Anträge zu bezahlbarer und klimafreundlicher Mobilität im Parlament beraten
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben sich am Freitag, 3. März 2023, mit dem Thema Mobilität befasst. Dazu hatte die CDU/CSU-Fraktion Anträge mit den Titeln „Abgasnorm Euro-7 mit Augenmaß und Realitätssinn weiterentwickeln – Mobilität fördern, nicht verhindern“ (20/5806) und „Bezahlbare und klimafreundliche Mobilität fördern – Klimaneutrale Kraftstoffe im Verkehr nutzen“ (20/5807) vorgelegt. Darüber hinaus beriet das Parlament einen Antrag der AfD-Fraktion (20/5812) zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Motoren sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Emissionen und der Dauerhaltbarkeit von Batterien (Euro 7) und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 715 / 2007 und (EG) Nr. 595/2009, KOM(2022)586 endg., Ratsdok.-Nr. 14598 / 22.
Die Abgeordneten fordern darin eine Stellungnahme gemäß Artikel 6 des Protokolls Nr. 2 zum Vertrag von Lissabon auf Prüfung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Unvereinbarkeit der Verordnungsentwürfe mit den Rechtsgrundlagen der Europäischen Union. Die erste Vorlage wurde im Anschluss der Aussprache zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz und die zweite zur federführenden Beratung in den Verkehrsausschuss überwiesen.
Union: Verbote oder Technologie und Innovation
Steffen Bilger (CDU/CSU) erwartete, dass die Bundesregierung in den Verhandlungen mit der EU-Kommission über das Aus für Verbrenner-Autos ab 2035 und die Umsetzbarkeit der neuen Abgasnorm Euro 7 Stellung bezieht: „Die Ampel streitet, die Bundesregierung ist sich nicht einig und keiner weiß, wofür Deutschland eigentlich steht“, sagte Bilger.
Man müsse sich die Frage stellen, ob man dem Kampf gegen den Klimawandel mit Verboten oder aber mit Technologie und Innovation helfe. Die Bundesregierung müsse sich gegen die Pläne der EU-Kommission stellen und „Nein“ zu den unrealistischen Testbedingungen sagen, die im Zuge der Einführung von Euro 7 zur Vorschrift würden: „Die Bundesregierung muss die schlechte Regulierung verhindern“, so Bilger.
SPD begrüßt EU-Vorschlag zu Euro 7
Dunja Kreiser (SPD) sagte, dass jedes Jahr in Europa mehr als 300.000 Menschen aufgrund schlechter Luftqualität sterben würden. „Einen großen Anteil daran hat der Feinstaub, der zu großen Teilen vom Autoverkehr herrührt“, so Kreiser. Deshalb sei der EU-Vorschlag zu Euro 7 richtig und wichtig, auch, weil die Norm nicht nur die Auspuffemission, sondern auch die Emission von Bremsen und Reifen, sowie die Lebensdauer von Batterien in Elektroautos regulieren soll.
Die Kritik an den steigenden Preisen für Neuwagen aufgrund der Regelungen sei ihr bewusst, so Kreiser. „Aber die angenommene Preissteigerung von 400 Euro beeindruckt mich angesichts dessen, was ein neues Auto kostet, nicht so sehr.“
AfD: Kritische Stimmen aus Diskurs ausgeschlossen
Thomas Ehrhorn (AfD) befand, dass im seit fast drei Jahrzehnte dauernden Kampf der Grünen gegen das Automobil, die Euro-7-Norm nur ein weiterer Schritt sei im Versuch, „uns eine neue Weltordnung aufzuzwingen“.
Die Weltgesundheitsorganisation, die von niemandem gewählt und damit nicht demokratisch legitimiert worden sei, gebe auf der Basis von „unbeweisbaren Thesen“ Daten heraus, die dann die Grundlage neuer Richtlinien für EU-Verordnungen würden. Das alles würde dann gerechtfertigt durch eine „grüne Klimasekte“; „tausende kritische Stimmen“ würden dabei aus dem politischen Diskurs ausgeschlossen.
Grüne: Transformationsprozesse begleiten
Tessa Ganserer (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, dass Deutschland weg müsse von den fossilen Energien, da liege es auf der Hand „die Antriebsart zu wechseln“. Jeder habe mittlerweile eingesehen, dass der Klimawandel die größte Zukunftsaufgabe sei. Es müsse nun alles getan werden, um den Wandel voranzubringen, „damit wir in Deutschland nicht in die Rücklichter der E-Autos schauen“, die andere bauen.
Die Transformationsprozesse müssten begleitet werden, „die rückwärtsgewandten Forderungen der Union helfen uns da nicht weiter“. Die von der Fraktion unterstützten E-Fuels seien in der Herstellung „wahnsinnig ineffizient und teuer“.
Linke: Entscheidung für Elektromobilität gefallen
Bernd Riexinger (Die Linke) bezeichnete die Forderung der CDU/CSU-Fraktion, Verbrennermotoren mit E-Fuels zu betanken, als „völlig aus der Zeit gefallen“. „Ein klassisches Elektroauto fährt mit der gleichen Energiemenge etwa fünfmal so weit“, sagte der Linke.
Neben dem Ausbau der Elektromobilität auch die Herstellung und die Infrastruktur für die Verfügbarkeit von E-Fuels zu fördern, sei zu teuer und zu aufwändig. „Die Entscheidung für Elektromobilität ist doch schon längst gefallen“, so Riexinger. Insgesamt müsse zudem der Anteil an privat genutzten Autos sinken, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen.
Verkehrsminister: Mobilität darf nicht zum Luxus werden
Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing (FDP) sagte, dass man sich in dem Bemühen, die Klimaziele zu erreichen, Vorschriften nicht leisten könne, die den Erfolg ausbremsten. Was von der EU-Kommission geplant sei, werde vor allem Kleinwagen verteuern. „Doch die Regulierung darf nicht dazu führen, dass Mobilität zum Luxus wird“, so Wissing im Plenum.
Es sei unstrittig, dass man klimaneutrale Mobilität wolle, „aber wie soll das gehen ohne klimaneutrale Kraftstoffe“, fragte Wissing. Die Haltung der Bundesregierung sei klar in dem Punkt, dass die EU-Kommission nachbessern müsse: „Dort hat man noch einiges zu tun“, schloss der Minister.
FDP: Politisch Gewollte und technisch Mögliche nicht verwechseln
Judith Skudelny (FDP) stimmte zu, dass gegen die Luftreinhaltungsziele der Euro-7-Abgasnorm im Prinzip niemand etwas haben könne. Dass sich die Luftqualität in deutschen Städten seit über 30 Jahren stetig verbessere, habe auch mit der Arbeit der deutschen Ingenieure zu tun. Doch diese hätten ihr berichtet, dass die zeitliche Umsetzung der neuen EU-Vorgaben „irgendwo zwischen überambitioniert und absolut irre liegen“.
In den kommenden drei Jahren müssten Emissionen halbiert werden. „Wenn das möglich wäre, hätten wir das doch längst schon geschafft“, so Skudelny. Die Debatte zeige, dass das politisch Gewollte nicht mit dem technisch Möglichen verwechselt werden sollte.
Erster Antrag der Union
In ihrem ersten Antrag (20/5806) fordert die CDU/CSU-Fraktion die Bundesregierung dazu auf, sich auf EU-Ebene für eine „technologisch umsetzbare Absenkung der Grenzwerte und für realistische Testbedingungen“ einzusetzen. Die Abgeordneten beziehen sich in ihrem Antrag auf die durch die EU beschlossene Abgasnorm Euro 7, die zu einer besseren Luftqualität beitragen soll. So sollen durch Euro 7 etwa die Stickoxidemissionen durch Autos bis 2035 um 35 Prozent sinken, bei Bussen und Lkw um mehr als 50 Prozent.
Die Fraktion befürchtet, dass es sonst zu einem „vorzeitigen Verbrenner-Aus durch die Hintertür kommt“, falls die Grenzwerte wie aktuell geplant umgesetzt werden sollten. Weiterhin wird gefordert, den Herstellern eine angemessene Übergangszeit für die Umsetzung der Vorschriften zu garantieren und „im Sinne der sozialen Nachhaltigkeit darauf zu achten, dass durch die steigenden Anforderungen keine signifikante Verteuerung von Kleinwagen zu Lasten von Verbraucherinnen und Verbrauchern stattfindet“.
Zweiter Antrag der Union
„Technologieoffenheit in allen Verkehrsbereichen“ fordert die CDU/CSU-Fraktion in ihrem zweiten Antrag (20/5807). So sollen beispielsweise die Kraftstoffnorm DIN EN 15940 in die 10. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (10. BImSchV) aufgenommen und die Beimischung von fortschrittlichen Biokraftstoffen erhöht werden.
Des Weiteren fordern die Abgeordneten die Bundesregierung auf, die neue Wasserstoffstrategie zeitnah fertigzustellen und klimafreundliche Alternativen zur Elektromobilität wie Wasserstoffverbrenner und E-Fuels gleichermaßen zuzulassen. Es müssten alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für alternative Antriebe und Kraftstoffe genutzt werden, „damit die Mobilität für alle Menschen in Deutschland bezahlbar bleibt“, heißt es in der Begründung.
Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion fordert in ihrem Antrag (20/5812) die Bundesregierung auf, eine Entschließung anzunehmen, die den „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Motoren sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Emissionen und der Dauerhaltbarkeit von Batterien (Euro 7) und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und (EG) Nr. 595/2009, KOM(2022)586 endg.; Ratsdok.-Nr. 14598/22“ rügt.
Es soll eine Stellungnahme gemäß Artikel 6 des Protokolls Nr. 2 zum Vertrag von Lissabon auf Prüfung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Unvereinbarkeit der Verordnungsentwürfe mit den Rechtsgrundlagen der Europäischen Union erfolgen, fordern die Abgeordneten. (emu/eis/03.03.2023)