eine Lösung suchen. (mwo/17.03.2023)